Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Nächste Folgen d. elliptischen Bewegung d. Planeten.
auch die Dauer der beiden wärmern Jahreszeiten jener der käl-
tern völlig gleich. Es ist auffallend, daß die meisten unserer
Chronologen die Zeit der Entstehung der Erde, oder, wie man
vielleicht angemessener sagen sollte, die Zeit der ersten Spuren des
Menschengeschlechtes auf unserer Erde, in jene Epoche gesetzt
haben.

Zur Zeit Hipparchs, 140 Jahre vor Ch. G., war die Länge
des Periheliums 66 Grade und fiel daher in den Winkel 0,
während das Aphelium in dem Winkel 0 lag. Zu jener Zeit
betrug, nach den Beobachtungen dieses großen Astronomen, die
Dauer des Frühlings 94,5 und die des Sommers 92,5 Tage, so
daß also der Frühling länger war, als der Sommer, so wie auch
der Winter länger dauerte, als der Herbst, während jetzt das Ge-
gentheil statt findet.

Im Jahre 1250 nach Chr., zur Zeit Friedrichs II. oder wäh-
rend dem letzten Kreuzzuge unter Ludwig IX., betrug die Länge
des Perihels 90 Grade und fiel daher in die Linie 0 des Win-
tersolstitiums, so daß also die große Axe der Ellipse in der Linie
und die kleine in lag. Die Aequinoctiallinie ; theilte
diese Ellipse in zwei ungleiche Theile, und die Mitte des kleineren
Theiles nahm das Perihelium ein, daher auch dieser Theil in
einer viel kürzeren Zeit zurückgelegt wurde, als der andere, weil
der Umfang jenes Theiles schon an sich kleiner, und überdieß von
der Erde mit einer größeren Geschwindigkeit durchlaufen wurde.
Die beiden kälteren Jahreszeiten waren also damals beträchtlich
kürzer, als die Summe der beiden wärmern, obschon der Frühling
mit dem Sommer, so wie auch der Herbst mit dem Winter eine
und dieselbe Dauer hatte.

Nach 4670 Jahren von dem Anfange des gegenwärtigen
Jahrhunderts, d. h. im Jahre 6470 nach Ch. wird die Länge des
Periheliums 180 Grade betragen, und die Ellipse der Erdbahn
wird dann eine Lage haben, welche jener um das Jahr 4000
vor Ch. G. ganz entgegengesetzt seyn wird. Dann wird nämlich
das Perihelium in die Linie 0, das Aphelium in 0sqrt fallen
und die kleinere Axe der Ellipse wird mit der Solstitiallinie
parallel seyn. Nach dieser Epoche wird das Perihelium in den

Nächſte Folgen d. elliptiſchen Bewegung d. Planeten.
auch die Dauer der beiden wärmern Jahreszeiten jener der käl-
tern völlig gleich. Es iſt auffallend, daß die meiſten unſerer
Chronologen die Zeit der Entſtehung der Erde, oder, wie man
vielleicht angemeſſener ſagen ſollte, die Zeit der erſten Spuren des
Menſchengeſchlechtes auf unſerer Erde, in jene Epoche geſetzt
haben.

Zur Zeit Hipparchs, 140 Jahre vor Ch. G., war die Länge
des Periheliums 66 Grade und fiel daher in den Winkel ♈0♋,
während das Aphelium in dem Winkel ♎0♑ lag. Zu jener Zeit
betrug, nach den Beobachtungen dieſes großen Aſtronomen, die
Dauer des Frühlings 94,5 und die des Sommers 92,5 Tage, ſo
daß alſo der Frühling länger war, als der Sommer, ſo wie auch
der Winter länger dauerte, als der Herbſt, während jetzt das Ge-
gentheil ſtatt findet.

