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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Die vier neuen Planeten.
schon die Bahnen, in welchen sich diese vier Planeten bewegen,
nahe von derselben Größe sind, so sind sie doch so gegen einander
geneigt, daß ein Begegnen dieser Planeten leicht vermieden wer-
den kann, indem einige Bahnen ihre Knoten eben dort haben,
wo andere in ihrer größten nördlichen oder südlichen Breite
sind. Diese Bahnen zeichnen sich noch durch ihre sehr große
Excentricität aus, wodurch sie den langgestreckten elliptischen Bah-
nen der Kometen ähnlich werden. Bei der Juno und Pallas be-
trägt diese Excentricität schon den vierten Theil, und bei der
Vesta nahe den fünften Theil der mittlern Entfernung von der
Sonne. Eben so ungewöhnlich sind die Neigungen dieser Bahnen
gegen die Ecliptik. Bei den älteren Planeten gehen diese Neigun-
gungen nur bis 7 Grade, während Juno 13 und Pallas sogar
341/2 Grade sich von der Ecliptik entfernt. Dadurch hat der alte
Thierkreis (Zodiacus) seine Bedeutung verloren. Die Alten
dachten sich nämlich eine der Ecliptik parallele, zu beiden Seiten
derselben zehn Grade breite Zone, in welcher sie die oben (I.
S. 129) erwähnten zwölf Sternbilder annahmen und in welcher
sich nebst der Sonne, deren Bahn genau in der Mitte des Thier-
kreises liegt, auch der Mond und alle übrigen, den Alten bekann-
ten Planeten bewegten. Allein die vier neuen Planeten gehen,
von der Erde gesehen, zuweilen so weit von der Ecliptik weg,
daß der neue Thierkreis, der sie alle einschließt, eine Breite von
mehr als hundert Graden haben müßte.

§. 88. (Große Störungen, welche diese Planeten erleiden.)
Durch ihre großen Excentricitäten und Neigungen sind diese Pla-
neten den Astronomen noch in einer anderen, sehr wichtigen Be-
ziehung interessant geworden. Wir werden späterhin sehen, daß
die Wirkungen, welche die Planeten auf einander äußern und
wodurch sie die sogenannten Störungen ihres Ganges hervor-
bringen, sehr schwer, ja eigentlich ganz unmöglich genau zu be-
rechnen sind, und daß man sich also, des vollkommenen Zustandes
unserer mathematischen Analyse ungeachtet, mit einer bloßen ap-
proximirten Rechnung begnügen mußte, die glücklicher Weise hin-
reichte, die Beobachtungen der alten Planeten, deren Störungen
durchaus nur gering sind, genügend darzustellen. Allein die

Die vier neuen Planeten.
ſchon die Bahnen, in welchen ſich dieſe vier Planeten bewegen,
nahe von derſelben Größe ſind, ſo ſind ſie doch ſo gegen einander
geneigt, daß ein Begegnen dieſer Planeten leicht vermieden wer-
den kann, indem einige Bahnen ihre Knoten eben dort haben,
wo andere in ihrer größten nördlichen oder ſüdlichen Breite
ſind. Dieſe Bahnen zeichnen ſich noch durch ihre ſehr große
Excentricität aus, wodurch ſie den langgeſtreckten elliptiſchen Bah-
nen der Kometen ähnlich werden. Bei der Juno und Pallas be-
trägt dieſe Excentricität ſchon den vierten Theil, und bei der
Veſta nahe den fünften Theil der mittlern Entfernung von der
Sonne. Eben ſo ungewöhnlich ſind die Neigungen dieſer Bahnen
gegen die Ecliptik. Bei den älteren Planeten gehen dieſe Neigun-
gungen nur bis 7 Grade, während Juno 13 und Pallas ſogar
34½ Grade ſich von der Ecliptik entfernt. Dadurch hat der alte
Thierkreis (Zodiacus) ſeine Bedeutung verloren. Die Alten
dachten ſich nämlich eine der Ecliptik parallele, zu beiden Seiten
derſelben zehn Grade breite Zone, in welcher ſie die oben (I.
S. 129) erwähnten zwölf Sternbilder annahmen und in welcher
ſich nebſt der Sonne, deren Bahn genau in der Mitte des Thier-
kreiſes liegt, auch der Mond und alle übrigen, den Alten bekann-
ten Planeten bewegten. Allein die vier neuen Planeten gehen,
von der Erde geſehen, zuweilen ſo weit von der Ecliptik weg,
daß der neue Thierkreis, der ſie alle einſchließt, eine Breite von
mehr als hundert Graden haben müßte.

