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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Parallaxen u. Entfernungen d. Gestirne von d. Erde.
machen würde, wie dieß z. B. bei der Sonne schon sehr nahe der
Fall ist, da ihre Horizontalparallaxe nur 8,58 Secunden beträgt.

Ja für die der Erde sehr nahen Gestirne, wie z. B. für den
Mond, wird man selbst diese Correspondenz eines zweiten Beobach-
ters entbehren und die Parallaxe schon durch einen einzelnen Be-
obachter bestimmen können, ohne daß dieser genöthigt wäre, seine
Stelle auf der Oberfläche der Erde zu verlassen. Wenn nämlich
der Mond L (Fig. 9) für den Beobachter in A aufgeht, so sieht
er ihn bei dem Sterne a, während ihn ein Beobachter im Mit-
telpunkte C der Erde bei dem Sterne c sehen würde, so daß, wie
gesagt, ac die Horizontalparallaxe des Mondes ist. Allein der
Beobachter kennt den Stern noch nicht, bei dem der Mond, von
C gesehen, erscheinen würde, also ist ihm auch dieser Bogen ac
noch unbekannt. Allein in sechs Stunden später, wo der Mond
durch das Zenith Z, oder doch durch den Meridian desselben Be-
obachters A geht, fallen die beiden Linien LA und LC zusammen,
nämlich beide auf die Linie CAZ und nun sieht der Beobachter in
A, so wie der in C, den Mond bei demselben Stern c, dessen
Distanz von a man daher nur zu messen braucht, um die gesuchte
Horizontalparallaxe ac des Monds zu erhalten. Noch besser wird
es seyn, den Mond bei seinem Aufgange und bei seinem darauf
folgenden Untergange zu beobachten, weil man auf diese Weise die
doppelte Horizontalparallaxe erhält und kleinere Fehler der Beobach-
tungen, die man nie ganz vermeiden kann, einen geringeren Ein-
fluß auf das gesuchte Resultat liefern.

So wie nämlich der Winkel CLA, wo das Gestirn L im Ho-
rizonte AL des Beobachters ist, die Horizontalparallaxe des
Gestirns heißt, so heißt auch der Winkel CL'A, wo das Gestirn
L' von dem Beobachter in A in der Höhe LAL' über seinem Ho-
rizonte (s. Einl.) gesehen wird, die Höhenparallaxe des Ge-
stirns, die immer kleiner wird, je größer die Höhe LA L' des
Gestirns ist, bis sie endlich im Zenithe, wo die Höhe gleich 90°
wird, völlig verschwindet. Man sieht leicht, daß die Höhenpa-
rallaxe eines Gestirns gleich ist der Horizontalparallaxe multipli-
cirt durch den Cosinus (Einl. §. 32) der Höhe desselben.

§. 65. (Wie die Größe der Gestirne gefunden wird.) Wir
haben oben (§. 62) gezeigt, wie man, wenn die Horizontalparallaxe

Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde.
machen würde, wie dieß z. B. bei der Sonne ſchon ſehr nahe der
Fall iſt, da ihre Horizontalparallaxe nur 8,58 Secunden beträgt.

Ja für die der Erde ſehr nahen Geſtirne, wie z. B. für den
Mond, wird man ſelbſt dieſe Correſpondenz eines zweiten Beobach-
ters entbehren und die Parallaxe ſchon durch einen einzelnen Be-
obachter beſtimmen können, ohne daß dieſer genöthigt wäre, ſeine
Stelle auf der Oberfläche der Erde zu verlaſſen. Wenn nämlich
der Mond L (Fig. 9) für den Beobachter in A aufgeht, ſo ſieht
er ihn bei dem Sterne a, während ihn ein Beobachter im Mit-
telpunkte C der Erde bei dem Sterne c ſehen würde, ſo daß, wie
geſagt, ac die Horizontalparallaxe des Mondes iſt. Allein der
Beobachter kennt den Stern noch nicht, bei dem der Mond, von
C geſehen, erſcheinen würde, alſo iſt ihm auch dieſer Bogen ac
noch unbekannt. Allein in ſechs Stunden ſpäter, wo der Mond
durch das Zenith Z, oder doch durch den Meridian deſſelben Be-
obachters A geht, fallen die beiden Linien LA und LC zuſammen,
nämlich beide auf die Linie CAZ und nun ſieht der Beobachter in
A, ſo wie der in C, den Mond bei demſelben Stern c, deſſen
Diſtanz von a man daher nur zu meſſen braucht, um die geſuchte
Horizontalparallaxe ac des Monds zu erhalten. Noch beſſer wird
es ſeyn, den Mond bei ſeinem Aufgange und bei ſeinem darauf
folgenden Untergange zu beobachten, weil man auf dieſe Weiſe die
doppelte Horizontalparallaxe erhält und kleinere Fehler der Beobach-
tungen, die man nie ganz vermeiden kann, einen geringeren Ein-
fluß auf das geſuchte Reſultat liefern.