Im Jahre 1250 nach Chr., zur Zeit Friedrichs II. oder wäh-
rend dem letzten Kreuzzuge unter Ludwig IX., betrug die Länge
des Perihels 90 Grade und fiel daher in die Linie 0♋ des Win-
terſolſtitiums, ſo daß alſo die große Axe der Ellipſe in der Linie
♋♑ und die kleine in ♈♎ lag. Die Aequinoctiallinie ♈;♎ theilte
dieſe Ellipſe in zwei ungleiche Theile, und die Mitte des kleineren
Theiles nahm das Perihelium ein, daher auch dieſer Theil in
einer viel kürzeren Zeit zurückgelegt wurde, als der andere, weil
der Umfang jenes Theiles ſchon an ſich kleiner, und überdieß von
der Erde mit einer größeren Geſchwindigkeit durchlaufen wurde.
Die beiden kälteren Jahreszeiten waren alſo damals beträchtlich
kürzer, als die Summe der beiden wärmern, obſchon der Frühling
mit dem Sommer, ſo wie auch der Herbſt mit dem Winter eine
und dieſelbe Dauer hatte.

Nach 4670 Jahren von dem Anfange des gegenwärtigen
Jahrhunderts, d. h. im Jahre 6470 nach Ch. wird die Länge des
Periheliums 180 Grade betragen, und die Ellipſe der Erdbahn
wird dann eine Lage haben, welche jener um das Jahr 4000
vor Ch. G. ganz entgegengeſetzt ſeyn wird. Dann wird nämlich
das Perihelium in die Linie 0♎, das Aphelium in 0√ fallen
und die kleinere Axe der Ellipſe wird mit der Solſtitiallinie ♋♑
parallel ſeyn. Nach dieſer Epoche wird das Perihelium in den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0316" n="304"/><fw place="top" type="header">Näch&#x017F;te Folgen d. ellipti&#x017F;chen Bewegung d. Planeten.</fw><lb/>
auch die Dauer der beiden wärmern Jahreszeiten jener der käl-<lb/>
tern völlig gleich. Es i&#x017F;t auffallend, daß die mei&#x017F;ten un&#x017F;erer<lb/>
Chronologen die Zeit der Ent&#x017F;tehung der Erde, oder, wie man<lb/>
vielleicht angeme&#x017F;&#x017F;ener &#x017F;agen &#x017F;ollte, die Zeit der er&#x017F;ten Spuren des<lb/>
Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechtes auf un&#x017F;erer Erde, in jene Epoche ge&#x017F;etzt<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>Zur Zeit Hipparchs, 140 Jahre vor Ch. G., war die Länge<lb/>
des Periheliums 66 Grade und fiel daher in den Winkel &#x2648;0&#x264B;,<lb/>
während das Aphelium in dem Winkel &#x264E;0&#x2651; lag. Zu jener Zeit<lb/>
betrug, nach den Beobachtungen die&#x017F;es großen A&#x017F;tronomen, die<lb/>
Dauer des Frühlings 94,<hi rendition="#sub">5</hi> und die des Sommers 92,<hi rendition="#sub">5</hi> Tage, &#x017F;o<lb/>
daß al&#x017F;o der Frühling länger war, als der Sommer, &#x017F;o wie auch<lb/>
der Winter länger dauerte, als der Herb&#x017F;t, während jetzt das Ge-<lb/>
gentheil &#x017F;tatt findet.</p><lb/>
          <p>Im Jahre 1250 nach Chr., zur Zeit Friedrichs <hi rendition="#aq">II.</hi> oder wäh-<lb/>
rend dem letzten Kreuzzuge unter Ludwig <hi rendition="#aq">IX.</hi>, betrug die Länge<lb/>
des Perihels 90 Grade und fiel daher in die Linie 0&#x264B; des Win-<lb/>
ter&#x017F;ol&#x017F;titiums, &#x017F;o daß al&#x017F;o die große Axe der Ellip&#x017F;e in der Linie<lb/>
&#x264B;&#x2651; und die kleine in &#x2648;&#x264E; lag. Die Aequinoctiallinie &#x2648;;&#x264E; theilte<lb/>
die&#x017F;e Ellip&#x017F;e in zwei ungleiche Theile, und die Mitte des kleineren<lb/>
Theiles nahm das Perihelium ein, daher auch die&#x017F;er Theil in<lb/>
einer viel kürzeren Zeit zurückgelegt wurde, als der andere, weil<lb/>
