Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
Saturn und sein Ring.

One Moon to us reflects its cheerful light:
There seven attendants brighten up the night,
Here the blue firmament bedecked with stars;
There over head a lucid arch appears.

Barker.

Aber ich besorge sehr, daß unsere Dichter, wenn sie auf diesen
Planeten versetzt werden sollten, sich sehr bald wieder zu uns
zurückwünschen würden. So sehr sie auch ihre nächtliche Lampe
lieben mögen, die kleine Sonne, wie sie dort erscheint, und die
matte Beleuchtung derselben, die den hellsten Mittag Saturns
nur unserer tiefsten Dämmerung gleich macht, würden ihnen wohl
wenig behagen. Der äußerst schnelle Wechsel des Tages mit der
Nacht, und der Unterschied dieser beiden Zeiten, der dort viel
größer ist, als bei uns, und endlich die vier streng von einander
gesonderten Jahreszeiten, deren jede 71/2 unserer Jahre, also dreißig
mal länger, als bei uns, dauert, alle diese Verhältnisse würden,
wenigstens auf unsere vegetabile und animalische Welt und auf
unser Wohlbefinden ohne Zweifel einen sehr ungünstigen Einfluß
äußern, besonders wenn wir die von dem Aequator Saturns ent-
ferntern Gegenden bewohnen müßten, da bei weitem der größte
Theil einer jeden Hemisphäre dieses Planeten, zur Zeit seines
Winters, durch volle vierzehn unserer Jahre in der Finsterniß der
Nacht begraben bleibt.

Die Schönheit, welche uns der Anblick jenes Ringes gewähren
und der Nutzen, den wir von ihm ziehen könnten, würde uns
wohl nur wenig Ersatz für den Verlust der andern Güter geben,
an die wir auf unserer Erde so sehr gewohnt, die uns hier so un-
entbehrlich geworden sind.

Da die Ebene dieses Ringes mit der des Aequators des
Planeten zusammenfällt, so geht er für die Bewobner dieses Aequa-
tors, für die heiße Zone, wenn sie dort anders noch diesen Namen
verdient, ganz verloren, denn er schwebt für diese Bewohner immer
in ihrem Scheitel, und sie sehen ihn nie der breiten Fläche, sondern
bloß der Kante nach, der inneren Kante, die von der Sonne nie
beleuchtet wird. Für sie zieht er sich also nur als eine dunkle

Saturn und ſein Ring.

One Moon to us reflects its cheerful light:
There seven attendants brighten up the night,
Here the blue firmament bedecked with stars;
There over head a lucid arch appears.

Barker.

Aber ich beſorge ſehr, daß unſere Dichter, wenn ſie auf dieſen
Planeten verſetzt werden ſollten, ſich ſehr bald wieder zu uns
zurückwünſchen würden. So ſehr ſie auch ihre nächtliche Lampe
lieben mögen, die kleine Sonne, wie ſie dort erſcheint, und die
matte Beleuchtung derſelben, die den hellſten Mittag Saturns
nur unſerer tiefſten Dämmerung gleich macht, würden ihnen wohl
wenig behagen. Der äußerſt ſchnelle Wechſel des Tages mit der
Nacht, und der Unterſchied dieſer beiden Zeiten, der dort viel
größer iſt, als bei uns, und endlich die vier ſtreng von einander
geſonderten Jahreszeiten, deren jede 7½ unſerer Jahre, alſo dreißig
mal länger, als bei uns, dauert, alle dieſe Verhältniſſe würden,
wenigſtens auf unſere vegetabile und animaliſche Welt und auf
unſer Wohlbefinden ohne Zweifel einen ſehr ungünſtigen Einfluß
äußern, beſonders wenn wir die von dem Aequator Saturns ent-
ferntern Gegenden bewohnen müßten, da bei weitem der größte
Theil einer jeden Hemiſphäre dieſes Planeten, zur Zeit ſeines
Winters, durch volle vierzehn unſerer Jahre in der Finſterniß der
Nacht begraben bleibt.

Die Schönheit, welche uns der Anblick jenes Ringes gewähren
und der Nutzen, den wir von ihm ziehen könnten, würde uns
wohl nur wenig Erſatz für den Verluſt der andern Güter geben,
an die wir auf unſerer Erde ſo ſehr gewohnt, die uns hier ſo un-
entbehrlich geworden ſind.

