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Löhe, Wilhelm: Prediget das Evangelium aller Creatur! Nürnberg, 1847.

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bereit, es ans Land zu ziehen: Er wird seine Menschenfischer segnen und das Netz wird voll werden, je mehr der Abend der Welt kommt.

Und wir sollten müßig stehen, hilflos die Hände in den Schooß legen und nicht wissen, warum wir uns um der Heiden Seligkeit bemühen sollen? Haben etwa wir allein kein Mitleid mit dem namenlosen Elend der Heiden in der Zeit und sonderlich in der Ewigkeit? Oder geht uns allein der letzte Befehl des Herrn nicht an, haben wir allein in unsrer Kirche eine Aufgabe empfangen, durch welche wir von dem Gehorsam befreit wären, den ihm alle Confessionen widmen? Wir, die wir uns - hoffentlich nicht ohne Recht - rühmen, das Evangelium Christi reiner und völliger als andere zu erkennen, sollten, etwa gerade deswegen, keinen Beruf, keine Pflicht, kein Recht haben, dem letzten Befehle Christi, der doch alle angeht, zu gehorchen? - Auch wir sind müde, das namenlose, das furchtbar wachsende Elend der Welt anzusehen und zu ertragen, auch wir sehnen uns nach dem Ende der Zeit, nach dem Anfang der Ewigkeit und beten ohn Unterlaß mit brünstigem Verlangen das Gebet der Braut: "Komm bald, Herr Jesu." Und unsre Sehnsucht nach dem jüngsten Tage wäre uns kein Grund mehr, dem Herrn denjenigen Gehorsam zu leisten, von welchem er sein Kommen abhängig gemacht hat? - Es ist die letzte Stunde. Nachdem der Herr am Kreuze vollbracht hat, ist kein Geschäft mehr übrig, als daß alle seine Schafe zu ihm gesammelt werden. Das ist's, was noch übrig ist, zu thun, - das ist das letzte, größte Werk, welches Gott vollbringt durch seine Knechte, - dazu steht diese Welt noch, dazu geduldet sich noch der Herr, dazu trägt er noch die Bosheit der Boshaftigen, dazu schiebt er noch auf die Erhörung des Gebetes, welches die Seelen unter jenem ewigen Altare beten, dazu hält er noch zurück Kron und Lohn der Seinen. Und alle seine Knechte haben dies

bereit, es ans Land zu ziehen: Er wird seine Menschenfischer segnen und das Netz wird voll werden, je mehr der Abend der Welt kommt.

Und wir sollten müßig stehen, hilflos die Hände in den Schooß legen und nicht wissen, warum wir uns um der Heiden Seligkeit bemühen sollen? Haben etwa wir allein kein Mitleid mit dem namenlosen Elend der Heiden in der Zeit und sonderlich in der Ewigkeit? Oder geht uns allein der letzte Befehl des Herrn nicht an, haben wir allein in unsrer Kirche eine Aufgabe empfangen, durch welche wir von dem Gehorsam befreit wären, den ihm alle Confessionen widmen? Wir, die wir uns – hoffentlich nicht ohne Recht – rühmen, das Evangelium Christi reiner und völliger als andere zu erkennen, sollten, etwa gerade deswegen, keinen Beruf, keine Pflicht, kein Recht haben, dem letzten Befehle Christi, der doch alle angeht, zu gehorchen? – Auch wir sind müde, das namenlose, das furchtbar wachsende Elend der Welt anzusehen und zu ertragen, auch wir sehnen uns nach dem Ende der Zeit, nach dem Anfang der Ewigkeit und beten ohn Unterlaß mit brünstigem Verlangen das Gebet der Braut: «Komm bald, Herr Jesu.» Und unsre Sehnsucht nach dem jüngsten Tage wäre uns kein Grund mehr, dem Herrn denjenigen Gehorsam zu leisten, von welchem er sein Kommen abhängig gemacht hat? – Es ist die letzte Stunde. Nachdem der Herr am Kreuze vollbracht hat, ist kein Geschäft mehr übrig, als daß alle seine Schafe zu ihm gesammelt werden. Das ist’s, was noch übrig ist, zu thun, – das ist das letzte, größte Werk, welches Gott vollbringt durch seine Knechte, – dazu steht diese Welt noch, dazu geduldet sich noch der Herr, dazu trägt er noch die Bosheit der Boshaftigen, dazu schiebt er noch auf die Erhörung des Gebetes, welches die Seelen unter jenem ewigen Altare beten, dazu hält er noch zurück Kron und Lohn der Seinen. Und alle seine Knechte haben dies

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[10/0010] bereit, es ans Land zu ziehen: Er wird seine Menschenfischer segnen und das Netz wird voll werden, je mehr der Abend der Welt kommt. Und wir sollten müßig stehen, hilflos die Hände in den Schooß legen und nicht wissen, warum wir uns um der Heiden Seligkeit bemühen sollen? Haben etwa wir allein kein Mitleid mit dem namenlosen Elend der Heiden in der Zeit und sonderlich in der Ewigkeit? Oder geht uns allein der letzte Befehl des Herrn nicht an, haben wir allein in unsrer Kirche eine Aufgabe empfangen, durch welche wir von dem Gehorsam befreit wären, den ihm alle Confessionen widmen? Wir, die wir uns – hoffentlich nicht ohne Recht – rühmen, das Evangelium Christi reiner und völliger als andere zu erkennen, sollten, etwa gerade deswegen, keinen Beruf, keine Pflicht, kein Recht haben, dem letzten Befehle Christi, der doch alle angeht, zu gehorchen? – Auch wir sind müde, das namenlose, das furchtbar wachsende Elend der Welt anzusehen und zu ertragen, auch wir sehnen uns nach dem Ende der Zeit, nach dem Anfang der Ewigkeit und beten ohn Unterlaß mit brünstigem Verlangen das Gebet der Braut: «Komm bald, Herr Jesu.» Und unsre Sehnsucht nach dem jüngsten Tage wäre uns kein Grund mehr, dem Herrn denjenigen Gehorsam zu leisten, von welchem er sein Kommen abhängig gemacht hat? – Es ist die letzte Stunde. Nachdem der Herr am Kreuze vollbracht hat, ist kein Geschäft mehr übrig, als daß alle seine Schafe zu ihm gesammelt werden. Das ist’s, was noch übrig ist, zu thun, – das ist das letzte, größte Werk, welches Gott vollbringt durch seine Knechte, – dazu steht diese Welt noch, dazu geduldet sich noch der Herr, dazu trägt er noch die Bosheit der Boshaftigen, dazu schiebt er noch auf die Erhörung des Gebetes, welches die Seelen unter jenem ewigen Altare beten, dazu hält er noch zurück Kron und Lohn der Seinen. Und alle seine Knechte haben dies

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Prediget das Evangelium aller Creatur! Nürnberg, 1847, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_evangelium_1847/10>, abgerufen am 16.04.2024.