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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Saturn und sein Ring.
Diese Revolution ist aber gleich 10 2/5 Stunden, und nahe so groß
hat auch Herschel, durch seine Beobachtungen, die Rotation des
Ringes gefunden. Die erwähnte Ellipse kann selbst für verschiedene
Theile des Ringes veränderlich, also der Ring selbst von ungleicher
Dicke seyn, und die Beobachtungen der Verschwindung des Ringes
scheint diese Ungleichheiten deutlich anzuzeigen, die vielleicht selbst
nothwendig sind, das Gleichgewicht des Ringes zu sichern, denn
wenn er in allen seinen Theilen völlig symmetrisch gebaut wäre,
so könnte schon die geringste äußere Kraft, wie z. B. die eines
Satelliten, hinreichen, ihn zu verrücken und ihn auf den Planeten
zu stürzen. Demnach kann man diesen Ring als eine kreisförmige
Reihe von aneinander hängenden Satelliten von ungleicher Größe
als eine Krone von Monden ansehen, die durch die Wirkung der
Sonne und durch die Störungen der sieben Monde, die den
Saturn umgeben, kleineren oder größeren Oscillationen unterworfen
ist, aber doch im Allgemeinen immer dieselbe mittlere Lage seiner
Ebene beibehält.

§. 114. (Erklärung dieser Widersprüche.) Da sonach, der
Theorie und den Beobachtungen Herschels zufolge, der Ring in
der That um seinen Planeten rotirt, so mußte die Beobachtung
Schröters, oder die von ihm daraus gezogene Folgerung, fehler-
haft seyn. Olbers war der erste, der uns zeigte, daß die Er-
scheinung, die Schröter in Lilienthal so oft gesehen hatte, ihren
Grund nicht in den vermeinten Bergen des Ringes, sondern in
der Erleuchtung derselben durch die Sonne habe.

Seyen fh, g k . . (Fig. 8) die Gesichtslinien, unter welchen
man von der Erde aus die Fläche der Ringe sieht. Offenbar
werden dann diejenigen Gesichtslinien unter allen die hellsten
scheinen, von welchen der größte Theil in der That durch die beiden
Ringflächen geht, weil diese allein, nicht aber die zwischen ihnen
und der Kugel enthaltenen leeren Räume das Licht zurückwerfen.
Betrachten wir mehrere dieser mit fh parallelen Linien, so wird
zuerst die zunächst an dem Rande der Kugel, durch n, gehende
Linie die beiden Ringflächen in vier Theile schneiden, deren Summe
aber immer größer werden wird, je weiter die Gesichtslinie von n

Saturn und ſein Ring.
Dieſe Revolution iſt aber gleich 10⅖ Stunden, und nahe ſo groß
hat auch Herſchel, durch ſeine Beobachtungen, die Rotation des
Ringes gefunden. Die erwähnte Ellipſe kann ſelbſt für verſchiedene
Theile des Ringes veränderlich, alſo der Ring ſelbſt von ungleicher
Dicke ſeyn, und die Beobachtungen der Verſchwindung des Ringes
ſcheint dieſe Ungleichheiten deutlich anzuzeigen, die vielleicht ſelbſt
nothwendig ſind, das Gleichgewicht des Ringes zu ſichern, denn
wenn er in allen ſeinen Theilen völlig ſymmetriſch gebaut wäre,
ſo könnte ſchon die geringſte äußere Kraft, wie z. B. die eines
Satelliten, hinreichen, ihn zu verrücken und ihn auf den Planeten
zu ſtürzen. Demnach kann man dieſen Ring als eine kreisförmige
Reihe von aneinander hängenden Satelliten von ungleicher Größe
als eine Krone von Monden anſehen, die durch die Wirkung der
Sonne und durch die Störungen der ſieben Monde, die den
Saturn umgeben, kleineren oder größeren Oſcillationen unterworfen
iſt, aber doch im Allgemeinen immer dieſelbe mittlere Lage ſeiner
Ebene beibehält.

