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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Periodische Störungen.
interessanten Gegenstande, aber auch ohne Erfolg. Diese und
mehrere andere ausgezeichnete Geometer suchten den Grund dieser
Ungleichheit bald in dem Widerstande des Aethers, in welchem
sich die Planeten bewegen sollen, bald in den Störungen, welche
die Kometen auf dieselben äußern, bald in der Zeit, welche
die Kraft der Schwere brauchen soll, von der Sonne bis zu
diesem entfernten Planeten zu gelangen u. dgl. Diese Muth-
maßungen gaben allerdings zu andern, nicht minder wichtigen
Entdeckungen Veranlassung, aber sie ließen doch den Gegenstand,
den man durch sie suchte, in seinem Dunkel.

In den letzten Decennien des verflossenen Jahrhunderts
verglich Lambert diejenigen Beobachtungen Saturns und Jupi-
ters, die Tycho angestellt hatte, mit seinen eigenen, und fand,
zur noch größeren Ueberraschung der Astronomen, daß, ganz im
Widerspruche mit Halleys Entdeckung, die mittlere Bewegung
Saturns seit jener Zeit bis auf seine Tage sich beschleunigt, und
die des Jupiter im Gegentheile sich verzögert habe. Dieß machte
viele an der Existenz dieser beiden Ungleichheiten zweifeln, indem
sie die bloß scheinbare Veränderung dieser beiden Bewegungen
bloß der Unvollkommenheit der älteren Beobachtungen zuschrieben.
Allein Laplace, der sich durch diese grundlosen Vermuthungen nicht
irren ließ, glaubte vielmehr eben in diesem äußern Widerspruche
das Daseyn einer Störung von sehr langer Periode zu erkennen,
durch welche die Bewegungen dieser beiden Planeten mehrere
Jahrhunderte durch abwechselnd bald beschleunigt, bald wieder
verzögert werden könnten. Um diese Ungleichheit aufzusuchen,
mußte er die Gesammtstörung dieser beiden Planeten, die man
bisher, wie bereits oben gesagt wurde, nur in den ersten, und
sonach größten Gliedern ihrer unendlichen Reihen entwickelt hatte,
noch auf mehrere der folgenden Glieder fortführen und zusehen,
ob sich unter diesen letzten eine Störung von sehr langer Periode
finde, die den beobachteten Ungleichheiten jener beiden Planeten
entspricht.

Bei dieser mühevollen Untersuchung kam ihm eine andere
wichtige Entdeckung zu statten, die man schon früher gemacht
hatte. -- Es ist bereits oben gesagt worden, daß die periodischen
Störungen dieser beiden Planeten durch die Sinus und Cosinus

Periodiſche Störungen.
intereſſanten Gegenſtande, aber auch ohne Erfolg. Dieſe und
mehrere andere ausgezeichnete Geometer ſuchten den Grund dieſer
Ungleichheit bald in dem Widerſtande des Aethers, in welchem
ſich die Planeten bewegen ſollen, bald in den Störungen, welche
die Kometen auf dieſelben äußern, bald in der Zeit, welche
die Kraft der Schwere brauchen ſoll, von der Sonne bis zu
dieſem entfernten Planeten zu gelangen u. dgl. Dieſe Muth-
maßungen gaben allerdings zu andern, nicht minder wichtigen
Entdeckungen Veranlaſſung, aber ſie ließen doch den Gegenſtand,
den man durch ſie ſuchte, in ſeinem Dunkel.

