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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Dauer des Weltsystems.
Systems und die ungestörte Ordnung desselben für die Folgezeit
abhängt, so dürfen wir daraus den Schluß ziehen, daß es bei
der Entstehung dieses Systems in der Absicht der Natur lag, ihm
diese Erhaltung zu sichern, und demselben das Siegel einer immer-
währenden Dauer aufzudrücken. Diesen Zweck hat sie vorzüglich
durch zwei, auf den ersten Blick nur geringfügig scheinende Mittel
erreicht, indem sie nämlich für die großen Axen, oder was dasselbe
ist, für die Umlaufszeiten dieser Planeten keine andere, als irra-
tionale Zahlen (§. 134) gewählt hat, wodurch sie die Unverän-
derlichkeit der großen Axe, dieses für die Stabilität des Ganzen
wichtigsten Elementes (§. 132) sicherte, und indem sie die Bewe-
gungen der Planeten so eingerichtet hat, daß sie sich alle nach
derselben Seite um die Sonne bewegen.

§. 158. (Andere Gründe für die Stabilität des Sonnensystems.)
Eine andere schon der geringsten Aufmerksamkeit auffallende Ein-
richtung des Planetensystems scheint denselben Zweck zu haben.
Der ganze Sonnenstaat ist, wie schon früher bemerkt wurde, nicht
nur in seinem Ganzen, sondern selbst in den einzelnen Theilen
desselben wesentlich monarchisch geordnet. Die Sonne, der Mit-
telpunkt der Bewegungen der Planeten, überwiegt alle diese Pla-
neten zusammen genommen an Masse, d. h. an eigener intensiver
Stärke mehr als siebenhundertmal, und eine ähnliche Präponde-
ranz bemerken wir auch bei allen Hauptplaneten in Beziehung
auf ihre Satelliten. Die Masse der Erde ist 70mal größer als
die des Mondes, und die Masse Jupiters übertrifft die aller seiner
vier Monde sogar gegen 6000mal. Die daraus folgenden mäch-
tigen Anziehungen der Sonne auf die Planeten, und der Haupt-
planeten auf ihre Satelliten lassen keine so beträchtliche Stö-
rungen in diesem Staate aufkommen, von denen man eine Zer-
rüttung oder auch nur eine größere Unordnung des Ganzen besorgen
könnte. Wenn z. B. Jupiter plötzlich aus diesem Systeme aus-
geschieden würde, so würden wir seine Monde, die wir jetzt in so
schöner Ordnung um ihn gehen sehen, sich sofort in dem Raume
zerstreuen, und den einen in Ellipsen um die Sonne gehen, den
andern aber in hyperbolischen Bahnen sich von derselben entfernen
sehen. Aber das Daseyn mächtiger, alle andern so weit über-
wiegender Kräfte ist ein wesentlicher Schutz für ein System, das

Dauer des Weltſyſtems.
Syſtems und die ungeſtörte Ordnung deſſelben für die Folgezeit
abhängt, ſo dürfen wir daraus den Schluß ziehen, daß es bei
der Entſtehung dieſes Syſtems in der Abſicht der Natur lag, ihm
dieſe Erhaltung zu ſichern, und demſelben das Siegel einer immer-
währenden Dauer aufzudrücken. Dieſen Zweck hat ſie vorzüglich
durch zwei, auf den erſten Blick nur geringfügig ſcheinende Mittel
erreicht, indem ſie nämlich für die großen Axen, oder was daſſelbe
iſt, für die Umlaufszeiten dieſer Planeten keine andere, als irra-
tionale Zahlen (§. 134) gewählt hat, wodurch ſie die Unverän-
derlichkeit der großen Axe, dieſes für die Stabilität des Ganzen
wichtigſten Elementes (§. 132) ſicherte, und indem ſie die Bewe-
gungen der Planeten ſo eingerichtet hat, daß ſie ſich alle nach
derſelben Seite um die Sonne bewegen.

