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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Die Sonne.
außerordentliche seyn müsse, weil hier die Masse der Sonne durch
die Kraft ihrer eigenen Anziehung sehr stark zusammengedrückt
wird. Es ist aber bekannt, daß die Temperatur aller Körper,
wenn sie einer heftigen Compression ausgesetzt werden, sehr hoch
ist, woraus folgt, daß im Innern der Sonne auch eine sehr große
Hitze herrschen muß, und daß vielleicht nur die durch diese Hitze
vermehrte Elasticität der Sonnenmasse hindert, daß sie nicht
durch ihre eigene Attractionskraft in einen sehr kleinen Körper
zusammengedrückt werde.

§. 6. (Physische Beschaffenheit der Sonne.) Es würde ohne
Zweifel sehr interessant seyn, die physische Beschaffenheit dieses
Centralkörpers unseres Planetensystems, auch nur die seiner Ober-
fläche, näher zu kennen. Allein er ist zu Untersuchungen dieser
Art, selbst für unsere besten Fernröhre, zu weit entfernt, als daß
wir auf große Erfolge rechnen könnten. Nach den neuesten Un-
tersuchungen beträgt die Horizontalparallaxe (I. §. 63.) derselben
für die Bewohner unseres Aequators nur 8.578 Secunden, woraus
die mittlere Entfernung derselben von der Erde gleich 20 665,800
deutschen Meilen abgeleitet wird, eine Distanz, welche eine Kano-
nenkugel, wenn sie auch in jeder Secunde 1500 Fuß durchlaufen
würde, erst in zehn ganzen Jahren zurücklegen könnte. Welche
Aussichten haben wir unter solchen Verhältnissen zu großen Ent-
deckungen über die Oberfläche der Sonne, wir, die wir selbst die
Oberfläche der uns so nahen Erde noch immer so wenig kennen.

Demungeachtet werden wir durch die Wichtigkeit dieses größten
aller Himmelskörper, den wir näher kennen, und noch mehr viel-
leicht durch die Wohlthaten, die wir ihm täglich und stündlich
verdanken, gleichsam aufgefordert, ihn wenigstens so weit, als
es unsere beschränkten Kräfte erlauben, zu untersuchen. Unter
diesen Wohlthaten haben wir bereits oben als die zwei vorzüg-
lichsten Licht und Wärme genannt. Es wird nicht unan-
gemessen seyn, bei jedem dieser wahrhaft himmlischen Geschenke
etwas länger zu verweilen, um so mehr, da verschiedene wesent-
liche Eigenschaften derselben erst in den neuesten Zeiten entdeckt,
und daher vielleicht noch nicht allgemein genug bekannt sind.


Die Sonne.
außerordentliche ſeyn müſſe, weil hier die Maſſe der Sonne durch
die Kraft ihrer eigenen Anziehung ſehr ſtark zuſammengedrückt
wird. Es iſt aber bekannt, daß die Temperatur aller Körper,
wenn ſie einer heftigen Compreſſion ausgeſetzt werden, ſehr hoch
iſt, woraus folgt, daß im Innern der Sonne auch eine ſehr große
Hitze herrſchen muß, und daß vielleicht nur die durch dieſe Hitze
vermehrte Elaſticität der Sonnenmaſſe hindert, daß ſie nicht
durch ihre eigene Attractionskraft in einen ſehr kleinen Körper
zuſammengedrückt werde.

§. 6. (Phyſiſche Beſchaffenheit der Sonne.) Es würde ohne
Zweifel ſehr intereſſant ſeyn, die phyſiſche Beſchaffenheit dieſes
Centralkörpers unſeres Planetenſyſtems, auch nur die ſeiner Ober-
fläche, näher zu kennen. Allein er iſt zu Unterſuchungen dieſer
Art, ſelbſt für unſere beſten Fernröhre, zu weit entfernt, als daß
wir auf große Erfolge rechnen könnten. Nach den neueſten Un-
terſuchungen beträgt die Horizontalparallaxe (I. §. 63.) derſelben
für die Bewohner unſeres Aequators nur 8.578 Secunden, woraus
die mittlere Entfernung derſelben von der Erde gleich 20 665,800
deutſchen Meilen abgeleitet wird, eine Diſtanz, welche eine Kano-
nenkugel, wenn ſie auch in jeder Secunde 1500 Fuß durchlaufen
würde, erſt in zehn ganzen Jahren zurücklegen könnte. Welche
Ausſichten haben wir unter ſolchen Verhältniſſen zu großen Ent-
deckungen über die Oberfläche der Sonne, wir, die wir ſelbſt die
Oberfläche der uns ſo nahen Erde noch immer ſo wenig kennen.

