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Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.

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nur schwer etwas Größeres und Bedeutungsvolleres entwickeln können. Die kleinen Spitäler eignen sich zu Augenmerken und müßen im Interesse der Bevölkerung ganz besonders anziehen; aber Ausgangspunkte für eine Fürsorge, die in weiteren Kreisen Beachtung finden sollte könnten auch sie nicht werden.

9. Wollte man deshalb Nr. 1-5 ausführen, so müßte man, wenn man z. B. das lutherische Bayern im Auge hätte, - an ein oder einige neu zu errichtende Spitäler denken.

10. Dabei fragte es sich nun, wo man solche Spitäler errichten sollte, oh in größeren Städten oder auf dem Lande? Da eine solche Anstalt ihre Hilfsmittel im eigenen Hause vereinigen muß - wenigstens muß das doch der Zweck sein; so wird, was die Stadt an besonderen Vorzügen bietet, von den Vorzügen eines wohl gelegenen ländlichen Aufenthaltes überwogen werden. Ueberdies ist es recht, dem beßeren Theile unsers Volkes ein so großes Bildungsmittel, wie eine Anstalt der Art wäre, in den Schooß zu geben. Die Städte sorgen für sich und können es leichter; das Land ist verlaßen - und doch gibt es der hilfebedürftigen Kranken und Elenden auf dem Lande nicht weniger als in den Städten; sie sind nur verwahrloster als die städtischen Armen und Kranken. Auch wird die Nr. 1-3 aufgezählte Reihe von Zwecken bei ländlichem Aufenthalt am besten erreicht werden, und die Nr. 5 aufgezählte ihre Befriedigung nicht minder gut als in Städten finden. - Wenigstens würde die Wahl zwischen Stadt und Land eine schwere sein, und das Zünglein der Waage sich nicht leicht auf die Seite der Städte neigen.

11. Sehr erleichtert könnte die Ausführung der Sache bei der Wahl einer größern Stadt deshalb werden, weil es in Städten nicht an Lokalitäten zu mangeln pflegt, während auf dem Lande geeignete Räume sich selten finden. Dagegen aber würde, wenn ein Bau vorzunehmen wäre, das Land vorzuziehen sein, weil Platz, Material und Arbeitslohn wohlfeiler käme - und überdies würde für ein naturgemäßes Wachsen vom Kleinen zum Großen ein ländlicher Aufenthalt besonders ersprießlich sein. In Städten muß man im Anfang ganz anders auftreten, als auf dem Lande, weil die Verhältnisse zu Repräsentation, um nicht zu sagen Ostentation, einladen.

12. Man wähle nun aber Stadt oder Land, so wird es vor allen Dingen darauf ankommen, einen Ort zu treffen, an welchem die rechten Leute zur Sache sich vereinigen können. So sehr

nur schwer etwas Größeres und Bedeutungsvolleres entwickeln können. Die kleinen Spitäler eignen sich zu Augenmerken und müßen im Interesse der Bevölkerung ganz besonders anziehen; aber Ausgangspunkte für eine Fürsorge, die in weiteren Kreisen Beachtung finden sollte könnten auch sie nicht werden.

9. Wollte man deshalb Nr. 1–5 ausführen, so müßte man, wenn man z. B. das lutherische Bayern im Auge hätte, – an ein oder einige neu zu errichtende Spitäler denken.

10. Dabei fragte es sich nun, wo man solche Spitäler errichten sollte, oh in größeren Städten oder auf dem Lande? Da eine solche Anstalt ihre Hilfsmittel im eigenen Hause vereinigen muß – wenigstens muß das doch der Zweck sein; so wird, was die Stadt an besonderen Vorzügen bietet, von den Vorzügen eines wohl gelegenen ländlichen Aufenthaltes überwogen werden. Ueberdies ist es recht, dem beßeren Theile unsers Volkes ein so großes Bildungsmittel, wie eine Anstalt der Art wäre, in den Schooß zu geben. Die Städte sorgen für sich und können es leichter; das Land ist verlaßen – und doch gibt es der hilfebedürftigen Kranken und Elenden auf dem Lande nicht weniger als in den Städten; sie sind nur verwahrloster als die städtischen Armen und Kranken. Auch wird die Nr. 1–3 aufgezählte Reihe von Zwecken bei ländlichem Aufenthalt am besten erreicht werden, und die Nr. 5 aufgezählte ihre Befriedigung nicht minder gut als in Städten finden. – Wenigstens würde die Wahl zwischen Stadt und Land eine schwere sein, und das Zünglein der Waage sich nicht leicht auf die Seite der Städte neigen.