§. 88. (Große Störungen, welche dieſe Planeten erleiden.)
Durch ihre großen Excentricitäten und Neigungen ſind dieſe Pla-
neten den Aſtronomen noch in einer anderen, ſehr wichtigen Be-
ziehung intereſſant geworden. Wir werden ſpäterhin ſehen, daß
die Wirkungen, welche die Planeten auf einander äußern und
wodurch ſie die ſogenannten Störungen ihres Ganges hervor-
bringen, ſehr ſchwer, ja eigentlich ganz unmöglich genau zu be-
rechnen ſind, und daß man ſich alſo, des vollkommenen Zuſtandes
unſerer mathematiſchen Analyſe ungeachtet, mit einer bloßen ap-
proximirten Rechnung begnügen mußte, die glücklicher Weiſe hin-
reichte, die Beobachtungen der alten Planeten, deren Störungen
durchaus nur gering ſind, genügend darzuſtellen. Allein die

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[118/0128] Die vier neuen Planeten. ſchon die Bahnen, in welchen ſich dieſe vier Planeten bewegen, nahe von derſelben Größe ſind, ſo ſind ſie doch ſo gegen einander geneigt, daß ein Begegnen dieſer Planeten leicht vermieden wer- den kann, indem einige Bahnen ihre Knoten eben dort haben, wo andere in ihrer größten nördlichen oder ſüdlichen Breite ſind. Dieſe Bahnen zeichnen ſich noch durch ihre ſehr große Excentricität aus, wodurch ſie den langgeſtreckten elliptiſchen Bah- nen der Kometen ähnlich werden. Bei der Juno und Pallas be- trägt dieſe Excentricität ſchon den vierten Theil, und bei der Veſta nahe den fünften Theil der mittlern Entfernung von der Sonne. Eben ſo ungewöhnlich ſind die Neigungen dieſer Bahnen gegen die Ecliptik. Bei den älteren Planeten gehen dieſe Neigun- gungen nur bis 7 Grade, während Juno 13 und Pallas ſogar 34½ Grade ſich von der Ecliptik entfernt. Dadurch hat der alte Thierkreis (Zodiacus) ſeine Bedeutung verloren. Die Alten dachten ſich nämlich eine der Ecliptik parallele, zu beiden Seiten derſelben zehn Grade breite Zone, in welcher ſie die oben (I. S. 129) erwähnten zwölf Sternbilder annahmen und in welcher ſich nebſt der Sonne, deren Bahn genau in der Mitte des Thier- kreiſes liegt, auch der Mond und alle übrigen, den Alten bekann- ten Planeten bewegten. Allein die vier neuen Planeten gehen, von der Erde geſehen, zuweilen ſo weit von der Ecliptik weg, daß der neue Thierkreis, der ſie alle einſchließt, eine Breite von mehr als hundert Graden haben müßte. §. 88. (Große Störungen, welche dieſe Planeten erleiden.) Durch ihre großen Excentricitäten und Neigungen ſind dieſe Pla- neten den Aſtronomen noch in einer anderen, ſehr wichtigen Be- ziehung intereſſant geworden. Wir werden ſpäterhin ſehen, daß die Wirkungen, welche die Planeten auf einander äußern und wodurch ſie die ſogenannten Störungen ihres Ganges hervor- bringen, ſehr ſchwer, ja eigentlich ganz unmöglich genau zu be- rechnen ſind, und daß man ſich alſo, des vollkommenen Zuſtandes unſerer mathematiſchen Analyſe ungeachtet, mit einer bloßen ap- proximirten Rechnung begnügen mußte, die glücklicher Weiſe hin- reichte, die Beobachtungen der alten Planeten, deren Störungen durchaus nur gering ſind, genügend darzuſtellen. Allein die

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/128>, abgerufen am 19.04.2024.