In den letzten Decennien des verfloſſenen Jahrhunderts
verglich Lambert diejenigen Beobachtungen Saturns und Jupi-
ters, die Tycho angeſtellt hatte, mit ſeinen eigenen, und fand,
zur noch größeren Ueberraſchung der Aſtronomen, daß, ganz im
Widerſpruche mit Halleys Entdeckung, die mittlere Bewegung
Saturns ſeit jener Zeit bis auf ſeine Tage ſich beſchleunigt, und
die des Jupiter im Gegentheile ſich verzögert habe. Dieß machte
viele an der Exiſtenz dieſer beiden Ungleichheiten zweifeln, indem
ſie die bloß ſcheinbare Veränderung dieſer beiden Bewegungen
bloß der Unvollkommenheit der älteren Beobachtungen zuſchrieben.
Allein Laplace, der ſich durch dieſe grundloſen Vermuthungen nicht
irren ließ, glaubte vielmehr eben in dieſem äußern Widerſpruche
das Daſeyn einer Störung von ſehr langer Periode zu erkennen,
durch welche die Bewegungen dieſer beiden Planeten mehrere
Jahrhunderte durch abwechſelnd bald beſchleunigt, bald wieder
verzögert werden könnten. Um dieſe Ungleichheit aufzuſuchen,
mußte er die Geſammtſtörung dieſer beiden Planeten, die man
bisher, wie bereits oben geſagt wurde, nur in den erſten, und
ſonach größten Gliedern ihrer unendlichen Reihen entwickelt hatte,
noch auf mehrere der folgenden Glieder fortführen und zuſehen,
ob ſich unter dieſen letzten eine Störung von ſehr langer Periode
finde, die den beobachteten Ungleichheiten jener beiden Planeten
entſpricht.

Bei dieſer mühevollen Unterſuchung kam ihm eine andere
wichtige Entdeckung zu ſtatten, die man ſchon früher gemacht
hatte. — Es iſt bereits oben geſagt worden, daß die periodiſchen
Störungen dieſer beiden Planeten durch die Sinus und Coſinus

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[126/0138] Periodiſche Störungen. intereſſanten Gegenſtande, aber auch ohne Erfolg. Dieſe und mehrere andere ausgezeichnete Geometer ſuchten den Grund dieſer Ungleichheit bald in dem Widerſtande des Aethers, in welchem ſich die Planeten bewegen ſollen, bald in den Störungen, welche die Kometen auf dieſelben äußern, bald in der Zeit, welche die Kraft der Schwere brauchen ſoll, von der Sonne bis zu dieſem entfernten Planeten zu gelangen u. dgl. Dieſe Muth- maßungen gaben allerdings zu andern, nicht minder wichtigen Entdeckungen Veranlaſſung, aber ſie ließen doch den Gegenſtand, den man durch ſie ſuchte, in ſeinem Dunkel. In den letzten Decennien des verfloſſenen Jahrhunderts verglich Lambert diejenigen Beobachtungen Saturns und Jupi- ters, die Tycho angeſtellt hatte, mit ſeinen eigenen, und fand, zur noch größeren Ueberraſchung der Aſtronomen, daß, ganz im Widerſpruche mit Halleys Entdeckung, die mittlere Bewegung Saturns ſeit jener Zeit bis auf ſeine Tage ſich beſchleunigt, und die des Jupiter im Gegentheile ſich verzögert habe. Dieß machte viele an der Exiſtenz dieſer beiden Ungleichheiten zweifeln, indem ſie die bloß ſcheinbare Veränderung dieſer beiden Bewegungen bloß der Unvollkommenheit der älteren Beobachtungen zuſchrieben. Allein Laplace, der ſich durch dieſe grundloſen Vermuthungen nicht irren ließ, glaubte vielmehr eben in dieſem äußern Widerſpruche das Daſeyn einer Störung von ſehr langer Periode zu erkennen, durch welche die Bewegungen dieſer beiden Planeten mehrere Jahrhunderte durch abwechſelnd bald beſchleunigt, bald wieder verzögert werden könnten. Um dieſe Ungleichheit aufzuſuchen, mußte er die Geſammtſtörung dieſer beiden Planeten, die man bisher, wie bereits oben geſagt wurde, nur in den erſten, und ſonach größten Gliedern ihrer unendlichen Reihen entwickelt hatte, noch auf mehrere der folgenden Glieder fortführen und zuſehen, ob ſich unter dieſen letzten eine Störung von ſehr langer Periode finde, die den beobachteten Ungleichheiten jener beiden Planeten entſpricht. Bei dieſer mühevollen Unterſuchung kam ihm eine andere wichtige Entdeckung zu ſtatten, die man ſchon früher gemacht hatte. — Es iſt bereits oben geſagt worden, daß die periodiſchen Störungen dieſer beiden Planeten durch die Sinus und Coſinus

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/138>, abgerufen am 19.04.2024.