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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
kunden auf ihren Instrumenten mit Sicherheit anzugeben, und
erst seit einigen Decennien hat unsere Instrumental-Astronomie,
vorzüglich durch englische und deutsche Künstler, Fortschritte ge-
macht, an deren Möglichkeit man vor Kurzem noch zweifeln
mußte. Nicht bloß die großen Instrumente dieser Art, die soge-
nannten Meisterstücke, sondern auch die kleineren, die sich jeder
mit geringen Kosten anschaffen kann, sind mit einer Präcision,
mit einer Vollendung gearbeitet, die wohl nur wenig mehr zu
wünschen übrig lassen kann. Nur wenig -- aber nicht nichts!
Denn am Ende ist doch alles, was Menschenhände machen kön-
nen, nur Menschenwerk, und so vortrefflich es uns auch erscheinen
mag, noch immer unvollkommen. Auch werden wohl die Forde-
rungen des Astronomen an den Künstler, die Leistungen des letz-
teren immer hinter sich zurücklassen, und es wird daher auch
immer der erste bemüht seyn müssen, durch Geschicklichkeit in der
Anwendung dieser Instrumente, durch Umsicht und Scharfsinn in
dem Gebrauche derselben, sich von den noch übrig bleibenden Un-
vollkommenheiten der Werkzeuge, die ihm der Künstler in die
Hände liefert, so viel als möglich unabhängig zu machen. Der
Astronom wird daher darauf bedacht seyn müssen, die Umstände
und Verhältnisse seiner Beobachtungen so zu wählen, die Fehler
seines Instruments kennen zu lernen, um sie entweder zu umgehen
oder durch Nachhülfe der Rechnung unschädlich zu machen, seine
Operationen mit diesen Instrumenten so zu combiniren, und die
damit erhaltenen Resultate so zu behandeln, daß er daraus, so
sehr es nur von ihm selbst abhängen kann, alles Unvollkommene
entfernt, und sich dadurch der gesuchten Wahrheit so weit nähert,
als es überhaupt den Menschen erlaubt ist, dieses nur für höhere
Wesen, wie es scheint, bestimmte Gut zu erreichen.

In diesen wenigen Zügen ist das eigentliche Geschäft des
praktischen Astronomen gezeichnet, ein schwieriges, mühevolles,

jedem Drucke nachgibt, wie denn überhaupt jede auf einen Kör-
per ausgeübte Kraft auch eine Wirkung auf denselben hervor-
bringen muß, obschon diese Wirkung in vielen Fällen so klein
seyn wird, daß wir sie, mit unseren Sinnen, nicht mehr be-
merken können.

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
kunden auf ihren Inſtrumenten mit Sicherheit anzugeben, und
erſt ſeit einigen Decennien hat unſere Inſtrumental-Aſtronomie,
vorzüglich durch engliſche und deutſche Künſtler, Fortſchritte ge-
macht, an deren Möglichkeit man vor Kurzem noch zweifeln
mußte. Nicht bloß die großen Inſtrumente dieſer Art, die ſoge-
nannten Meiſterſtücke, ſondern auch die kleineren, die ſich jeder
mit geringen Koſten anſchaffen kann, ſind mit einer Präciſion,
mit einer Vollendung gearbeitet, die wohl nur wenig mehr zu
wünſchen übrig laſſen kann. Nur wenig — aber nicht nichts!
Denn am Ende iſt doch alles, was Menſchenhände machen kön-
nen, nur Menſchenwerk, und ſo vortrefflich es uns auch erſcheinen
mag, noch immer unvollkommen. Auch werden wohl die Forde-
rungen des Aſtronomen an den Künſtler, die Leiſtungen des letz-
teren immer hinter ſich zurücklaſſen, und es wird daher auch
immer der erſte bemüht ſeyn müſſen, durch Geſchicklichkeit in der
Anwendung dieſer Inſtrumente, durch Umſicht und Scharfſinn in
dem Gebrauche derſelben, ſich von den noch übrig bleibenden Un-
vollkommenheiten der Werkzeuge, die ihm der Künſtler in die
Hände liefert, ſo viel als möglich unabhängig zu machen. Der
Aſtronom wird daher darauf bedacht ſeyn müſſen, die Umſtände
und Verhältniſſe ſeiner Beobachtungen ſo zu wählen, die Fehler
ſeines Inſtruments kennen zu lernen, um ſie entweder zu umgehen
oder durch Nachhülfe der Rechnung unſchädlich zu machen, ſeine
Operationen mit dieſen Inſtrumenten ſo zu combiniren, und die
damit erhaltenen Reſultate ſo zu behandeln, daß er daraus, ſo
ſehr es nur von ihm ſelbſt abhängen kann, alles Unvollkommene
entfernt, und ſich dadurch der geſuchten Wahrheit ſo weit nähert,
als es überhaupt den Menſchen erlaubt iſt, dieſes nur für höhere
Weſen, wie es ſcheint, beſtimmte Gut zu erreichen.