§. 114. (Erklärung dieſer Widerſprüche.) Da ſonach, der
Theorie und den Beobachtungen Herſchels zufolge, der Ring in
der That um ſeinen Planeten rotirt, ſo mußte die Beobachtung
Schröters, oder die von ihm daraus gezogene Folgerung, fehler-
haft ſeyn. Olbers war der erſte, der uns zeigte, daß die Er-
ſcheinung, die Schröter in Lilienthal ſo oft geſehen hatte, ihren
Grund nicht in den vermeinten Bergen des Ringes, ſondern in
der Erleuchtung derſelben durch die Sonne habe.

Seyen fh, g k . . (Fig. 8) die Geſichtslinien, unter welchen
man von der Erde aus die Fläche der Ringe ſieht. Offenbar
werden dann diejenigen Geſichtslinien unter allen die hellſten
ſcheinen, von welchen der größte Theil in der That durch die beiden
Ringflächen geht, weil dieſe allein, nicht aber die zwiſchen ihnen
und der Kugel enthaltenen leeren Räume das Licht zurückwerfen.
Betrachten wir mehrere dieſer mit fh parallelen Linien, ſo wird
zuerſt die zunächſt an dem Rande der Kugel, durch n, gehende
Linie die beiden Ringflächen in vier Theile ſchneiden, deren Summe
aber immer größer werden wird, je weiter die Geſichtslinie von n

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[150/0160] Saturn und ſein Ring. Dieſe Revolution iſt aber gleich 10⅖ Stunden, und nahe ſo groß hat auch Herſchel, durch ſeine Beobachtungen, die Rotation des Ringes gefunden. Die erwähnte Ellipſe kann ſelbſt für verſchiedene Theile des Ringes veränderlich, alſo der Ring ſelbſt von ungleicher Dicke ſeyn, und die Beobachtungen der Verſchwindung des Ringes ſcheint dieſe Ungleichheiten deutlich anzuzeigen, die vielleicht ſelbſt nothwendig ſind, das Gleichgewicht des Ringes zu ſichern, denn wenn er in allen ſeinen Theilen völlig ſymmetriſch gebaut wäre, ſo könnte ſchon die geringſte äußere Kraft, wie z. B. die eines Satelliten, hinreichen, ihn zu verrücken und ihn auf den Planeten zu ſtürzen. Demnach kann man dieſen Ring als eine kreisförmige Reihe von aneinander hängenden Satelliten von ungleicher Größe als eine Krone von Monden anſehen, die durch die Wirkung der Sonne und durch die Störungen der ſieben Monde, die den Saturn umgeben, kleineren oder größeren Oſcillationen unterworfen iſt, aber doch im Allgemeinen immer dieſelbe mittlere Lage ſeiner Ebene beibehält. §. 114. (Erklärung dieſer Widerſprüche.) Da ſonach, der Theorie und den Beobachtungen Herſchels zufolge, der Ring in der That um ſeinen Planeten rotirt, ſo mußte die Beobachtung Schröters, oder die von ihm daraus gezogene Folgerung, fehler- haft ſeyn. Olbers war der erſte, der uns zeigte, daß die Er- ſcheinung, die Schröter in Lilienthal ſo oft geſehen hatte, ihren Grund nicht in den vermeinten Bergen des Ringes, ſondern in der Erleuchtung derſelben durch die Sonne habe. Seyen fh, g k . . (Fig. 8) die Geſichtslinien, unter welchen man von der Erde aus die Fläche der Ringe ſieht. Offenbar werden dann diejenigen Geſichtslinien unter allen die hellſten ſcheinen, von welchen der größte Theil in der That durch die beiden Ringflächen geht, weil dieſe allein, nicht aber die zwiſchen ihnen und der Kugel enthaltenen leeren Räume das Licht zurückwerfen. Betrachten wir mehrere dieſer mit fh parallelen Linien, ſo wird zuerſt die zunächſt an dem Rande der Kugel, durch n, gehende Linie die beiden Ringflächen in vier Theile ſchneiden, deren Summe aber immer größer werden wird, je weiter die Geſichtslinie von n

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/160>, abgerufen am 29.03.2024.