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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Kometen.
wachsen mit dieser Annäherung und nehmen auch, mit der Ent-
fernung des Kometen von der Sonne, allmählig wieder ab. Es
ist möglich und selbst nicht unwahrscheinlich, daß viele dieser Him-
melskörper, die in der Nähe der Sonne durch die Hitze derselben
in eine feine Dunstmasse aufgelöst werden, in großen Entfernun-
gen von ihr, durch die dort herrschende Kälte, wieder zu sehr klei-
nen und festen Körpern concentrirt werden.

Diese Schweife der Kometen sind oft sehr lang und verbreiten
sich über einen großen Theil des Himmels. Der Komet von 1456
hatte einen Schweif, der sich über 60 Grade erstreckte, also den
dritten Theil des uns sichtbaren Himmels einnahm. Zu Keplers
Zeiten, i. J. 1618, im ersten Jahre des dreißigjährigen Krieges,
erschien ein Komet, dessen Schweif eine Länge von mehr als 100
Graden hatte. Auch der vom Jahre 1769 hatte einen über 90 Grade
langen Schweif.

Die Größe und Gestalt dieser Schweife ist übrigens, auch bei
demselben Kometen und während derselben Erscheinung desselben,
öfters verschieden. Der Halley'sche Komet, von dem wir später
mehr sprechen werden, erschien i. J. 1456, wo er der Erde näher
vorbeiging, sehr groß und hell erleuchtet, cometa horrendae
magnitudinis,
wie der Chronist jener Zeit ihn beschrieb. Sein
Schweif hatte eine Länge von 60 Graden. In einer nicht viel
geringeren Pracht zeigte er sich in seinen zwei nächstfolgenden
Besuchen, in den Jahren 1531 und 1607. Aber bei seiner dritten
Wiederkunft, i. J. 1682, erschien er schon schwächer und kleiner,
und seine letzte Erscheinung v. J. 1759 war noch weniger ausge-
zeichnet. -- Ueberhaupt erscheinen die Kometen und ihre Schweife
immer am größten, einige Zeit nach dem Durchgange durch ihr
Perihelium, zum Beweise, daß die große Hitze, welche sie in dieser
Nähe der Sonne erleiden, die eigentliche Ursache ihrer Entwick-
lung und Ausdehnung ist. Vielleicht würde es unserer Erde,
wenn sie sich der Sonne so sehr nähern könnte, nicht besser gehen;
sie würde wahrscheinlich auch glähend werden und wie erhitztes
Metall in Fluß gerathen, das Wasser der Flüsse und Meere würde
zu kochen anfangen und sich in Dunstgestalt erheben, und unsere
Atmosphäre würde sich auf eine große Höhe über die Erde erstrecken,

Kometen.
wachſen mit dieſer Annäherung und nehmen auch, mit der Ent-
fernung des Kometen von der Sonne, allmählig wieder ab. Es
iſt möglich und ſelbſt nicht unwahrſcheinlich, daß viele dieſer Him-
melskörper, die in der Nähe der Sonne durch die Hitze derſelben
in eine feine Dunſtmaſſe aufgelöst werden, in großen Entfernun-
gen von ihr, durch die dort herrſchende Kälte, wieder zu ſehr klei-
nen und feſten Körpern concentrirt werden.

Dieſe Schweife der Kometen ſind oft ſehr lang und verbreiten
ſich über einen großen Theil des Himmels. Der Komet von 1456
hatte einen Schweif, der ſich über 60 Grade erſtreckte, alſo den
dritten Theil des uns ſichtbaren Himmels einnahm. Zu Keplers
Zeiten, i. J. 1618, im erſten Jahre des dreißigjährigen Krieges,
erſchien ein Komet, deſſen Schweif eine Länge von mehr als 100
Graden hatte. Auch der vom Jahre 1769 hatte einen über 90 Grade
langen Schweif.

