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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Die Monde der drei äußersten Planeten.
Entfernung Jupiters von der Sonne ist nämlich der Schattenkegel,
den dieser Planet hinter sich wirf, viel länger, und wegen der
ungemeinen Größe Jupiters ist sein Schatten auch viel breiter, als
der der Erde. Diese Satelliten selbst sind überdieß gegen ihren
Hauptplaneten viel kleiner, als der Mond gegen die Erde, ihre
Bahnen sind viel weniger gegen die Ecliptik geneigt und auch
verhältnißmäßig bedeutend kleiner, als die Bahn unseres Mondes.
Aus diesen Gründen gehen die drei ersten oder nächsten Satelliten
Jupiters, so oft sie bei a b mit der Sonne in Opposition sind,
immer durch den Schatten des Planeten, oder sie werden bei
jedem Neumonde verfinstert und selbst der vierte muß, wenn er
ja zuweilen diesem Schatten oben oder unten vorbeigeht, den Rand
desselben meistens streifen. Aber der vorzüglichste Unterschied
zwischen den Finsternissen dieser Satelliten und unseres Mondes
besteht darin, daß wir jene nicht, wie diese, aus dem Mittelpunkte
der Bewegung dieser Satelliten, sondern von irgend einem Punkte
A, B, C der Erdbahn sehen, der nicht in der Richtung der geraden
Linie liegt, welche die Sonne, den Planeten und den Satelliten
mit einander verbindet, so daß also die Schattenaxe I N zu ver-
schiedenen Zeiten auch eine verschiedene Lage gegen die Gesichts-
linie haben wird, die von der Erde nach Jupiter geht. Dieser
Umstand macht zwar keinen Unterschied in der absoluten Zeit,
wann diese Mondesfinsternisse bei a b anfangen und enden, denn
da sie wahre Beraubungen des nur geborgten Lichtes der Satelliten
sind, so müssen dieselben aus allen Orten in demselben Augenblicke
gesehen werden, aber er hat dafür einen desto größeren Einfluß
auf die Sichtbarkeit dieser Finsternisse, wie wir sogleich näher
sehen werden.

Der Satellit wird in dem Augenblicke verfinstert, wo er in dem
Punkte a in den Schattenkegel Jupiters tritt, aber nicht plötzlich, da der
Satellit zuerst in den Halbschatten tritt und doch immer einen beträcht-
lichen Durchmesser hat und daher nur nach und nach in den Schatten
treten oder allmählig sich unsern Blicken entziehen kann. Diese Zeit
der völligen Extinction seines Lichtes wird so groß seyn, als diejenige
Zeit, die der Satellit braucht, in seiner Bahn einen Bogen, so
groß als sein eigener Durchmesser, zu beschreiben, oder eigentlich

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Die Monde der drei äußerſten Planeten.
Entfernung Jupiters von der Sonne iſt nämlich der Schattenkegel,
den dieſer Planet hinter ſich wirf, viel länger, und wegen der
ungemeinen Größe Jupiters iſt ſein Schatten auch viel breiter, als
der der Erde. Dieſe Satelliten ſelbſt ſind überdieß gegen ihren
Hauptplaneten viel kleiner, als der Mond gegen die Erde, ihre
Bahnen ſind viel weniger gegen die Ecliptik geneigt und auch
verhältnißmäßig bedeutend kleiner, als die Bahn unſeres Mondes.
Aus dieſen Gründen gehen die drei erſten oder nächſten Satelliten
Jupiters, ſo oft ſie bei a b mit der Sonne in Oppoſition ſind,
immer durch den Schatten des Planeten, oder ſie werden bei
jedem Neumonde verfinſtert und ſelbſt der vierte muß, wenn er
ja zuweilen dieſem Schatten oben oder unten vorbeigeht, den Rand
deſſelben meiſtens ſtreifen. Aber der vorzüglichſte Unterſchied
zwiſchen den Finſterniſſen dieſer Satelliten und unſeres Mondes
beſteht darin, daß wir jene nicht, wie dieſe, aus dem Mittelpunkte
der Bewegung dieſer Satelliten, ſondern von irgend einem Punkte
A, B, C der Erdbahn ſehen, der nicht in der Richtung der geraden
Linie liegt, welche die Sonne, den Planeten und den Satelliten
mit einander verbindet, ſo daß alſo die Schattenaxe I N zu ver-
ſchiedenen Zeiten auch eine verſchiedene Lage gegen die Geſichts-
linie haben wird, die von der Erde nach Jupiter geht. Dieſer
Umſtand macht zwar keinen Unterſchied in der abſoluten Zeit,
wann dieſe Mondesfinſterniſſe bei a b anfangen und enden, denn
da ſie wahre Beraubungen des nur geborgten Lichtes der Satelliten
ſind, ſo müſſen dieſelben aus allen Orten in demſelben Augenblicke
geſehen werden, aber er hat dafür einen deſto größeren Einfluß
auf die Sichtbarkeit dieſer Finſterniſſe, wie wir ſogleich näher
ſehen werden.

