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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Einleitung.
jenige größte Kreis am Himmel, in welchem wir jährlich die
Sonne einhergehen sehen. Der Punkt V, in welchem die Ekliptik
den Aequator schneidet und von welchem man, wie gesagt, alle
Rectascensionen und alle Längen zählt, heißt der Frühlings-
punkt
, und der ihm am Himmel gegenüberstehende der Herbst-
punkt
, beide zusammen aber bilden die Aequinoctial- oder
die Nachtgleichenpunkte. Die zwischen den Aequinoctialpunkten in
der Mitte liegenden Punkte der Ekliptik sind die Solstitien
oder Wendepunkte und zwar derjenige, welcher am höchsten
über dem Aequator, in der nördlichen Hemisphäre (§. 18) steht,
das Sommer- und der andere entgegengesetzte unter der Ekliptik
das Winter-Solstitium. Wir werden später noch oft auf
diese Gegenstände zurück kommen.

§. 23. (Geographische Länge und Breite des Beobachters.)
Auf eine ähnliche Art wird man auch verfahren, um den Ort des
Beobachters z auf der Oberfläche der Erde gegen den irdischen
Meridian aq (§. 11) zu bestimmen. Wir haben oben (§. 14) ge-
sehen, daß der irdische Meridian eines jeden Ortes z der Erde
derjenige größte Kreis derselben ist, der durch diesen Ort z und
durch die beiden Pole n und n' des Erdäquators geht.

Man verbinde z. B. die beiden Punkte S' und S'' des Him-
mels mit dem Mittelpunkte C der Erde durch gerade Linien,
welche die Oberfläche der Erde in den Punkten S' und S'' schnei-
den sollen. Eben so sollen die Ebenen der Stundenkreise NS' Q' N'
und NS'' Q'' N' die Oberfläche der Erde in den analogen Kreisen
ns' q' n' und ns'' q'' n' schneiden. Dann werden also die zwei
letztgenannten Kreise die irdischen Meridiane derjenigen Orte s'
und s'' der Erde vorstellen, von welchen der erste den Stern s'
und der zweite den Stern s'' in seinem Zenithe sieht. Solcher
irdischen Meridiane gibt es also so viele, als es Punkte des
Aequators gibt. Man nimmt von diesen unzähligen Meridianen
willkürlich einen derselben, z. B. den, der durch die bekannte ka-
narische Insel Ferro geht, als den ersten irdischen Meridian an,
und zählt von ihm die Abstände aller übrigen in der Richtung
von Süd gen Ost bis 360 Grade. Diese Abstände der übrigen
Meridiane von dem gewählten ersten, nennt man die geogra-
phische Länge
dieser Meridiane. Alle Orte der Erde, welche

Littrows Himmel u. s. Wunder I. 3

Einleitung.
jenige größte Kreis am Himmel, in welchem wir jährlich die
Sonne einhergehen ſehen. Der Punkt V, in welchem die Ekliptik
den Aequator ſchneidet und von welchem man, wie geſagt, alle
Rectaſcenſionen und alle Längen zählt, heißt der Frühlings-
punkt
, und der ihm am Himmel gegenüberſtehende der Herbſt-
punkt
, beide zuſammen aber bilden die Aequinoctial- oder
die Nachtgleichenpunkte. Die zwiſchen den Aequinoctialpunkten in
der Mitte liegenden Punkte der Ekliptik ſind die Solſtitien
oder Wendepunkte und zwar derjenige, welcher am höchſten
über dem Aequator, in der nördlichen Hemiſphäre (§. 18) ſteht,
das Sommer- und der andere entgegengeſetzte unter der Ekliptik
das Winter-Solſtitium. Wir werden ſpäter noch oft auf
dieſe Gegenſtände zurück kommen.

§. 23. (Geographiſche Länge und Breite des Beobachters.)
Auf eine ähnliche Art wird man auch verfahren, um den Ort des
Beobachters z auf der Oberfläche der Erde gegen den irdiſchen
Meridian aq (§. 11) zu beſtimmen. Wir haben oben (§. 14) ge-
ſehen, daß der irdiſche Meridian eines jeden Ortes z der Erde
derjenige größte Kreis derſelben iſt, der durch dieſen Ort z und
durch die beiden Pole n und n' des Erdäquators geht.

