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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Periodische Störungen.
Gleichung, ist ebenfalls schon von Tycho entdeckt worden. Ihr
Ausdruck ist 0°,19 Sin C, wenn C die mittlere Anomalie (I. §. 140)
der Sonne bezeichnet. Diese Gleichung zeigt, daß dadurch die
Länge des Mondes in den ersten sechs Monaten des Jahrs ver-
mindert, in den andern aber um eben so viel vermehrt wird. Zur
Zeit der mittleren Entfernung der Erde von der Sonne, d. h.
im Anfange des April und Oktober verschwindet diese Störung,
deren Periode sonach gleich der Länge unseres Jahres ist.

Man kann nämlich durch einige einfache geometrische Be-
trachtungen leicht zeigen, daß die Centralkraft (§. 63), welche die
Erde auf den Mond ausübt, daß also auch die elliptische Bewe-
gung dieses Satelliten, durch die Sonne in den Quadraturen um
ihren 1/182sten Theil vermehrt, und in den Syzygien nahe um das
Doppelte, also um ihren 1/91 Theil vermindert, also im Ganzen
mehr verkleinert als vergrößert, d. h. überhaupt verkleinert
werde. Diese im Allgemeinen constante Verminderung der Cen-
tralkraft der Erde vertheilt sich aber in ihrer Wirkung über die
ganze Bahn des Mondes, und ist, in seinem vorzüglichsten Gliede,
dem Cosinus des Winkels C proportional. Wenn aber die Cen-
tralkraft abnimmt, so nimmt auch die Geschwindigkeit des Mon-
des ab, und zwar um eine Größe, die dem Sinus desselben
Winkels proportional ist, woraus die Erklärung der jährlichen
Gleichung des Mondes von selbst folgt.

Dieß sind die drei vorzüglichsten Störungen der Längen des
Mondes. Ihre beträchtliche Größe und die kurzen Zeiträume, in
welchen sie wiederkehren, sind die Ursache, warum sie schon von
unseren Vorgängern, ihrer unvollkommenen Instrumente unge-
achtet, gefunden wurden, obschon ihre wahre Erklärung erst
nach der Entdeckung des Gesetzes der allgemeinen Schwere und
der Auflösung des Problems der drei Körper (§. 74) gegeben
werden konnte.

§. 81. (Mondsstörungen von langer Periode.) Allein es gibt
noch eine große Anzahl anderer Störungen, die in der That viel
kleiner sind, als jene, deren Kenntniß uns aber doch unentbehrlich
war, wenn wir die Bewegung des Mondes genau darstellen, und
dieselbe zur Bestimmung der geographischen Länge, besonders auf
dem Meere, mit Vortheil anwenden sollten. Die Theorie dieser

Periodiſche Störungen.
Gleichung, iſt ebenfalls ſchon von Tycho entdeckt worden. Ihr
Ausdruck iſt 0°,19 Sin C, wenn C die mittlere Anomalie (I. §. 140)
der Sonne bezeichnet. Dieſe Gleichung zeigt, daß dadurch die
Länge des Mondes in den erſten ſechs Monaten des Jahrs ver-
mindert, in den andern aber um eben ſo viel vermehrt wird. Zur
Zeit der mittleren Entfernung der Erde von der Sonne, d. h.
im Anfange des April und Oktober verſchwindet dieſe Störung,
deren Periode ſonach gleich der Länge unſeres Jahres iſt.

Man kann nämlich durch einige einfache geometriſche Be-
trachtungen leicht zeigen, daß die Centralkraft (§. 63), welche die
Erde auf den Mond ausübt, daß alſo auch die elliptiſche Bewe-
gung dieſes Satelliten, durch die Sonne in den Quadraturen um
ihren 1/182ſten Theil vermehrt, und in den Syzygien nahe um das
Doppelte, alſo um ihren 1/91 Theil vermindert, alſo im Ganzen
mehr verkleinert als vergrößert, d. h. überhaupt verkleinert
werde. Dieſe im Allgemeinen conſtante Verminderung der Cen-
tralkraft der Erde vertheilt ſich aber in ihrer Wirkung über die
ganze Bahn des Mondes, und iſt, in ſeinem vorzüglichſten Gliede,
dem Coſinus des Winkels C proportional. Wenn aber die Cen-
tralkraft abnimmt, ſo nimmt auch die Geſchwindigkeit des Mon-
des ab, und zwar um eine Größe, die dem Sinus deſſelben
Winkels proportional iſt, woraus die Erklärung der jährlichen
Gleichung des Mondes von ſelbſt folgt.

