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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
im Anfange ihrer astronomischen Arbeiten, und ersetzten es bald
durch den bereits oben (I. S. 104) erwähnten Quadranten, dessen
Einrichtung aus der dort gegebenen Beschreibung hinlänglich klar
seyn wird, so daß wir ihn hier um so mehr übergehen können,
da er nun auch schon außer Gebrauch ist, etwa den sogenannten
Mauerquadranten ausgenommen, von welchem wir später sprechen
werden. Wir bemerken hier nur noch, daß der größte Quadrant,
dessen man sich je zu den astronomischen Beobachtungen be-
diente, der des Ulug Beigh gewesen ist. Dieser berühmte
Astronom war gegen das Jahr 1430 Beherrscher der Länder an
dem Flusse Oxus (des heutigen Amu in der großen Bucharei
und in Khowaresm) soll in seiner Hauptstadt Samarkand
einen Quadranten von einer solchen Größe errichtet haben,
daß der Halbmesser derselben, nach der Erzählung der türkischen
Geschichtschreiber, der Höhe des Gipfels der Kuppel der Sophien-
kirche in Konstantinopel gleich, d. h. daß er 180 römische Fuß
groß gewesen ist. Allein es ist wahrscheinlich, daß diese Erzählung
auf einem Mißverständnisse beruht, und daß dieses Instrument
kein Quadrant, sondern nur ein Gnomon gewesen ist.

Das Astrolabium oder der astronomische Ring besteht in
einem in einzelne Grade eingetheilten Ring ABCD (Fig. 8),
um dessen Mittelpunkt E sich eine Alhidade (Linial) SS, bewegt,
das mit zwei darauf senkrecht stehenden durchlöcherten Absehen
m und n versehen ist. Bei der Beobachtung wird es an dem
kleinen Ringe A aufgehängt, wo dann der Halbmesser BD hori-
zontal stehen soll. Wird in dieser Lage des Instruments die
Alhidade SS' so gestellt, daß das Auge bei S' durch die beiden
Oeffnungen der Absehen das Gestirn z. B. die Sonne erblickt,
so gibt der Winkel S'ED der Alhidade mit dem Halbmesser BD
oder auch der jenem gleiche Winkel SEB die gesuchte Höhe der
Sonne an. Man sieht, wie vielen Unvollkommenheiten ein In-
strument dieser Art unterworfen ist, auch wurde es nicht lange
gebraucht, und bloß in der Marine, wo man gewöhnlich mit einer
geringern Genauigkeit zufrieden ist, erhielt sich dasselbe bis in
das vorige Jahrhundert. Jetzt ist es, auch unter den Schiffern,
durch den viel genaueren Sextanten schon längst verdrängt. Uebri-
gens bezeichnet man in unseren Tagen mit dem Namen Astrolab

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
im Anfange ihrer aſtronomiſchen Arbeiten, und erſetzten es bald
durch den bereits oben (I. S. 104) erwähnten Quadranten, deſſen
Einrichtung aus der dort gegebenen Beſchreibung hinlänglich klar
ſeyn wird, ſo daß wir ihn hier um ſo mehr übergehen können,
da er nun auch ſchon außer Gebrauch iſt, etwa den ſogenannten
Mauerquadranten ausgenommen, von welchem wir ſpäter ſprechen
werden. Wir bemerken hier nur noch, daß der größte Quadrant,
deſſen man ſich je zu den aſtronomiſchen Beobachtungen be-
diente, der des Ulug Beigh geweſen iſt. Dieſer berühmte
Aſtronom war gegen das Jahr 1430 Beherrſcher der Länder an
dem Fluſſe Oxus (des heutigen Amu in der großen Bucharei
und in Khowaresm) ſoll in ſeiner Hauptſtadt Samarkand
einen Quadranten von einer ſolchen Größe errichtet haben,
daß der Halbmeſſer derſelben, nach der Erzählung der türkiſchen
Geſchichtſchreiber, der Höhe des Gipfels der Kuppel der Sophien-
kirche in Konſtantinopel gleich, d. h. daß er 180 römiſche Fuß
groß geweſen iſt. Allein es iſt wahrſcheinlich, daß dieſe Erzählung
auf einem Mißverſtändniſſe beruht, und daß dieſes Inſtrument
kein Quadrant, ſondern nur ein Gnomon geweſen iſt.