§. 158. (Andere Gründe für die Stabilität des Sonnenſyſtems.)
Eine andere ſchon der geringſten Aufmerkſamkeit auffallende Ein-
richtung des Planetenſyſtems ſcheint denſelben Zweck zu haben.
Der ganze Sonnenſtaat iſt, wie ſchon früher bemerkt wurde, nicht
nur in ſeinem Ganzen, ſondern ſelbſt in den einzelnen Theilen
deſſelben weſentlich monarchiſch geordnet. Die Sonne, der Mit-
telpunkt der Bewegungen der Planeten, überwiegt alle dieſe Pla-
neten zuſammen genommen an Maſſe, d. h. an eigener intenſiver
Stärke mehr als ſiebenhundertmal, und eine ähnliche Präponde-
ranz bemerken wir auch bei allen Hauptplaneten in Beziehung
auf ihre Satelliten. Die Maſſe der Erde iſt 70mal größer als
die des Mondes, und die Maſſe Jupiters übertrifft die aller ſeiner
vier Monde ſogar gegen 6000mal. Die daraus folgenden mäch-
tigen Anziehungen der Sonne auf die Planeten, und der Haupt-
planeten auf ihre Satelliten laſſen keine ſo beträchtliche Stö-
rungen in dieſem Staate aufkommen, von denen man eine Zer-
rüttung oder auch nur eine größere Unordnung des Ganzen beſorgen
könnte. Wenn z. B. Jupiter plötzlich aus dieſem Syſteme aus-
geſchieden würde, ſo würden wir ſeine Monde, die wir jetzt in ſo
ſchöner Ordnung um ihn gehen ſehen, ſich ſofort in dem Raume
zerſtreuen, und den einen in Ellipſen um die Sonne gehen, den
andern aber in hyperboliſchen Bahnen ſich von derſelben entfernen
ſehen. Aber das Daſeyn mächtiger, alle andern ſo weit über-
wiegender Kräfte iſt ein weſentlicher Schutz für ein Syſtem, das

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[214/0226] Dauer des Weltſyſtems. Syſtems und die ungeſtörte Ordnung deſſelben für die Folgezeit abhängt, ſo dürfen wir daraus den Schluß ziehen, daß es bei der Entſtehung dieſes Syſtems in der Abſicht der Natur lag, ihm dieſe Erhaltung zu ſichern, und demſelben das Siegel einer immer- währenden Dauer aufzudrücken. Dieſen Zweck hat ſie vorzüglich durch zwei, auf den erſten Blick nur geringfügig ſcheinende Mittel erreicht, indem ſie nämlich für die großen Axen, oder was daſſelbe iſt, für die Umlaufszeiten dieſer Planeten keine andere, als irra- tionale Zahlen (§. 134) gewählt hat, wodurch ſie die Unverän- derlichkeit der großen Axe, dieſes für die Stabilität des Ganzen wichtigſten Elementes (§. 132) ſicherte, und indem ſie die Bewe- gungen der Planeten ſo eingerichtet hat, daß ſie ſich alle nach derſelben Seite um die Sonne bewegen. §. 158. (Andere Gründe für die Stabilität des Sonnenſyſtems.) Eine andere ſchon der geringſten Aufmerkſamkeit auffallende Ein- richtung des Planetenſyſtems ſcheint denſelben Zweck zu haben. Der ganze Sonnenſtaat iſt, wie ſchon früher bemerkt wurde, nicht nur in ſeinem Ganzen, ſondern ſelbſt in den einzelnen Theilen deſſelben weſentlich monarchiſch geordnet. Die Sonne, der Mit- telpunkt der Bewegungen der Planeten, überwiegt alle dieſe Pla- neten zuſammen genommen an Maſſe, d. h. an eigener intenſiver Stärke mehr als ſiebenhundertmal, und eine ähnliche Präponde- ranz bemerken wir auch bei allen Hauptplaneten in Beziehung auf ihre Satelliten. Die Maſſe der Erde iſt 70mal größer als die des Mondes, und die Maſſe Jupiters übertrifft die aller ſeiner vier Monde ſogar gegen 6000mal. Die daraus folgenden mäch- tigen Anziehungen der Sonne auf die Planeten, und der Haupt- planeten auf ihre Satelliten laſſen keine ſo beträchtliche Stö- rungen in dieſem Staate aufkommen, von denen man eine Zer- rüttung oder auch nur eine größere Unordnung des Ganzen beſorgen könnte. Wenn z. B. Jupiter plötzlich aus dieſem Syſteme aus- geſchieden würde, ſo würden wir ſeine Monde, die wir jetzt in ſo ſchöner Ordnung um ihn gehen ſehen, ſich ſofort in dem Raume zerſtreuen, und den einen in Ellipſen um die Sonne gehen, den andern aber in hyperboliſchen Bahnen ſich von derſelben entfernen ſehen. Aber das Daſeyn mächtiger, alle andern ſo weit über- wiegender Kräfte iſt ein weſentlicher Schutz für ein Syſtem, das

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/226>, abgerufen am 25.04.2024.