11. Sehr erleichtert könnte die Ausführung der Sache bei der Wahl einer größern Stadt deshalb werden, weil es in Städten nicht an Lokalitäten zu mangeln pflegt, während auf dem Lande geeignete Räume sich selten finden. Dagegen aber würde, wenn ein Bau vorzunehmen wäre, das Land vorzuziehen sein, weil Platz, Material und Arbeitslohn wohlfeiler käme – und überdies würde für ein naturgemäßes Wachsen vom Kleinen zum Großen ein ländlicher Aufenthalt besonders ersprießlich sein. In Städten muß man im Anfang ganz anders auftreten, als auf dem Lande, weil die Verhältnisse zu Repräsentation, um nicht zu sagen Ostentation, einladen.

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[25/0025] nur schwer etwas Größeres und Bedeutungsvolleres entwickeln können. Die kleinen Spitäler eignen sich zu Augenmerken und müßen im Interesse der Bevölkerung ganz besonders anziehen; aber Ausgangspunkte für eine Fürsorge, die in weiteren Kreisen Beachtung finden sollte könnten auch sie nicht werden. 9. Wollte man deshalb Nr. 1–5 ausführen, so müßte man, wenn man z. B. das lutherische Bayern im Auge hätte, – an ein oder einige neu zu errichtende Spitäler denken. 10. Dabei fragte es sich nun, wo man solche Spitäler errichten sollte, oh in größeren Städten oder auf dem Lande? Da eine solche Anstalt ihre Hilfsmittel im eigenen Hause vereinigen muß – wenigstens muß das doch der Zweck sein; so wird, was die Stadt an besonderen Vorzügen bietet, von den Vorzügen eines wohl gelegenen ländlichen Aufenthaltes überwogen werden. Ueberdies ist es recht, dem beßeren Theile unsers Volkes ein so großes Bildungsmittel, wie eine Anstalt der Art wäre, in den Schooß zu geben. Die Städte sorgen für sich und können es leichter; das Land ist verlaßen – und doch gibt es der hilfebedürftigen Kranken und Elenden auf dem Lande nicht weniger als in den Städten; sie sind nur verwahrloster als die städtischen Armen und Kranken. Auch wird die Nr. 1–3 aufgezählte Reihe von Zwecken bei ländlichem Aufenthalt am besten erreicht werden, und die Nr. 5 aufgezählte ihre Befriedigung nicht minder gut als in Städten finden. – Wenigstens würde die Wahl zwischen Stadt und Land eine schwere sein, und das Zünglein der Waage sich nicht leicht auf die Seite der Städte neigen. 11. Sehr erleichtert könnte die Ausführung der Sache bei der Wahl einer größern Stadt deshalb werden, weil es in Städten nicht an Lokalitäten zu mangeln pflegt, während auf dem Lande geeignete Räume sich selten finden. Dagegen aber würde, wenn ein Bau vorzunehmen wäre, das Land vorzuziehen sein, weil Platz, Material und Arbeitslohn wohlfeiler käme – und überdies würde für ein naturgemäßes Wachsen vom Kleinen zum Großen ein ländlicher Aufenthalt besonders ersprießlich sein. In Städten muß man im Anfang ganz anders auftreten, als auf dem Lande, weil die Verhältnisse zu Repräsentation, um nicht zu sagen Ostentation, einladen. 12. Man wähle nun aber Stadt oder Land, so wird es vor allen Dingen darauf ankommen, einen Ort zu treffen, an welchem die rechten Leute zur Sache sich vereinigen können. So sehr

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_neuendettelsau_1870/25>, abgerufen am 29.03.2024.