Demungeachtet werden wir durch die Wichtigkeit dieſes größten
aller Himmelskörper, den wir näher kennen, und noch mehr viel-
leicht durch die Wohlthaten, die wir ihm täglich und ſtündlich
verdanken, gleichſam aufgefordert, ihn wenigſtens ſo weit, als
es unſere beſchränkten Kräfte erlauben, zu unterſuchen. Unter
dieſen Wohlthaten haben wir bereits oben als die zwei vorzüg-
lichſten Licht und Wärme genannt. Es wird nicht unan-
gemeſſen ſeyn, bei jedem dieſer wahrhaft himmliſchen Geſchenke
etwas länger zu verweilen, um ſo mehr, da verſchiedene weſent-
liche Eigenſchaften derſelben erſt in den neueſten Zeiten entdeckt,
und daher vielleicht noch nicht allgemein genug bekannt ſind.


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[8/0018] Die Sonne. außerordentliche ſeyn müſſe, weil hier die Maſſe der Sonne durch die Kraft ihrer eigenen Anziehung ſehr ſtark zuſammengedrückt wird. Es iſt aber bekannt, daß die Temperatur aller Körper, wenn ſie einer heftigen Compreſſion ausgeſetzt werden, ſehr hoch iſt, woraus folgt, daß im Innern der Sonne auch eine ſehr große Hitze herrſchen muß, und daß vielleicht nur die durch dieſe Hitze vermehrte Elaſticität der Sonnenmaſſe hindert, daß ſie nicht durch ihre eigene Attractionskraft in einen ſehr kleinen Körper zuſammengedrückt werde. §. 6. (Phyſiſche Beſchaffenheit der Sonne.) Es würde ohne Zweifel ſehr intereſſant ſeyn, die phyſiſche Beſchaffenheit dieſes Centralkörpers unſeres Planetenſyſtems, auch nur die ſeiner Ober- fläche, näher zu kennen. Allein er iſt zu Unterſuchungen dieſer Art, ſelbſt für unſere beſten Fernröhre, zu weit entfernt, als daß wir auf große Erfolge rechnen könnten. Nach den neueſten Un- terſuchungen beträgt die Horizontalparallaxe (I. §. 63.) derſelben für die Bewohner unſeres Aequators nur 8.578 Secunden, woraus die mittlere Entfernung derſelben von der Erde gleich 20 665,800 deutſchen Meilen abgeleitet wird, eine Diſtanz, welche eine Kano- nenkugel, wenn ſie auch in jeder Secunde 1500 Fuß durchlaufen würde, erſt in zehn ganzen Jahren zurücklegen könnte. Welche Ausſichten haben wir unter ſolchen Verhältniſſen zu großen Ent- deckungen über die Oberfläche der Sonne, wir, die wir ſelbſt die Oberfläche der uns ſo nahen Erde noch immer ſo wenig kennen. Demungeachtet werden wir durch die Wichtigkeit dieſes größten aller Himmelskörper, den wir näher kennen, und noch mehr viel- leicht durch die Wohlthaten, die wir ihm täglich und ſtündlich verdanken, gleichſam aufgefordert, ihn wenigſtens ſo weit, als es unſere beſchränkten Kräfte erlauben, zu unterſuchen. Unter dieſen Wohlthaten haben wir bereits oben als die zwei vorzüg- lichſten Licht und Wärme genannt. Es wird nicht unan- gemeſſen ſeyn, bei jedem dieſer wahrhaft himmliſchen Geſchenke etwas länger zu verweilen, um ſo mehr, da verſchiedene weſent- liche Eigenſchaften derſelben erſt in den neueſten Zeiten entdeckt, und daher vielleicht noch nicht allgemein genug bekannt ſind.

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/18>, abgerufen am 29.03.2024.