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Löhe, Wilhelm: Prediget das Evangelium aller Creatur! Nürnberg, 1847.

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kommen heute noch hinter unsern Heidenpredigern die Hirten und Lehrer, welcher Beruf es ist, das angefangene Werk fortzuführen und die gewonnenen Seelen zur Heiligung und Vollendung zu leiten. So predigte der heilige Diaconus Philippus in Samaria das Evangelium und taufte, dann aber zog er weiter zum Kämmerer von Mohrenland, nach Asdod und in andere Städte und überließ die samaritische Gemeinde der Pflege aus ihrer Mitte erwählter Aeltesten und Hirten.

Die Arbeit des Heidenpredigers scheint sich damit allerdings auf Wenig zu beschränken. Demüthig gegen Gott erkennt sich ein solcher nur als Gottes Werkzeug zu Predigt und Taufe, bescheiden gegen Menschen räumt er dem nachfolgenden Hirten und Lehrer seinen Stuhl an den Orten ein, wo ihn der Herr gesegnet hat. Aber indem der Herr befiehlt, aller Creatur zu predigen, also einen weiten, weiten Wirkungskreis für Heidenprediger eröffnet, zerstört er uns den Wahn, als hätte er ihnen eine kleine Arbeit anvertraut. Erkennen wir auch schon, daß zwischen den ersten Aposteln und Evangelisten einerseits und unsern heutigen Missionaren der große Unterschied ist, daß die Apostel allgemeine Lehrer aller Völker waren und in verschiedenen Landen wirkten, während sich unsre Missionare je nach ihrer Fähigkeit und Tüchtigkeit ein bestimmtes Land und eine bestimmte Gegend zum Ackerfeld erwählen, auf dem sie nicht bloß predigen und taufen, sondern auch hernachmals selbst Hirten und Lehrer sein wollen; gestehen wir gleich gerne zu, daß die Ausdehnung der Arbeit auf alle Creaturen d. i. alle Heiden nicht unsre einzelnen Heidenprediger, sondern die ganze Kirche angeht; so ist doch auch in einem und demselben Volke gar mancherlei Creatur des Herrn und es ist nicht so etwas Leichtes, den verschiedenen Menschen in einem Lande das Evangelium in der Weise zu predigen, die ihnen am segenbringendsten werden kann. Der Heidenprediger muß sich doch

kommen heute noch hinter unsern Heidenpredigern die Hirten und Lehrer, welcher Beruf es ist, das angefangene Werk fortzuführen und die gewonnenen Seelen zur Heiligung und Vollendung zu leiten. So predigte der heilige Diaconus Philippus in Samaria das Evangelium und taufte, dann aber zog er weiter zum Kämmerer von Mohrenland, nach Asdod und in andere Städte und überließ die samaritische Gemeinde der Pflege aus ihrer Mitte erwählter Aeltesten und Hirten.

Die Arbeit des Heidenpredigers scheint sich damit allerdings auf Wenig zu beschränken. Demüthig gegen Gott erkennt sich ein solcher nur als Gottes Werkzeug zu Predigt und Taufe, bescheiden gegen Menschen räumt er dem nachfolgenden Hirten und Lehrer seinen Stuhl an den Orten ein, wo ihn der Herr gesegnet hat. Aber indem der Herr befiehlt, aller Creatur zu predigen, also einen weiten, weiten Wirkungskreis für Heidenprediger eröffnet, zerstört er uns den Wahn, als hätte er ihnen eine kleine Arbeit anvertraut. Erkennen wir auch schon, daß zwischen den ersten Aposteln und Evangelisten einerseits und unsern heutigen Missionaren der große Unterschied ist, daß die Apostel allgemeine Lehrer aller Völker waren und in verschiedenen Landen wirkten, während sich unsre Missionare je nach ihrer Fähigkeit und Tüchtigkeit ein bestimmtes Land und eine bestimmte Gegend zum Ackerfeld erwählen, auf dem sie nicht bloß predigen und taufen, sondern auch hernachmals selbst Hirten und Lehrer sein wollen; gestehen wir gleich gerne zu, daß die Ausdehnung der Arbeit auf alle Creaturen d. i. alle Heiden nicht unsre einzelnen Heidenprediger, sondern die ganze Kirche angeht; so ist doch auch in einem und demselben Volke gar mancherlei Creatur des Herrn und es ist nicht so etwas Leichtes, den verschiedenen Menschen in einem Lande das Evangelium in der Weise zu predigen, die ihnen am segenbringendsten werden kann. Der Heidenprediger muß sich doch

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[14/0014] kommen heute noch hinter unsern Heidenpredigern die Hirten und Lehrer, welcher Beruf es ist, das angefangene Werk fortzuführen und die gewonnenen Seelen zur Heiligung und Vollendung zu leiten. So predigte der heilige Diaconus Philippus in Samaria das Evangelium und taufte, dann aber zog er weiter zum Kämmerer von Mohrenland, nach Asdod und in andere Städte und überließ die samaritische Gemeinde der Pflege aus ihrer Mitte erwählter Aeltesten und Hirten. Die Arbeit des Heidenpredigers scheint sich damit allerdings auf Wenig zu beschränken. Demüthig gegen Gott erkennt sich ein solcher nur als Gottes Werkzeug zu Predigt und Taufe, bescheiden gegen Menschen räumt er dem nachfolgenden Hirten und Lehrer seinen Stuhl an den Orten ein, wo ihn der Herr gesegnet hat. Aber indem der Herr befiehlt, aller Creatur zu predigen, also einen weiten, weiten Wirkungskreis für Heidenprediger eröffnet, zerstört er uns den Wahn, als hätte er ihnen eine kleine Arbeit anvertraut. Erkennen wir auch schon, daß zwischen den ersten Aposteln und Evangelisten einerseits und unsern heutigen Missionaren der große Unterschied ist, daß die Apostel allgemeine Lehrer aller Völker waren und in verschiedenen Landen wirkten, während sich unsre Missionare je nach ihrer Fähigkeit und Tüchtigkeit ein bestimmtes Land und eine bestimmte Gegend zum Ackerfeld erwählen, auf dem sie nicht bloß predigen und taufen, sondern auch hernachmals selbst Hirten und Lehrer sein wollen; gestehen wir gleich gerne zu, daß die Ausdehnung der Arbeit auf alle Creaturen d. i. alle Heiden nicht unsre einzelnen Heidenprediger, sondern die ganze Kirche angeht; so ist doch auch in einem und demselben Volke gar mancherlei Creatur des Herrn und es ist nicht so etwas Leichtes, den verschiedenen Menschen in einem Lande das Evangelium in der Weise zu predigen, die ihnen am segenbringendsten werden kann. Der Heidenprediger muß sich doch

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Prediget das Evangelium aller Creatur! Nürnberg, 1847, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_evangelium_1847/14>, abgerufen am 29.03.2024.