Da die Ebene dieſes Ringes mit der des Aequators des
Planeten zuſammenfällt, ſo geht er für die Bewobner dieſes Aequa-
tors, für die heiße Zone, wenn ſie dort anders noch dieſen Namen
verdient, ganz verloren, denn er ſchwebt für dieſe Bewohner immer
in ihrem Scheitel, und ſie ſehen ihn nie der breiten Fläche, ſondern
bloß der Kante nach, der inneren Kante, die von der Sonne nie
beleuchtet wird. Für ſie zieht er ſich alſo nur als eine dunkle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0162" n="152"/>
              <fw place="top" type="header">Saturn und &#x017F;ein Ring.</fw><lb/>
              <cit>
                <quote> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">One Moon to us reflects its cheerful light:<lb/>
There seven attendants brighten up the night,<lb/>
Here the blue firmament bedecked with stars;<lb/>
There over head a lucid arch appears.</hi> </hi> </quote><lb/>
                <bibl> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Barker</hi>.</hi> </bibl>
              </cit><lb/>
              <p>Aber ich be&#x017F;orge &#x017F;ehr, daß un&#x017F;ere Dichter, wenn &#x017F;ie auf die&#x017F;en<lb/>
Planeten ver&#x017F;etzt werden &#x017F;ollten, &#x017F;ich &#x017F;ehr bald wieder zu uns<lb/>
zurückwün&#x017F;chen würden. So &#x017F;ehr &#x017F;ie auch ihre nächtliche Lampe<lb/>
lieben mögen, die kleine Sonne, wie &#x017F;ie dort er&#x017F;cheint, und die<lb/>
matte Beleuchtung der&#x017F;elben, die den hell&#x017F;ten Mittag Saturns<lb/>
nur un&#x017F;erer tief&#x017F;ten Dämmerung gleich macht, würden ihnen wohl<lb/>
wenig behagen. Der äußer&#x017F;t &#x017F;chnelle Wech&#x017F;el des Tages mit der<lb/>
Nacht, und der Unter&#x017F;chied die&#x017F;er beiden Zeiten, der dort viel<lb/>
größer i&#x017F;t, als bei uns, und endlich die vier &#x017F;treng von einander<lb/>
ge&#x017F;onderten Jahreszeiten, deren jede 7½ un&#x017F;erer Jahre, al&#x017F;o dreißig<lb/>
mal länger, als bei uns, dauert, alle die&#x017F;e Verhältni&#x017F;&#x017F;e würden,<lb/>
wenig&#x017F;tens auf un&#x017F;ere vegetabile und animali&#x017F;che Welt und auf<lb/>
un&#x017F;er Wohlbefinden ohne Zweifel einen &#x017F;ehr ungün&#x017F;tigen Einfluß<lb/>
äußern, be&#x017F;onders wenn wir die von dem Aequator Saturns ent-<lb/>
ferntern Gegenden bewohnen müßten, da bei weitem der größte<lb/>
Theil einer jeden Hemi&#x017F;phäre die&#x017F;es Planeten, zur Zeit &#x017F;eines<lb/>
Winters, durch volle vierzehn un&#x017F;erer Jahre in der Fin&#x017F;terniß der<lb/>
Nacht begraben bleibt.</p><lb/>
              <p>Die Schönheit, welche uns der Anblick jenes Ringes gewähren<lb/>
und der Nutzen, den wir von ihm ziehen könnten, würde uns<lb/>
wohl nur wenig Er&#x017F;atz für den Verlu&#x017F;t der andern Güter geben,<lb/>
an die wir auf un&#x017F;erer Erde &#x017F;o &#x017F;ehr gewohnt, die uns hier &#x017F;o un-<lb/>
entbehrlich geworden &#x017F;ind.</p><lb/>
              <p>Da die Ebene die&#x017F;es Ringes mit der des Aequators des<lb/>
Planeten zu&#x017F;ammenfällt, &#x017F;o geht er für die Bewobner die&#x017F;es Aequa-<lb/>
tors, für die heiße Zone, wenn &#x017F;ie dort anders noch die&#x017F;en Namen<lb/>
verdient, ganz verloren, denn er &#x017F;chwebt für die&#x017F;e Bewohner immer<lb/>
in ihrem Scheitel, und &#x017F;ie &#x017F;ehen ihn nie der breiten Fläche, &#x017F;ondern<lb/>
bloß der Kante nach, der inneren Kante, die von der Sonne nie<lb/>
beleuchtet wird. Für &#x017F;ie zieht er &#x017F;ich al&#x017F;o nur als eine dunkle<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0162] Saturn und ſein Ring. One Moon to us reflects its cheerful light: There seven attendants brighten up the night, Here the blue firmament bedecked with stars; There over head a lucid arch appears. Barker. Aber ich beſorge ſehr, daß unſere Dichter, wenn ſie auf dieſen Planeten verſetzt werden ſollten, ſich ſehr bald wieder zu uns zurückwünſchen würden. So ſehr ſie auch ihre nächtliche Lampe lieben mögen, die kleine Sonne, wie ſie dort erſcheint, und die matte Beleuchtung derſelben, die den hellſten Mittag Saturns nur unſerer tiefſten Dämmerung gleich macht, würden ihnen wohl wenig behagen. Der äußerſt ſchnelle Wechſel des Tages mit der Nacht, und der Unterſchied dieſer beiden Zeiten, der dort viel größer iſt, als bei uns, und endlich die vier ſtreng von einander geſonderten Jahreszeiten, deren jede 7½ unſerer Jahre, alſo dreißig mal länger, als bei uns, dauert, alle dieſe Verhältniſſe würden, wenigſtens auf unſere vegetabile und animaliſche Welt und auf unſer Wohlbefinden ohne Zweifel einen ſehr ungünſtigen Einfluß äußern, beſonders wenn wir die von dem Aequator Saturns ent- ferntern Gegenden bewohnen müßten, da bei weitem der größte Theil einer jeden Hemiſphäre dieſes Planeten, zur Zeit ſeines Winters, durch volle vierzehn unſerer Jahre in der Finſterniß der Nacht begraben bleibt. Die Schönheit, welche uns der Anblick jenes Ringes gewähren und der Nutzen, den wir von ihm ziehen könnten, würde uns wohl nur wenig Erſatz für den Verluſt der andern Güter geben, an die wir auf unſerer Erde ſo ſehr gewohnt, die uns hier ſo un- entbehrlich geworden ſind. Da die Ebene dieſes Ringes mit der des Aequators des Planeten zuſammenfällt, ſo geht er für die Bewobner dieſes Aequa- tors, für die heiße Zone, wenn ſie dort anders noch dieſen Namen verdient, ganz verloren, denn er ſchwebt für dieſe Bewohner immer in ihrem Scheitel, und ſie ſehen ihn nie der breiten Fläche, ſondern bloß der Kante nach, der inneren Kante, die von der Sonne nie beleuchtet wird. Für ſie zieht er ſich alſo nur als eine dunkle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/162
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/162>, abgerufen am 24.04.2024.