Dieß ſind die drei vorzüglichſten Störungen der Längen des
Mondes. Ihre beträchtliche Größe und die kurzen Zeiträume, in
welchen ſie wiederkehren, ſind die Urſache, warum ſie ſchon von
unſeren Vorgängern, ihrer unvollkommenen Inſtrumente unge-
achtet, gefunden wurden, obſchon ihre wahre Erklärung erſt
nach der Entdeckung des Geſetzes der allgemeinen Schwere und
der Auflöſung des Problems der drei Körper (§. 74) gegeben
werden konnte.

§. 81. (Mondsſtörungen von langer Periode.) Allein es gibt
noch eine große Anzahl anderer Störungen, die in der That viel
kleiner ſind, als jene, deren Kenntniß uns aber doch unentbehrlich
war, wenn wir die Bewegung des Mondes genau darſtellen, und
dieſelbe zur Beſtimmung der geographiſchen Länge, beſonders auf
dem Meere, mit Vortheil anwenden ſollten. Die Theorie dieſer

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[121/0133] Periodiſche Störungen. Gleichung, iſt ebenfalls ſchon von Tycho entdeckt worden. Ihr Ausdruck iſt 0°,19 Sin C, wenn C die mittlere Anomalie (I. §. 140) der Sonne bezeichnet. Dieſe Gleichung zeigt, daß dadurch die Länge des Mondes in den erſten ſechs Monaten des Jahrs ver- mindert, in den andern aber um eben ſo viel vermehrt wird. Zur Zeit der mittleren Entfernung der Erde von der Sonne, d. h. im Anfange des April und Oktober verſchwindet dieſe Störung, deren Periode ſonach gleich der Länge unſeres Jahres iſt. Man kann nämlich durch einige einfache geometriſche Be- trachtungen leicht zeigen, daß die Centralkraft (§. 63), welche die Erde auf den Mond ausübt, daß alſo auch die elliptiſche Bewe- gung dieſes Satelliten, durch die Sonne in den Quadraturen um ihren 1/182ſten Theil vermehrt, und in den Syzygien nahe um das Doppelte, alſo um ihren 1/91 Theil vermindert, alſo im Ganzen mehr verkleinert als vergrößert, d. h. überhaupt verkleinert werde. Dieſe im Allgemeinen conſtante Verminderung der Cen- tralkraft der Erde vertheilt ſich aber in ihrer Wirkung über die ganze Bahn des Mondes, und iſt, in ſeinem vorzüglichſten Gliede, dem Coſinus des Winkels C proportional. Wenn aber die Cen- tralkraft abnimmt, ſo nimmt auch die Geſchwindigkeit des Mon- des ab, und zwar um eine Größe, die dem Sinus deſſelben Winkels proportional iſt, woraus die Erklärung der jährlichen Gleichung des Mondes von ſelbſt folgt. Dieß ſind die drei vorzüglichſten Störungen der Längen des Mondes. Ihre beträchtliche Größe und die kurzen Zeiträume, in welchen ſie wiederkehren, ſind die Urſache, warum ſie ſchon von unſeren Vorgängern, ihrer unvollkommenen Inſtrumente unge- achtet, gefunden wurden, obſchon ihre wahre Erklärung erſt nach der Entdeckung des Geſetzes der allgemeinen Schwere und der Auflöſung des Problems der drei Körper (§. 74) gegeben werden konnte. §. 81. (Mondsſtörungen von langer Periode.) Allein es gibt noch eine große Anzahl anderer Störungen, die in der That viel kleiner ſind, als jene, deren Kenntniß uns aber doch unentbehrlich war, wenn wir die Bewegung des Mondes genau darſtellen, und dieſelbe zur Beſtimmung der geographiſchen Länge, beſonders auf dem Meere, mit Vortheil anwenden ſollten. Die Theorie dieſer

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/133>, abgerufen am 19.04.2024.