Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Venus.
Oberfläche der Venus hat 8,376,000 Quadratmeilen, ist daher
nahe gleich 9/10 der Oberfläche der Erde. Das Volum derselben
endlich beträgt 2280 Millionen Kubikmeilen oder 8/10 des Volums
der Erde.

Die siderische Umlaufszeit (I. §. 100) der Venus um die
Sonne beträgt 224,701 Tage, die tropische 224,595 und die syno-
dische (I. § 124) endlich 583,921 Tage. Mit dieser Bewegung
legt sie in jeder Secunde einen Weg von 111,500 P. Fuß oder
von 4,9 d. Meilen zurück. Die Masse dieses Planeten beträgt
9/10 der Erdmasse, und die Dichte dieser Masse ist nur unbedeutend
größer als die der Erde. Der Fall der Körper auf ihrer Ober-
fläche endlich beträgt in der ersten Secunde 15,87 Fuß, also nur
0,7 Fuß mehr, als bei uns.

Man sieht aus allem Vorhergehenden, daß die Venus ein
unserer Erde nahe verwandter Planet ist, indem die bisher auf-
gezählten Eigenschaften derselben von denen unserer Erde nur
wenig verschieden sind. Doch fehlt es auch nicht an Unähnlichkeiten,
wie wir bald näher sehen werden.

§. 54. (Phasen der Venus.) Es ist für sich klar, daß Venus
uns eben solche Lichtabwechslungen zeigen muß, wie Merkur, und
zwar noch viel auffallendere, weil sie uns oft so viel näher ist.
Die Figur 4 kann unverändert auf die Phasen beider Planeten
angewendet werden, und was oben in dieser Beziehung von Merkur
gesagt worden ist, gilt ebenfalls für Venus. Die Phasen des
letzten Planeten bemerkt man schon mit einem sehr mittelmäßigen
Fernrohre, daher sie auch Galilei gleich nach der Entdeckung dieses
Instruments erkannte, und dadurch einen neuen, Jedermann ein-
leuchtenden Beweis für die Wahrheit des Copernicanischen Welt-
systems gab. (I. §. 113.)

§. 55. (Größte Sichtbarkeit der Venus.) Auch Venus entfernt
sich nie stark von der Sonne, daher sie nie sehr weit von,
sondern nur immer in der Nähe der Sonne gesehen werden
kann. In ihrer größten Digression steht sie nahe 48 Grade
von derselben östlich oder westlich ab. Allein dieser bedeutenden
Entfernung von dem Sonnenlichte ungeachtet leuchtet sie doch

5 *

Venus.
Oberfläche der Venus hat 8,376,000 Quadratmeilen, iſt daher
nahe gleich 9/10 der Oberfläche der Erde. Das Volum derſelben
endlich beträgt 2280 Millionen Kubikmeilen oder 8/10 des Volums
der Erde.

Die ſideriſche Umlaufszeit (I. §. 100) der Venus um die
Sonne beträgt 224,701 Tage, die tropiſche 224,595 und die ſyno-
diſche (I. § 124) endlich 583,921 Tage. Mit dieſer Bewegung
legt ſie in jeder Secunde einen Weg von 111,500 P. Fuß oder
von 4,9 d. Meilen zurück. Die Maſſe dieſes Planeten beträgt
9/10 der Erdmaſſe, und die Dichte dieſer Maſſe iſt nur unbedeutend
größer als die der Erde. Der Fall der Körper auf ihrer Ober-
fläche endlich beträgt in der erſten Secunde 15,87 Fuß, alſo nur
0,7 Fuß mehr, als bei uns.

Man ſieht aus allem Vorhergehenden, daß die Venus ein
unſerer Erde nahe verwandter Planet iſt, indem die bisher auf-
gezählten Eigenſchaften derſelben von denen unſerer Erde nur
wenig verſchieden ſind. Doch fehlt es auch nicht an Unähnlichkeiten,
wie wir bald näher ſehen werden.