In dieſen wenigen Zügen iſt das eigentliche Geſchäft des
praktiſchen Aſtronomen gezeichnet, ein ſchwieriges, mühevolles,

jedem Drucke nachgibt, wie denn überhaupt jede auf einen Kör-
per ausgeübte Kraft auch eine Wirkung auf denſelben hervor-
bringen muß, obſchon dieſe Wirkung in vielen Fällen ſo klein
ſeyn wird, daß wir ſie, mit unſeren Sinnen, nicht mehr be-
merken können.
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[229/0241] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. kunden auf ihren Inſtrumenten mit Sicherheit anzugeben, und erſt ſeit einigen Decennien hat unſere Inſtrumental-Aſtronomie, vorzüglich durch engliſche und deutſche Künſtler, Fortſchritte ge- macht, an deren Möglichkeit man vor Kurzem noch zweifeln mußte. Nicht bloß die großen Inſtrumente dieſer Art, die ſoge- nannten Meiſterſtücke, ſondern auch die kleineren, die ſich jeder mit geringen Koſten anſchaffen kann, ſind mit einer Präciſion, mit einer Vollendung gearbeitet, die wohl nur wenig mehr zu wünſchen übrig laſſen kann. Nur wenig — aber nicht nichts! Denn am Ende iſt doch alles, was Menſchenhände machen kön- nen, nur Menſchenwerk, und ſo vortrefflich es uns auch erſcheinen mag, noch immer unvollkommen. Auch werden wohl die Forde- rungen des Aſtronomen an den Künſtler, die Leiſtungen des letz- teren immer hinter ſich zurücklaſſen, und es wird daher auch immer der erſte bemüht ſeyn müſſen, durch Geſchicklichkeit in der Anwendung dieſer Inſtrumente, durch Umſicht und Scharfſinn in dem Gebrauche derſelben, ſich von den noch übrig bleibenden Un- vollkommenheiten der Werkzeuge, die ihm der Künſtler in die Hände liefert, ſo viel als möglich unabhängig zu machen. Der Aſtronom wird daher darauf bedacht ſeyn müſſen, die Umſtände und Verhältniſſe ſeiner Beobachtungen ſo zu wählen, die Fehler ſeines Inſtruments kennen zu lernen, um ſie entweder zu umgehen oder durch Nachhülfe der Rechnung unſchädlich zu machen, ſeine Operationen mit dieſen Inſtrumenten ſo zu combiniren, und die damit erhaltenen Reſultate ſo zu behandeln, daß er daraus, ſo ſehr es nur von ihm ſelbſt abhängen kann, alles Unvollkommene entfernt, und ſich dadurch der geſuchten Wahrheit ſo weit nähert, als es überhaupt den Menſchen erlaubt iſt, dieſes nur für höhere Weſen, wie es ſcheint, beſtimmte Gut zu erreichen. In dieſen wenigen Zügen iſt das eigentliche Geſchäft des praktiſchen Aſtronomen gezeichnet, ein ſchwieriges, mühevolles, *) *) jedem Drucke nachgibt, wie denn überhaupt jede auf einen Kör- per ausgeübte Kraft auch eine Wirkung auf denſelben hervor- bringen muß, obſchon dieſe Wirkung in vielen Fällen ſo klein ſeyn wird, daß wir ſie, mit unſeren Sinnen, nicht mehr be- merken können.

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/241>, abgerufen am 18.04.2024.