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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Der Mond.
die also, da der so viel kleinere Mond nur einen Halbmesser von
233 Meilen hat, im Verhältniß zu diesem Halbmesser nur den
214ten Theil desselben betragen, d. h. mit andern Worten: die
Berge im Mond sind verhältnißmäßig zu der Größe desselben
viermal höher, als die Berge auf der Erde. Welche Naturkraft
hat diese großen Massen auf dem Monde bis zu dieser entsetzlichen
Höhe aufgethürmt!

Wir werden weiter unten sehen, daß die Masse des Monds
nahe den 70sten Theil der Erdmasse beträgt, und daß die Körper
auf der Oberfläche desselben in der ersten Secunde nur durch
2 4/5 Fuß also nahe fünfmahl weniger tief fallen, als auf der Erde,
daß also auch die Schwere oder die Kraft, mit welcher der Mond
alle Körper auf seiner Oberfläche an sich zieht, nur den fünften
Theil von der Schwere der Erde beträgt. Daraus folgt, daß
unser Schießpulver, auf den Mond gebracht, daselbst viel größere
Schußweiten, als bei uns, erzeugen würde. Auf der Erde würde
eine Kanonenkugel, die mit einer anfänglichen Geschwindigkeit von
800 Fuß in einer Secunde senkrecht in die Höhe geschossen wird,
etwa 26 Secunden steigen, und eine Höhe von 10600 Fuß errei-
chen, eh' sie wieder anfängt, zur Erde zurückzukehren. Auf den
Mond aber würde sie mit derselben anfänglichen Geschwindigkeit
durch volle 160 Secunden aufsteigen und eine Höhe von 64000
Fuß erreichen, wenn man den Widerstand der Luft u. dgl. hier
außer Acht läßt. Wenn daher im Innern des Monds eben solche
Kräfte, elastische Dämpfe u. dgl. wirken, wie in der Erde und
wenn die Cohäsionskräfte der Körper dieser beiden Gestirne nahe
dieselben sind, so werden diese Kräfte auch dort viel größere
Wirkungen hervorbringen, wo die gegenwirkende Kraft der Schwere
so viel kleiner ist und jene hohen Gebirge sind vielleicht eine un-
mittelbare Folge dieser Kräfte.

§. 135. (Zwei Gattungen von Mondsbergen.) Diese Monds-
gebirge sind im allgemeinen zweierlei Art, nämlich Ringgebirge
und Bergketten. Die Ringgebirge haben meistens die Gestalt
von oft sehr regelmäßigen, kreisförmigen, ausgetrockneten Teichen,
die rings mit einem hohen Walle umgeben sind, oft viele Qua-
dratmeilen große Flächen einschließen und in der Mitte dieser Fläche

Der Mond.
die alſo, da der ſo viel kleinere Mond nur einen Halbmeſſer von
233 Meilen hat, im Verhältniß zu dieſem Halbmeſſer nur den
214ten Theil deſſelben betragen, d. h. mit andern Worten: die
Berge im Mond ſind verhältnißmäßig zu der Größe deſſelben
viermal höher, als die Berge auf der Erde. Welche Naturkraft
hat dieſe großen Maſſen auf dem Monde bis zu dieſer entſetzlichen
Höhe aufgethürmt!

Wir werden weiter unten ſehen, daß die Maſſe des Monds
nahe den 70ſten Theil der Erdmaſſe beträgt, und daß die Körper
auf der Oberfläche deſſelben in der erſten Secunde nur durch
2⅘ Fuß alſo nahe fünfmahl weniger tief fallen, als auf der Erde,
daß alſo auch die Schwere oder die Kraft, mit welcher der Mond
alle Körper auf ſeiner Oberfläche an ſich zieht, nur den fünften
Theil von der Schwere der Erde beträgt. Daraus folgt, daß
unſer Schießpulver, auf den Mond gebracht, daſelbſt viel größere
Schußweiten, als bei uns, erzeugen würde. Auf der Erde würde
eine Kanonenkugel, die mit einer anfänglichen Geſchwindigkeit von
800 Fuß in einer Secunde ſenkrecht in die Höhe geſchoſſen wird,
etwa 26 Secunden ſteigen, und eine Höhe von 10600 Fuß errei-
chen, eh’ ſie wieder anfängt, zur Erde zurückzukehren. Auf den
Mond aber würde ſie mit derſelben anfänglichen Geſchwindigkeit
durch volle 160 Secunden aufſteigen und eine Höhe von 64000
Fuß erreichen, wenn man den Widerſtand der Luft u. dgl. hier
außer Acht läßt. Wenn daher im Innern des Monds eben ſolche
Kräfte, elaſtiſche Dämpfe u. dgl. wirken, wie in der Erde und
wenn die Cohäſionskräfte der Körper dieſer beiden Geſtirne nahe
dieſelben ſind, ſo werden dieſe Kräfte auch dort viel größere
Wirkungen hervorbringen, wo die gegenwirkende Kraft der Schwere
ſo viel kleiner iſt und jene hohen Gebirge ſind vielleicht eine un-
mittelbare Folge dieſer Kräfte.