Das Aſtrolabium oder der aſtronomiſche Ring beſteht in
einem in einzelne Grade eingetheilten Ring ABCD (Fig. 8),
um deſſen Mittelpunkt E ſich eine Alhidade (Linial) SS, bewegt,
das mit zwei darauf ſenkrecht ſtehenden durchlöcherten Abſehen
m und n verſehen iſt. Bei der Beobachtung wird es an dem
kleinen Ringe A aufgehängt, wo dann der Halbmeſſer BD hori-
zontal ſtehen ſoll. Wird in dieſer Lage des Inſtruments die
Alhidade SS' ſo geſtellt, daß das Auge bei S' durch die beiden
Oeffnungen der Abſehen das Geſtirn z. B. die Sonne erblickt,
ſo gibt der Winkel S'ED der Alhidade mit dem Halbmeſſer BD
oder auch der jenem gleiche Winkel SEB die geſuchte Höhe der
Sonne an. Man ſieht, wie vielen Unvollkommenheiten ein In-
ſtrument dieſer Art unterworfen iſt, auch wurde es nicht lange
gebraucht, und bloß in der Marine, wo man gewöhnlich mit einer
geringern Genauigkeit zufrieden iſt, erhielt ſich daſſelbe bis in
das vorige Jahrhundert. Jetzt iſt es, auch unter den Schiffern,
durch den viel genaueren Sextanten ſchon längſt verdrängt. Uebri-
gens bezeichnet man in unſeren Tagen mit dem Namen Aſtrolab

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[235/0247] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. im Anfange ihrer aſtronomiſchen Arbeiten, und erſetzten es bald durch den bereits oben (I. S. 104) erwähnten Quadranten, deſſen Einrichtung aus der dort gegebenen Beſchreibung hinlänglich klar ſeyn wird, ſo daß wir ihn hier um ſo mehr übergehen können, da er nun auch ſchon außer Gebrauch iſt, etwa den ſogenannten Mauerquadranten ausgenommen, von welchem wir ſpäter ſprechen werden. Wir bemerken hier nur noch, daß der größte Quadrant, deſſen man ſich je zu den aſtronomiſchen Beobachtungen be- diente, der des Ulug Beigh geweſen iſt. Dieſer berühmte Aſtronom war gegen das Jahr 1430 Beherrſcher der Länder an dem Fluſſe Oxus (des heutigen Amu in der großen Bucharei und in Khowaresm) ſoll in ſeiner Hauptſtadt Samarkand einen Quadranten von einer ſolchen Größe errichtet haben, daß der Halbmeſſer derſelben, nach der Erzählung der türkiſchen Geſchichtſchreiber, der Höhe des Gipfels der Kuppel der Sophien- kirche in Konſtantinopel gleich, d. h. daß er 180 römiſche Fuß groß geweſen iſt. Allein es iſt wahrſcheinlich, daß dieſe Erzählung auf einem Mißverſtändniſſe beruht, und daß dieſes Inſtrument kein Quadrant, ſondern nur ein Gnomon geweſen iſt. Das Aſtrolabium oder der aſtronomiſche Ring beſteht in einem in einzelne Grade eingetheilten Ring ABCD (Fig. 8), um deſſen Mittelpunkt E ſich eine Alhidade (Linial) SS, bewegt, das mit zwei darauf ſenkrecht ſtehenden durchlöcherten Abſehen m und n verſehen iſt. Bei der Beobachtung wird es an dem kleinen Ringe A aufgehängt, wo dann der Halbmeſſer BD hori- zontal ſtehen ſoll. Wird in dieſer Lage des Inſtruments die Alhidade SS' ſo geſtellt, daß das Auge bei S' durch die beiden Oeffnungen der Abſehen das Geſtirn z. B. die Sonne erblickt, ſo gibt der Winkel S'ED der Alhidade mit dem Halbmeſſer BD oder auch der jenem gleiche Winkel SEB die geſuchte Höhe der Sonne an. Man ſieht, wie vielen Unvollkommenheiten ein In- ſtrument dieſer Art unterworfen iſt, auch wurde es nicht lange gebraucht, und bloß in der Marine, wo man gewöhnlich mit einer geringern Genauigkeit zufrieden iſt, erhielt ſich daſſelbe bis in das vorige Jahrhundert. Jetzt iſt es, auch unter den Schiffern, durch den viel genaueren Sextanten ſchon längſt verdrängt. Uebri- gens bezeichnet man in unſeren Tagen mit dem Namen Aſtrolab

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/247>, abgerufen am 19.04.2024.