Die Größe und Geſtalt dieſer Schweife iſt übrigens, auch bei
demſelben Kometen und während derſelben Erſcheinung deſſelben,
öfters verſchieden. Der Halley’ſche Komet, von dem wir ſpäter
mehr ſprechen werden, erſchien i. J. 1456, wo er der Erde näher
vorbeiging, ſehr groß und hell erleuchtet, cometa horrendae
magnitudinis,
wie der Chroniſt jener Zeit ihn beſchrieb. Sein
Schweif hatte eine Länge von 60 Graden. In einer nicht viel
geringeren Pracht zeigte er ſich in ſeinen zwei nächſtfolgenden
Beſuchen, in den Jahren 1531 und 1607. Aber bei ſeiner dritten
Wiederkunft, i. J. 1682, erſchien er ſchon ſchwächer und kleiner,
und ſeine letzte Erſcheinung v. J. 1759 war noch weniger ausge-
zeichnet. — Ueberhaupt erſcheinen die Kometen und ihre Schweife
immer am größten, einige Zeit nach dem Durchgange durch ihr
Perihelium, zum Beweiſe, daß die große Hitze, welche ſie in dieſer
Nähe der Sonne erleiden, die eigentliche Urſache ihrer Entwick-
lung und Ausdehnung iſt. Vielleicht würde es unſerer Erde,
wenn ſie ſich der Sonne ſo ſehr nähern könnte, nicht beſſer gehen;
ſie würde wahrſcheinlich auch glähend werden und wie erhitztes
Metall in Fluß gerathen, das Waſſer der Flüſſe und Meere würde
zu kochen anfangen und ſich in Dunſtgeſtalt erheben, und unſere
Atmoſphäre würde ſich auf eine große Höhe über die Erde erſtrecken,

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[233/0243] Kometen. wachſen mit dieſer Annäherung und nehmen auch, mit der Ent- fernung des Kometen von der Sonne, allmählig wieder ab. Es iſt möglich und ſelbſt nicht unwahrſcheinlich, daß viele dieſer Him- melskörper, die in der Nähe der Sonne durch die Hitze derſelben in eine feine Dunſtmaſſe aufgelöst werden, in großen Entfernun- gen von ihr, durch die dort herrſchende Kälte, wieder zu ſehr klei- nen und feſten Körpern concentrirt werden. Dieſe Schweife der Kometen ſind oft ſehr lang und verbreiten ſich über einen großen Theil des Himmels. Der Komet von 1456 hatte einen Schweif, der ſich über 60 Grade erſtreckte, alſo den dritten Theil des uns ſichtbaren Himmels einnahm. Zu Keplers Zeiten, i. J. 1618, im erſten Jahre des dreißigjährigen Krieges, erſchien ein Komet, deſſen Schweif eine Länge von mehr als 100 Graden hatte. Auch der vom Jahre 1769 hatte einen über 90 Grade langen Schweif. Die Größe und Geſtalt dieſer Schweife iſt übrigens, auch bei demſelben Kometen und während derſelben Erſcheinung deſſelben, öfters verſchieden. Der Halley’ſche Komet, von dem wir ſpäter mehr ſprechen werden, erſchien i. J. 1456, wo er der Erde näher vorbeiging, ſehr groß und hell erleuchtet, cometa horrendae magnitudinis, wie der Chroniſt jener Zeit ihn beſchrieb. Sein Schweif hatte eine Länge von 60 Graden. In einer nicht viel geringeren Pracht zeigte er ſich in ſeinen zwei nächſtfolgenden Beſuchen, in den Jahren 1531 und 1607. Aber bei ſeiner dritten Wiederkunft, i. J. 1682, erſchien er ſchon ſchwächer und kleiner, und ſeine letzte Erſcheinung v. J. 1759 war noch weniger ausge- zeichnet. — Ueberhaupt erſcheinen die Kometen und ihre Schweife immer am größten, einige Zeit nach dem Durchgange durch ihr Perihelium, zum Beweiſe, daß die große Hitze, welche ſie in dieſer Nähe der Sonne erleiden, die eigentliche Urſache ihrer Entwick- lung und Ausdehnung iſt. Vielleicht würde es unſerer Erde, wenn ſie ſich der Sonne ſo ſehr nähern könnte, nicht beſſer gehen; ſie würde wahrſcheinlich auch glähend werden und wie erhitztes Metall in Fluß gerathen, das Waſſer der Flüſſe und Meere würde zu kochen anfangen und ſich in Dunſtgeſtalt erheben, und unſere Atmoſphäre würde ſich auf eine große Höhe über die Erde erſtrecken,

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/243>, abgerufen am 29.03.2024.