Der Satellit wird in dem Augenblicke verfinſtert, wo er in dem
Punkte a in den Schattenkegel Jupiters tritt, aber nicht plötzlich, da der
Satellit zuerſt in den Halbſchatten tritt und doch immer einen beträcht-
lichen Durchmeſſer hat und daher nur nach und nach in den Schatten
treten oder allmählig ſich unſern Blicken entziehen kann. Dieſe Zeit
der völligen Extinction ſeines Lichtes wird ſo groß ſeyn, als diejenige
Zeit, die der Satellit braucht, in ſeiner Bahn einen Bogen, ſo
groß als ſein eigener Durchmeſſer, zu beſchreiben, oder eigentlich

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[211/0221] Die Monde der drei äußerſten Planeten. Entfernung Jupiters von der Sonne iſt nämlich der Schattenkegel, den dieſer Planet hinter ſich wirf, viel länger, und wegen der ungemeinen Größe Jupiters iſt ſein Schatten auch viel breiter, als der der Erde. Dieſe Satelliten ſelbſt ſind überdieß gegen ihren Hauptplaneten viel kleiner, als der Mond gegen die Erde, ihre Bahnen ſind viel weniger gegen die Ecliptik geneigt und auch verhältnißmäßig bedeutend kleiner, als die Bahn unſeres Mondes. Aus dieſen Gründen gehen die drei erſten oder nächſten Satelliten Jupiters, ſo oft ſie bei a b mit der Sonne in Oppoſition ſind, immer durch den Schatten des Planeten, oder ſie werden bei jedem Neumonde verfinſtert und ſelbſt der vierte muß, wenn er ja zuweilen dieſem Schatten oben oder unten vorbeigeht, den Rand deſſelben meiſtens ſtreifen. Aber der vorzüglichſte Unterſchied zwiſchen den Finſterniſſen dieſer Satelliten und unſeres Mondes beſteht darin, daß wir jene nicht, wie dieſe, aus dem Mittelpunkte der Bewegung dieſer Satelliten, ſondern von irgend einem Punkte A, B, C der Erdbahn ſehen, der nicht in der Richtung der geraden Linie liegt, welche die Sonne, den Planeten und den Satelliten mit einander verbindet, ſo daß alſo die Schattenaxe I N zu ver- ſchiedenen Zeiten auch eine verſchiedene Lage gegen die Geſichts- linie haben wird, die von der Erde nach Jupiter geht. Dieſer Umſtand macht zwar keinen Unterſchied in der abſoluten Zeit, wann dieſe Mondesfinſterniſſe bei a b anfangen und enden, denn da ſie wahre Beraubungen des nur geborgten Lichtes der Satelliten ſind, ſo müſſen dieſelben aus allen Orten in demſelben Augenblicke geſehen werden, aber er hat dafür einen deſto größeren Einfluß auf die Sichtbarkeit dieſer Finſterniſſe, wie wir ſogleich näher ſehen werden. Der Satellit wird in dem Augenblicke verfinſtert, wo er in dem Punkte a in den Schattenkegel Jupiters tritt, aber nicht plötzlich, da der Satellit zuerſt in den Halbſchatten tritt und doch immer einen beträcht- lichen Durchmeſſer hat und daher nur nach und nach in den Schatten treten oder allmählig ſich unſern Blicken entziehen kann. Dieſe Zeit der völligen Extinction ſeines Lichtes wird ſo groß ſeyn, als diejenige Zeit, die der Satellit braucht, in ſeiner Bahn einen Bogen, ſo groß als ſein eigener Durchmeſſer, zu beſchreiben, oder eigentlich 14 *

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/221>, abgerufen am 19.04.2024.