Man verbinde z. B. die beiden Punkte S' und S'' des Him-
mels mit dem Mittelpunkte C der Erde durch gerade Linien,
welche die Oberfläche der Erde in den Punkten S' und S'' ſchnei-
den ſollen. Eben ſo ſollen die Ebenen der Stundenkreiſe NS' Q' N'
und NS'' Q'' N' die Oberfläche der Erde in den analogen Kreiſen
ns' q' n' und ns'' q'' n' ſchneiden. Dann werden alſo die zwei
letztgenannten Kreiſe die irdiſchen Meridiane derjenigen Orte s'
und s'' der Erde vorſtellen, von welchen der erſte den Stern s'
und der zweite den Stern s'' in ſeinem Zenithe ſieht. Solcher
irdiſchen Meridiane gibt es alſo ſo viele, als es Punkte des
Aequators gibt. Man nimmt von dieſen unzähligen Meridianen
willkürlich einen derſelben, z. B. den, der durch die bekannte ka-
nariſche Inſel Ferro geht, als den erſten irdiſchen Meridian an,
und zählt von ihm die Abſtände aller übrigen in der Richtung
von Süd gen Oſt bis 360 Grade. Dieſe Abſtände der übrigen
Meridiane von dem gewählten erſten, nennt man die geogra-
phiſche Länge
dieſer Meridiane. Alle Orte der Erde, welche

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[33/0045] Einleitung. jenige größte Kreis am Himmel, in welchem wir jährlich die Sonne einhergehen ſehen. Der Punkt V, in welchem die Ekliptik den Aequator ſchneidet und von welchem man, wie geſagt, alle Rectaſcenſionen und alle Längen zählt, heißt der Frühlings- punkt, und der ihm am Himmel gegenüberſtehende der Herbſt- punkt, beide zuſammen aber bilden die Aequinoctial- oder die Nachtgleichenpunkte. Die zwiſchen den Aequinoctialpunkten in der Mitte liegenden Punkte der Ekliptik ſind die Solſtitien oder Wendepunkte und zwar derjenige, welcher am höchſten über dem Aequator, in der nördlichen Hemiſphäre (§. 18) ſteht, das Sommer- und der andere entgegengeſetzte unter der Ekliptik das Winter-Solſtitium. Wir werden ſpäter noch oft auf dieſe Gegenſtände zurück kommen. §. 23. (Geographiſche Länge und Breite des Beobachters.) Auf eine ähnliche Art wird man auch verfahren, um den Ort des Beobachters z auf der Oberfläche der Erde gegen den irdiſchen Meridian aq (§. 11) zu beſtimmen. Wir haben oben (§. 14) ge- ſehen, daß der irdiſche Meridian eines jeden Ortes z der Erde derjenige größte Kreis derſelben iſt, der durch dieſen Ort z und durch die beiden Pole n und n' des Erdäquators geht. Man verbinde z. B. die beiden Punkte S' und S'' des Him- mels mit dem Mittelpunkte C der Erde durch gerade Linien, welche die Oberfläche der Erde in den Punkten S' und S'' ſchnei- den ſollen. Eben ſo ſollen die Ebenen der Stundenkreiſe NS' Q' N' und NS'' Q'' N' die Oberfläche der Erde in den analogen Kreiſen ns' q' n' und ns'' q'' n' ſchneiden. Dann werden alſo die zwei letztgenannten Kreiſe die irdiſchen Meridiane derjenigen Orte s' und s'' der Erde vorſtellen, von welchen der erſte den Stern s' und der zweite den Stern s'' in ſeinem Zenithe ſieht. Solcher irdiſchen Meridiane gibt es alſo ſo viele, als es Punkte des Aequators gibt. Man nimmt von dieſen unzähligen Meridianen willkürlich einen derſelben, z. B. den, der durch die bekannte ka- nariſche Inſel Ferro geht, als den erſten irdiſchen Meridian an, und zählt von ihm die Abſtände aller übrigen in der Richtung von Süd gen Oſt bis 360 Grade. Dieſe Abſtände der übrigen Meridiane von dem gewählten erſten, nennt man die geogra- phiſche Länge dieſer Meridiane. Alle Orte der Erde, welche Littrows Himmel u. ſ. Wunder I. 3

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/45>, abgerufen am 28.03.2024.