der Umfang jenes Theiles &#x017F;chon an &#x017F;ich kleiner, und überdieß von<lb/>
der Erde mit einer größeren Ge&#x017F;chwindigkeit durchlaufen wurde.<lb/>
Die beiden kälteren Jahreszeiten waren al&#x017F;o damals beträchtlich<lb/>
kürzer, als die Summe der beiden wärmern, ob&#x017F;chon der Frühling<lb/>
mit dem Sommer, &#x017F;o wie auch der Herb&#x017F;t mit dem Winter eine<lb/>
und die&#x017F;elbe Dauer hatte.</p><lb/>
          <p>Nach 4670 Jahren von dem Anfange des gegenwärtigen<lb/>
Jahrhunderts, d. h. im Jahre 6470 nach Ch. wird die Länge des<lb/>
Periheliums 180 Grade betragen, und die Ellip&#x017F;e der Erdbahn<lb/>
wird dann eine Lage haben, welche jener um das Jahr 4000<lb/>
vor Ch. G. ganz entgegenge&#x017F;etzt &#x017F;eyn wird. Dann wird nämlich<lb/>
das Perihelium in die Linie 0&#x264E;, das Aphelium in 0&#x221A; fallen<lb/>
und die kleinere Axe der Ellip&#x017F;e wird mit der Sol&#x017F;titiallinie &#x264B;&#x2651;<lb/>
parallel &#x017F;eyn. Nach die&#x017F;er Epoche wird das Perihelium in den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304/0316] Nächſte Folgen d. elliptiſchen Bewegung d. Planeten. auch die Dauer der beiden wärmern Jahreszeiten jener der käl- tern völlig gleich. Es iſt auffallend, daß die meiſten unſerer Chronologen die Zeit der Entſtehung der Erde, oder, wie man vielleicht angemeſſener ſagen ſollte, die Zeit der erſten Spuren des Menſchengeſchlechtes auf unſerer Erde, in jene Epoche geſetzt haben. Zur Zeit Hipparchs, 140 Jahre vor Ch. G., war die Länge des Periheliums 66 Grade und fiel daher in den Winkel ♈0♋, während das Aphelium in dem Winkel ♎0♑ lag. Zu jener Zeit betrug, nach den Beobachtungen dieſes großen Aſtronomen, die Dauer des Frühlings 94,5 und die des Sommers 92,5 Tage, ſo daß alſo der Frühling länger war, als der Sommer, ſo wie auch der Winter länger dauerte, als der Herbſt, während jetzt das Ge- gentheil ſtatt findet. Im Jahre 1250 nach Chr., zur Zeit Friedrichs II. oder wäh- rend dem letzten Kreuzzuge unter Ludwig IX., betrug die Länge des Perihels 90 Grade und fiel daher in die Linie 0♋ des Win- terſolſtitiums, ſo daß alſo die große Axe der Ellipſe in der Linie ♋♑ und die kleine in ♈♎ lag. Die Aequinoctiallinie ♈;♎ theilte dieſe Ellipſe in zwei ungleiche Theile, und die Mitte des kleineren Theiles nahm das Perihelium ein, daher auch dieſer Theil in einer viel kürzeren Zeit zurückgelegt wurde, als der andere, weil der Umfang jenes Theiles ſchon an ſich kleiner, und überdieß von der Erde mit einer größeren Geſchwindigkeit durchlaufen wurde. Die beiden kälteren Jahreszeiten waren alſo damals beträchtlich kürzer, als die Summe der beiden wärmern, obſchon der Frühling mit dem Sommer, ſo wie auch der Herbſt mit dem Winter eine und dieſelbe Dauer hatte. Nach 4670 Jahren von dem Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts, d. h. im Jahre 6470 nach Ch. wird die Länge des Periheliums 180 Grade betragen, und die Ellipſe der Erdbahn wird dann eine Lage haben, welche jener um das Jahr 4000 vor Ch. G. ganz entgegengeſetzt ſeyn wird. Dann wird nämlich das Perihelium in die Linie 0♎, das Aphelium in 0√ fallen und die kleinere Axe der Ellipſe wird mit der Solſtitiallinie ♋♑ parallel ſeyn. Nach dieſer Epoche wird das Perihelium in den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/316
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/316>, abgerufen am 25.04.2024.