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Löhe, Wilhelm: Das Entgegenkommen zur Auferstehung der Todten. Nürnberg, 1857.

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mit dem HErrn zu kommen und zu richten, selbst vorher auferstanden und zum HErrn versammelt sein; es müßen diese richterlichen Heiligen keine andern sein, als die, welche in der ersten Auferstehung mit ihren Leibern bekleidet und auf Thronen gesetzt wurden. Daraus zeigt sich eben die große Herlichkeit der ersten Auferstehung, und ein jeder kann es begreiflich finden, wie auch ein Apostel sich bemühen kann, dieser Auferstehung entgegen zu kommen und theilhaftig zu werden. Es erscheint daher nicht bloß als wahrscheinlich, daß der Apostel in unserem Texte nach der ersten Auferstehung ringt.

Uns, meine theuern Freunde, ist es freilich nicht geläufig, eine erste Auferstehung zu glauben, aber eben deshalb verstehen wir auch die heil. Schrift und ihre Worte vom Ende nicht. Kein Theil des göttlichen Wortes erscheint uns oft unklarer, als die Belehrungen von der Wiederkunft Christi und dem Ende der Welt. Wir pflegen uns unter der Wiederkunft Christi immer die Offenbarung Seiner Herlichkeit zu denken, welche mit der allgemeinen Auferstehung, dem Brande der geschaffenen Welt und der Schöpfung eines neuen Himmels und einer neuen Erde zusammengeht. Diese ist es, auf welche wir täglich warten, und wir finden uns in unserem Innern gestört, wenn der Apostel die wartenden Thessalonicher belehrt, daß der HErr nicht komme und Sein jüngster Tag, bevor in der Kirche der große Abfall von Christo sich ereignet habe und der Antichristus aufgestanden sei. Wenn das ist, schließen wir, so weiß man also, daß jetzt der HErr nicht kommt, weil noch der Abfall nicht da ist, und der Antichristus noch nicht gekommen; und weil denn ein Apostel selber den Anlaß gibt zu diesem Gedanken, so weiß man sich nicht zu helfen und sieht am Ende in der heil. Schrift selber Widerspruch. Die heil. Schrift aber heißt den Christen sein Auge zunächst auf jene erste Wiederkunft Christi richten, die in den Zeiten des Antichristus eintreten und von niemand erwartet sein wird. Sie spannt unser Auge nicht zunächst auf die allgemeine Auferstehung und das endliche Gericht, sondern auf den Schluß der gegenwärtigen

mit dem HErrn zu kommen und zu richten, selbst vorher auferstanden und zum HErrn versammelt sein; es müßen diese richterlichen Heiligen keine andern sein, als die, welche in der ersten Auferstehung mit ihren Leibern bekleidet und auf Thronen gesetzt wurden. Daraus zeigt sich eben die große Herlichkeit der ersten Auferstehung, und ein jeder kann es begreiflich finden, wie auch ein Apostel sich bemühen kann, dieser Auferstehung entgegen zu kommen und theilhaftig zu werden. Es erscheint daher nicht bloß als wahrscheinlich, daß der Apostel in unserem Texte nach der ersten Auferstehung ringt.

Uns, meine theuern Freunde, ist es freilich nicht geläufig, eine erste Auferstehung zu glauben, aber eben deshalb verstehen wir auch die heil. Schrift und ihre Worte vom Ende nicht. Kein Theil des göttlichen Wortes erscheint uns oft unklarer, als die Belehrungen von der Wiederkunft Christi und dem Ende der Welt. Wir pflegen uns unter der Wiederkunft Christi immer die Offenbarung Seiner Herlichkeit zu denken, welche mit der allgemeinen Auferstehung, dem Brande der geschaffenen Welt und der Schöpfung eines neuen Himmels und einer neuen Erde zusammengeht. Diese ist es, auf welche wir täglich warten, und wir finden uns in unserem Innern gestört, wenn der Apostel die wartenden Thessalonicher belehrt, daß der HErr nicht komme und Sein jüngster Tag, bevor in der Kirche der große Abfall von Christo sich ereignet habe und der Antichristus aufgestanden sei. Wenn das ist, schließen wir, so weiß man also, daß jetzt der HErr nicht kommt, weil noch der Abfall nicht da ist, und der Antichristus noch nicht gekommen; und weil denn ein Apostel selber den Anlaß gibt zu diesem Gedanken, so weiß man sich nicht zu helfen und sieht am Ende in der heil. Schrift selber Widerspruch. Die heil. Schrift aber heißt den Christen sein Auge zunächst auf jene erste Wiederkunft Christi richten, die in den Zeiten des Antichristus eintreten und von niemand erwartet sein wird. Sie spannt unser Auge nicht zunächst auf die allgemeine Auferstehung und das endliche Gericht, sondern auf den Schluß der gegenwärtigen

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[7/0007] mit dem HErrn zu kommen und zu richten, selbst vorher auferstanden und zum HErrn versammelt sein; es müßen diese richterlichen Heiligen keine andern sein, als die, welche in der ersten Auferstehung mit ihren Leibern bekleidet und auf Thronen gesetzt wurden. Daraus zeigt sich eben die große Herlichkeit der ersten Auferstehung, und ein jeder kann es begreiflich finden, wie auch ein Apostel sich bemühen kann, dieser Auferstehung entgegen zu kommen und theilhaftig zu werden. Es erscheint daher nicht bloß als wahrscheinlich, daß der Apostel in unserem Texte nach der ersten Auferstehung ringt. Uns, meine theuern Freunde, ist es freilich nicht geläufig, eine erste Auferstehung zu glauben, aber eben deshalb verstehen wir auch die heil. Schrift und ihre Worte vom Ende nicht. Kein Theil des göttlichen Wortes erscheint uns oft unklarer, als die Belehrungen von der Wiederkunft Christi und dem Ende der Welt. Wir pflegen uns unter der Wiederkunft Christi immer die Offenbarung Seiner Herlichkeit zu denken, welche mit der allgemeinen Auferstehung, dem Brande der geschaffenen Welt und der Schöpfung eines neuen Himmels und einer neuen Erde zusammengeht. Diese ist es, auf welche wir täglich warten, und wir finden uns in unserem Innern gestört, wenn der Apostel die wartenden Thessalonicher belehrt, daß der HErr nicht komme und Sein jüngster Tag, bevor in der Kirche der große Abfall von Christo sich ereignet habe und der Antichristus aufgestanden sei. Wenn das ist, schließen wir, so weiß man also, daß jetzt der HErr nicht kommt, weil noch der Abfall nicht da ist, und der Antichristus noch nicht gekommen; und weil denn ein Apostel selber den Anlaß gibt zu diesem Gedanken, so weiß man sich nicht zu helfen und sieht am Ende in der heil. Schrift selber Widerspruch. Die heil. Schrift aber heißt den Christen sein Auge zunächst auf jene erste Wiederkunft Christi richten, die in den Zeiten des Antichristus eintreten und von niemand erwartet sein wird. Sie spannt unser Auge nicht zunächst auf die allgemeine Auferstehung und das endliche Gericht, sondern auf den Schluß der gegenwärtigen

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Das Entgegenkommen zur Auferstehung der Todten. Nürnberg, 1857, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_entgegenkommen_1857/7>, abgerufen am 20.04.2024.