§. 54. (Phaſen der Venus.) Es iſt für ſich klar, daß Venus
uns eben ſolche Lichtabwechslungen zeigen muß, wie Merkur, und
zwar noch viel auffallendere, weil ſie uns oft ſo viel näher iſt.
Die Figur 4 kann unverändert auf die Phaſen beider Planeten
angewendet werden, und was oben in dieſer Beziehung von Merkur
geſagt worden iſt, gilt ebenfalls für Venus. Die Phaſen des
letzten Planeten bemerkt man ſchon mit einem ſehr mittelmäßigen
Fernrohre, daher ſie auch Galilei gleich nach der Entdeckung dieſes
Inſtruments erkannte, und dadurch einen neuen, Jedermann ein-
leuchtenden Beweis für die Wahrheit des Copernicaniſchen Welt-
ſyſtems gab. (I. §. 113.)

§. 55. (Größte Sichtbarkeit der Venus.) Auch Venus entfernt
ſich nie ſtark von der Sonne, daher ſie nie ſehr weit von,
ſondern nur immer in der Nähe der Sonne geſehen werden
kann. In ihrer größten Digreſſion ſteht ſie nahe 48 Grade
von derſelben öſtlich oder weſtlich ab. Allein dieſer bedeutenden
Entfernung von dem Sonnenlichte ungeachtet leuchtet ſie doch

