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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Gestalt der Erde.
Schattengränze selbst eine Ebene wäre. Da dieß aber gegen die
Erfahrung ist, oder da uns diese Gränze immer krumm erscheint,
so muß auch unsere Erde selbst eine krumme Gestalt haben.

§. 11. (V. Aus der Gestalt anderer Gestirne). Als endlich
im sechzehnten Jahrhunderte die Fernröhre erfunden wurden, be-
merkte man auch an mehreren anderen Himmelskörpern dieselbe
Kugelgestalt, die man denn auch sehr bald als die Lieblingsform der
Natur erkannte, bis sie endlich durch die Theorie der allgemeinen
Schwere, nur mit einigen kleinen Abweichungen, von welchen wir
später reden werden, als die einzig mögliche erkannt und bewiesen
worden ist. Sonne und Mond und alle Planeten mit ihren Sa-
telliten haben diese Gestalt; warum sollte allein die von uns be-
wohnte Erde sie nicht auch haben? Ein dunkles Gefühl scheint
uns bereits aus den wenigen vorhergehenden Betrachtungen zuzu-
rufen, daß wir bisher im Irrthume waren, wenn wir die Erde,
unseren Wohnort, als etwas Eigenes, für sich Bestehendes ansahen,
dergleichen nicht weiter in der übrigen Welt zu finden sey, ja der
zu Liebe wohl, wie wir früher wähnten, alles andere da seyn
soll, und daß wir uns daher bei Zeiten gewöhnen müssen, in
dieser Erde nicht sowohl unseren ausschließenden Wohnort, als
vielmehr einen der großen Himmelskörper mehr zu erblicken,
welche den Weltraum um uns erfüllen, von deren Chor wir nur
einen, und wie wir bald sehen werden, einen sehr kleinen Theil
ausmachen.



Geſtalt der Erde.
Schattengränze ſelbſt eine Ebene wäre. Da dieß aber gegen die
Erfahrung iſt, oder da uns dieſe Gränze immer krumm erſcheint,
ſo muß auch unſere Erde ſelbſt eine krumme Geſtalt haben.

§. 11. (V. Aus der Geſtalt anderer Geſtirne). Als endlich
im ſechzehnten Jahrhunderte die Fernröhre erfunden wurden, be-
merkte man auch an mehreren anderen Himmelskörpern dieſelbe
Kugelgeſtalt, die man denn auch ſehr bald als die Lieblingsform der
Natur erkannte, bis ſie endlich durch die Theorie der allgemeinen
Schwere, nur mit einigen kleinen Abweichungen, von welchen wir
ſpäter reden werden, als die einzig mögliche erkannt und bewieſen
worden iſt. Sonne und Mond und alle Planeten mit ihren Sa-
telliten haben dieſe Geſtalt; warum ſollte allein die von uns be-
wohnte Erde ſie nicht auch haben? Ein dunkles Gefühl ſcheint
uns bereits aus den wenigen vorhergehenden Betrachtungen zuzu-
rufen, daß wir bisher im Irrthume waren, wenn wir die Erde,
unſeren Wohnort, als etwas Eigenes, für ſich Beſtehendes anſahen,
dergleichen nicht weiter in der übrigen Welt zu finden ſey, ja der
zu Liebe wohl, wie wir früher wähnten, alles andere da ſeyn
ſoll, und daß wir uns daher bei Zeiten gewöhnen müſſen, in
dieſer Erde nicht ſowohl unſeren ausſchließenden Wohnort, als
vielmehr einen der großen Himmelskörper mehr zu erblicken,
welche den Weltraum um uns erfüllen, von deren Chor wir nur
einen, und wie wir bald ſehen werden, einen ſehr kleinen Theil
ausmachen.



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[54/0066] Geſtalt der Erde. Schattengränze ſelbſt eine Ebene wäre. Da dieß aber gegen die Erfahrung iſt, oder da uns dieſe Gränze immer krumm erſcheint, ſo muß auch unſere Erde ſelbſt eine krumme Geſtalt haben. §. 11. (V. Aus der Geſtalt anderer Geſtirne). Als endlich im ſechzehnten Jahrhunderte die Fernröhre erfunden wurden, be- merkte man auch an mehreren anderen Himmelskörpern dieſelbe Kugelgeſtalt, die man denn auch ſehr bald als die Lieblingsform der Natur erkannte, bis ſie endlich durch die Theorie der allgemeinen Schwere, nur mit einigen kleinen Abweichungen, von welchen wir ſpäter reden werden, als die einzig mögliche erkannt und bewieſen worden iſt. Sonne und Mond und alle Planeten mit ihren Sa- telliten haben dieſe Geſtalt; warum ſollte allein die von uns be- wohnte Erde ſie nicht auch haben? Ein dunkles Gefühl ſcheint uns bereits aus den wenigen vorhergehenden Betrachtungen zuzu- rufen, daß wir bisher im Irrthume waren, wenn wir die Erde, unſeren Wohnort, als etwas Eigenes, für ſich Beſtehendes anſahen, dergleichen nicht weiter in der übrigen Welt zu finden ſey, ja der zu Liebe wohl, wie wir früher wähnten, alles andere da ſeyn ſoll, und daß wir uns daher bei Zeiten gewöhnen müſſen, in dieſer Erde nicht ſowohl unſeren ausſchließenden Wohnort, als vielmehr einen der großen Himmelskörper mehr zu erblicken, welche den Weltraum um uns erfüllen, von deren Chor wir nur einen, und wie wir bald ſehen werden, einen ſehr kleinen Theil ausmachen.

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/66>, abgerufen am 25.04.2024.