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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Säculäre Störungen.
retrograde Bewegung der Mondsknoten in Beziehung auf die Fix-
sterne jährlich 19,35 Grade (I. §. 170). Diese Bewegung der
Knoten ist übrigens nicht immer dieselbe, sondern sie hängt von
der Entfernung der Sonne und der Erde von dem Monde ab.
Man findet, daß sie zur Zeit der Syzygien am größten, und
während der Quadraturen am kleinsten ist. Im Mittel beträgt
die Umlaufszeit der Knoten der Mondsbahn in Beziehung auf
die Gestirne oder die siderische Revolution (I. S. 222) derselben
6793,2859 Tage, und die Revolution des Mondes selbst in Bezie-
hung auf seine Knoten, d. h. die Zeit, die zwischen zwei nächsten
Durchgängen des Mondes durch seinen Knoten verfließt, ist 27,2121
Tage, welche Zwischenzeit man den Drachenmonat zu nennen
pflegt.

§. 86. (Bewegung der Absiden der Mondsbahn.) Da die
Attraction der Sonne die Entfernung des Mondes von der
Erde bald vermehrt und bald wieder vermindert, so folgt
daraus auch eine Aenderung der Lage der großen Axe der Monds-
bahn. Man sieht im Allgemeinen, daß diese Axe der Sonne
folgen, also von West nach Ost fortrücken wird. Die Beobach-
tungen zeigen, daß diese Fortrückung der Absiden der Monds-
bahn, in Beziehung auf die Fixsterne, jährlich 40,65 Grade beträgt.
Daraus folgt die siderische Umlaufszeit der Absiden des Mondes
gleich 3232,567 Tagen, und die Revolution des Mondes selbst in
Beziehung auf diese Absiden gleich 27,555 Tagen, welche letzte Zeit
man die anomalistische Revolution des Mondes zu nennen
pflegt. Auch diese Bewegung ist übrigens mehreren Ungleichheiten
unterworfen, die ebenfalls von dem Stande der Sonne gegen die
Erde und gegen den Mond abhängen.

§. 87. (Geschichte der Entdeckung.) Diese Bewegung der
Absiden des Mondes hat die Geometer des verflossenen Jahr-
hunderts lange beschäftigt. Schon Newton hat sie aus dem Ge-
setze der allgemeinen Schwere abzuleiten gesucht, aber durch seine
Rechnungen nur nahe halb so groß gefunden, als sie durch die
Beobachtungen angezeigt wird. Später fand Clairaut durch eine
viel sorgfältigere Analyse nahe dasselbe, und die ihm folgenden
Untersuchungen Eulers und D'Alemberts schienen dieses Resultat

Säculäre Störungen.
retrograde Bewegung der Mondsknoten in Beziehung auf die Fix-
ſterne jährlich 19,35 Grade (I. §. 170). Dieſe Bewegung der
Knoten iſt übrigens nicht immer dieſelbe, ſondern ſie hängt von
der Entfernung der Sonne und der Erde von dem Monde ab.
Man findet, daß ſie zur Zeit der Syzygien am größten, und
während der Quadraturen am kleinſten iſt. Im Mittel beträgt
die Umlaufszeit der Knoten der Mondsbahn in Beziehung auf
die Geſtirne oder die ſideriſche Revolution (I. S. 222) derſelben
6793,2859 Tage, und die Revolution des Mondes ſelbſt in Bezie-
hung auf ſeine Knoten, d. h. die Zeit, die zwiſchen zwei nächſten
Durchgängen des Mondes durch ſeinen Knoten verfließt, iſt 27,2121
Tage, welche Zwiſchenzeit man den Drachenmonat zu nennen
pflegt.