5 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0077" n="67"/><fw place="top" type="header">Venus.</fw><lb/>
Oberfläche der Venus hat 8,376,000 Quadratmeilen, i&#x017F;t daher<lb/>
nahe gleich 9/10 der Oberfläche der Erde. Das Volum der&#x017F;elben<lb/>
endlich beträgt 2280 Millionen Kubikmeilen oder 8/10 des Volums<lb/>
der Erde.</p><lb/>
            <p>Die &#x017F;ideri&#x017F;che Umlaufszeit (<hi rendition="#aq">I.</hi> §. 100) der Venus um die<lb/>
Sonne beträgt 224,<hi rendition="#sub">701</hi> Tage, die tropi&#x017F;che 224,<hi rendition="#sub">595</hi> und die &#x017F;yno-<lb/>
di&#x017F;che (<hi rendition="#aq">I.</hi> § 124) endlich 583,<hi rendition="#sub">921</hi> Tage. Mit die&#x017F;er Bewegung<lb/>
legt &#x017F;ie in jeder Secunde einen Weg von 111,500 P. Fuß oder<lb/>
von 4,<hi rendition="#sub">9</hi> d. Meilen zurück. Die Ma&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;es Planeten beträgt<lb/>
9/10 der Erdma&#x017F;&#x017F;e, und die Dichte die&#x017F;er Ma&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t nur unbedeutend<lb/>
größer als die der Erde. Der Fall der Körper auf ihrer Ober-<lb/>
fläche endlich beträgt in der er&#x017F;ten Secunde 15,<hi rendition="#sub">87</hi> Fuß, al&#x017F;o nur<lb/>
0,<hi rendition="#sub">7</hi> Fuß mehr, als bei uns.</p><lb/>
            <p>Man &#x017F;ieht aus allem Vorhergehenden, daß die Venus ein<lb/>
un&#x017F;erer Erde nahe verwandter Planet i&#x017F;t, indem die bisher auf-<lb/>
gezählten Eigen&#x017F;chaften der&#x017F;elben von denen un&#x017F;erer Erde nur<lb/>
wenig ver&#x017F;chieden &#x017F;ind. Doch fehlt es auch nicht an Unähnlichkeiten,<lb/>
wie wir bald näher &#x017F;ehen werden.</p><lb/>
            <p>§. 54. (Pha&#x017F;en der Venus.) Es i&#x017F;t für &#x017F;ich klar, daß Venus<lb/>
uns eben &#x017F;olche Lichtabwechslungen zeigen muß, wie Merkur, und<lb/>
zwar noch viel auffallendere, weil &#x017F;ie uns oft &#x017F;o viel näher i&#x017F;t.<lb/>
Die Figur 4 kann unverändert auf die Pha&#x017F;en beider Planeten<lb/>
angewendet werden, und was oben in die&#x017F;er Beziehung von Merkur<lb/>
ge&#x017F;agt worden i&#x017F;t, gilt ebenfalls für Venus. Die Pha&#x017F;en des<lb/>
letzten Planeten bemerkt man &#x017F;chon mit einem &#x017F;ehr mittelmäßigen<lb/>
Fernrohre, daher &#x017F;ie auch Galilei gleich nach der Entdeckung die&#x017F;es<lb/>
In&#x017F;truments erkannte, und dadurch einen neuen, Jedermann ein-<lb/>
leuchtenden Beweis für die Wahrheit des Copernicani&#x017F;chen Welt-<lb/>
&#x017F;y&#x017F;tems gab. (<hi rendition="#aq">I.</hi> §. 113.)</p><lb/>
            <p>§. 55. (Größte Sichtbarkeit der Venus.) Auch Venus entfernt<lb/>
&#x017F;ich nie &#x017F;tark von der Sonne, daher &#x017F;ie nie &#x017F;ehr weit von,<lb/>
&#x017F;ondern nur immer in der Nähe der Sonne ge&#x017F;ehen werden<lb/>
kann. In ihrer größten Digre&#x017F;&#x017F;ion &#x017F;teht &#x017F;ie nahe 48 Grade<lb/>
von der&#x017F;elben ö&#x017F;tlich oder we&#x017F;tlich ab. Allein die&#x017F;er bedeutenden<lb/>
Entfernung von dem Sonnenlichte ungeachtet leuchtet &#x017F;ie doch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">5 *</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0077] Venus. Oberfläche der Venus hat 8,376,000 Quadratmeilen, iſt daher nahe gleich 9/10 der Oberfläche der Erde. Das Volum derſelben endlich beträgt 2280 Millionen Kubikmeilen oder 8/10 des Volums der Erde. Die ſideriſche Umlaufszeit (I. §. 100) der Venus um die Sonne beträgt 224,701 Tage, die tropiſche 224,595 und die ſyno- diſche (I. § 124) endlich 583,921 Tage. Mit dieſer Bewegung legt ſie in jeder Secunde einen Weg von 111,500 P. Fuß oder von 4,9 d. Meilen zurück. Die Maſſe dieſes Planeten beträgt 9/10 der Erdmaſſe, und die Dichte dieſer Maſſe iſt nur unbedeutend größer als die der Erde. Der Fall der Körper auf ihrer Ober- fläche endlich beträgt in der erſten Secunde 15,87 Fuß, alſo nur 0,7 Fuß mehr, als bei uns. Man ſieht aus allem Vorhergehenden, daß die Venus ein unſerer Erde nahe verwandter Planet iſt, indem die bisher auf- gezählten Eigenſchaften derſelben von denen unſerer Erde nur wenig verſchieden ſind. Doch fehlt es auch nicht an Unähnlichkeiten, wie wir bald näher ſehen werden. §. 54. (Phaſen der Venus.) Es iſt für ſich klar, daß Venus uns eben ſolche Lichtabwechslungen zeigen muß, wie Merkur, und zwar noch viel auffallendere, weil ſie uns oft ſo viel näher iſt. Die Figur 4 kann unverändert auf die Phaſen beider Planeten angewendet werden, und was oben in dieſer Beziehung von Merkur geſagt worden iſt, gilt ebenfalls für Venus. Die Phaſen des letzten Planeten bemerkt man ſchon mit einem ſehr mittelmäßigen Fernrohre, daher ſie auch Galilei gleich nach der Entdeckung dieſes Inſtruments erkannte, und dadurch einen neuen, Jedermann ein- leuchtenden Beweis für die Wahrheit des Copernicaniſchen Welt- ſyſtems gab. (I. §. 113.) §. 55. (Größte Sichtbarkeit der Venus.) Auch Venus entfernt ſich nie ſtark von der Sonne, daher ſie nie ſehr weit von, ſondern nur immer in der Nähe der Sonne geſehen werden kann. In ihrer größten Digreſſion ſteht ſie nahe 48 Grade von derſelben öſtlich oder weſtlich ab. Allein dieſer bedeutenden Entfernung von dem Sonnenlichte ungeachtet leuchtet ſie doch 5 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/77
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/77>, abgerufen am 29.03.2024.