§. 135. (Zwei Gattungen von Mondsbergen.) Dieſe Monds-
gebirge ſind im allgemeinen zweierlei Art, nämlich Ringgebirge
und Bergketten. Die Ringgebirge haben meiſtens die Geſtalt
von oft ſehr regelmäßigen, kreisförmigen, ausgetrockneten Teichen,
die rings mit einem hohen Walle umgeben ſind, oft viele Qua-
dratmeilen große Flächen einſchließen und in der Mitte dieſer Fläche

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[189/0199] Der Mond. die alſo, da der ſo viel kleinere Mond nur einen Halbmeſſer von 233 Meilen hat, im Verhältniß zu dieſem Halbmeſſer nur den 214ten Theil deſſelben betragen, d. h. mit andern Worten: die Berge im Mond ſind verhältnißmäßig zu der Größe deſſelben viermal höher, als die Berge auf der Erde. Welche Naturkraft hat dieſe großen Maſſen auf dem Monde bis zu dieſer entſetzlichen Höhe aufgethürmt! Wir werden weiter unten ſehen, daß die Maſſe des Monds nahe den 70ſten Theil der Erdmaſſe beträgt, und daß die Körper auf der Oberfläche deſſelben in der erſten Secunde nur durch 2⅘ Fuß alſo nahe fünfmahl weniger tief fallen, als auf der Erde, daß alſo auch die Schwere oder die Kraft, mit welcher der Mond alle Körper auf ſeiner Oberfläche an ſich zieht, nur den fünften Theil von der Schwere der Erde beträgt. Daraus folgt, daß unſer Schießpulver, auf den Mond gebracht, daſelbſt viel größere Schußweiten, als bei uns, erzeugen würde. Auf der Erde würde eine Kanonenkugel, die mit einer anfänglichen Geſchwindigkeit von 800 Fuß in einer Secunde ſenkrecht in die Höhe geſchoſſen wird, etwa 26 Secunden ſteigen, und eine Höhe von 10600 Fuß errei- chen, eh’ ſie wieder anfängt, zur Erde zurückzukehren. Auf den Mond aber würde ſie mit derſelben anfänglichen Geſchwindigkeit durch volle 160 Secunden aufſteigen und eine Höhe von 64000 Fuß erreichen, wenn man den Widerſtand der Luft u. dgl. hier außer Acht läßt. Wenn daher im Innern des Monds eben ſolche Kräfte, elaſtiſche Dämpfe u. dgl. wirken, wie in der Erde und wenn die Cohäſionskräfte der Körper dieſer beiden Geſtirne nahe dieſelben ſind, ſo werden dieſe Kräfte auch dort viel größere Wirkungen hervorbringen, wo die gegenwirkende Kraft der Schwere ſo viel kleiner iſt und jene hohen Gebirge ſind vielleicht eine un- mittelbare Folge dieſer Kräfte. §. 135. (Zwei Gattungen von Mondsbergen.) Dieſe Monds- gebirge ſind im allgemeinen zweierlei Art, nämlich Ringgebirge und Bergketten. Die Ringgebirge haben meiſtens die Geſtalt von oft ſehr regelmäßigen, kreisförmigen, ausgetrockneten Teichen, die rings mit einem hohen Walle umgeben ſind, oft viele Qua- dratmeilen große Flächen einſchließen und in der Mitte dieſer Fläche

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/199>, abgerufen am 25.04.2024.