§. 86. (Bewegung der Abſiden der Mondsbahn.) Da die
Attraction der Sonne die Entfernung des Mondes von der
Erde bald vermehrt und bald wieder vermindert, ſo folgt
daraus auch eine Aenderung der Lage der großen Axe der Monds-
bahn. Man ſieht im Allgemeinen, daß dieſe Axe der Sonne
folgen, alſo von Weſt nach Oſt fortrücken wird. Die Beobach-
tungen zeigen, daß dieſe Fortrückung der Abſiden der Monds-
bahn, in Beziehung auf die Fixſterne, jährlich 40,65 Grade beträgt.
Daraus folgt die ſideriſche Umlaufszeit der Abſiden des Mondes
gleich 3232,567 Tagen, und die Revolution des Mondes ſelbſt in
Beziehung auf dieſe Abſiden gleich 27,555 Tagen, welche letzte Zeit
man die anomaliſtiſche Revolution des Mondes zu nennen
pflegt. Auch dieſe Bewegung iſt übrigens mehreren Ungleichheiten
unterworfen, die ebenfalls von dem Stande der Sonne gegen die
Erde und gegen den Mond abhängen.

§. 87. (Geſchichte der Entdeckung.) Dieſe Bewegung der
Abſiden des Mondes hat die Geometer des verfloſſenen Jahr-
hunderts lange beſchäftigt. Schon Newton hat ſie aus dem Ge-
ſetze der allgemeinen Schwere abzuleiten geſucht, aber durch ſeine
Rechnungen nur nahe halb ſo groß gefunden, als ſie durch die
Beobachtungen angezeigt wird. Später fand Clairaut durch eine
viel ſorgfältigere Analyſe nahe daſſelbe, und die ihm folgenden
Unterſuchungen Eulers und D’Alemberts ſchienen dieſes Reſultat

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[130/0142] Säculäre Störungen. retrograde Bewegung der Mondsknoten in Beziehung auf die Fix- ſterne jährlich 19,35 Grade (I. §. 170). Dieſe Bewegung der Knoten iſt übrigens nicht immer dieſelbe, ſondern ſie hängt von der Entfernung der Sonne und der Erde von dem Monde ab. Man findet, daß ſie zur Zeit der Syzygien am größten, und während der Quadraturen am kleinſten iſt. Im Mittel beträgt die Umlaufszeit der Knoten der Mondsbahn in Beziehung auf die Geſtirne oder die ſideriſche Revolution (I. S. 222) derſelben 6793,2859 Tage, und die Revolution des Mondes ſelbſt in Bezie- hung auf ſeine Knoten, d. h. die Zeit, die zwiſchen zwei nächſten Durchgängen des Mondes durch ſeinen Knoten verfließt, iſt 27,2121 Tage, welche Zwiſchenzeit man den Drachenmonat zu nennen pflegt. §. 86. (Bewegung der Abſiden der Mondsbahn.) Da die Attraction der Sonne die Entfernung des Mondes von der Erde bald vermehrt und bald wieder vermindert, ſo folgt daraus auch eine Aenderung der Lage der großen Axe der Monds- bahn. Man ſieht im Allgemeinen, daß dieſe Axe der Sonne folgen, alſo von Weſt nach Oſt fortrücken wird. Die Beobach- tungen zeigen, daß dieſe Fortrückung der Abſiden der Monds- bahn, in Beziehung auf die Fixſterne, jährlich 40,65 Grade beträgt. Daraus folgt die ſideriſche Umlaufszeit der Abſiden des Mondes gleich 3232,567 Tagen, und die Revolution des Mondes ſelbſt in Beziehung auf dieſe Abſiden gleich 27,555 Tagen, welche letzte Zeit man die anomaliſtiſche Revolution des Mondes zu nennen pflegt. Auch dieſe Bewegung iſt übrigens mehreren Ungleichheiten unterworfen, die ebenfalls von dem Stande der Sonne gegen die Erde und gegen den Mond abhängen. §. 87. (Geſchichte der Entdeckung.) Dieſe Bewegung der Abſiden des Mondes hat die Geometer des verfloſſenen Jahr- hunderts lange beſchäftigt. Schon Newton hat ſie aus dem Ge- ſetze der allgemeinen Schwere abzuleiten geſucht, aber durch ſeine Rechnungen nur nahe halb ſo groß gefunden, als ſie durch die Beobachtungen angezeigt wird. Später fand Clairaut durch eine viel ſorgfältigere Analyſe nahe daſſelbe, und die ihm folgenden Unterſuchungen Eulers und D’Alemberts ſchienen dieſes Reſultat

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/142>, abgerufen am 29.03.2024.