So wie nämlich der Winkel CLA, wo das Geſtirn L im Ho-
rizonte AL des Beobachters iſt, die Horizontalparallaxe des
Geſtirns heißt, ſo heißt auch der Winkel CL'A, wo das Geſtirn
L' von dem Beobachter in A in der Höhe LAL' über ſeinem Ho-
rizonte (ſ. Einl.) geſehen wird, die Höhenparallaxe des Ge-
ſtirns, die immer kleiner wird, je größer die Höhe LA L' des
Geſtirns iſt, bis ſie endlich im Zenithe, wo die Höhe gleich 90°
wird, völlig verſchwindet. Man ſieht leicht, daß die Höhenpa-
rallaxe eines Geſtirns gleich iſt der Horizontalparallaxe multipli-
cirt durch den Coſinus (Einl. §. 32) der Höhe deſſelben.

§. 65. (Wie die Größe der Geſtirne gefunden wird.) Wir
haben oben (§. 62) gezeigt, wie man, wenn die Horizontalparallaxe

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[151/0163] Parallaxen u. Entfernungen d. Geſtirne von d. Erde. machen würde, wie dieß z. B. bei der Sonne ſchon ſehr nahe der Fall iſt, da ihre Horizontalparallaxe nur 8,58 Secunden beträgt. Ja für die der Erde ſehr nahen Geſtirne, wie z. B. für den Mond, wird man ſelbſt dieſe Correſpondenz eines zweiten Beobach- ters entbehren und die Parallaxe ſchon durch einen einzelnen Be- obachter beſtimmen können, ohne daß dieſer genöthigt wäre, ſeine Stelle auf der Oberfläche der Erde zu verlaſſen. Wenn nämlich der Mond L (Fig. 9) für den Beobachter in A aufgeht, ſo ſieht er ihn bei dem Sterne a, während ihn ein Beobachter im Mit- telpunkte C der Erde bei dem Sterne c ſehen würde, ſo daß, wie geſagt, ac die Horizontalparallaxe des Mondes iſt. Allein der Beobachter kennt den Stern noch nicht, bei dem der Mond, von C geſehen, erſcheinen würde, alſo iſt ihm auch dieſer Bogen ac noch unbekannt. Allein in ſechs Stunden ſpäter, wo der Mond durch das Zenith Z, oder doch durch den Meridian deſſelben Be- obachters A geht, fallen die beiden Linien LA und LC zuſammen, nämlich beide auf die Linie CAZ und nun ſieht der Beobachter in A, ſo wie der in C, den Mond bei demſelben Stern c, deſſen Diſtanz von a man daher nur zu meſſen braucht, um die geſuchte Horizontalparallaxe ac des Monds zu erhalten. Noch beſſer wird es ſeyn, den Mond bei ſeinem Aufgange und bei ſeinem darauf folgenden Untergange zu beobachten, weil man auf dieſe Weiſe die doppelte Horizontalparallaxe erhält und kleinere Fehler der Beobach- tungen, die man nie ganz vermeiden kann, einen geringeren Ein- fluß auf das geſuchte Reſultat liefern. So wie nämlich der Winkel CLA, wo das Geſtirn L im Ho- rizonte AL des Beobachters iſt, die Horizontalparallaxe des Geſtirns heißt, ſo heißt auch der Winkel CL'A, wo das Geſtirn L' von dem Beobachter in A in der Höhe LAL' über ſeinem Ho- rizonte (ſ. Einl.) geſehen wird, die Höhenparallaxe des Ge- ſtirns, die immer kleiner wird, je größer die Höhe LA L' des Geſtirns iſt, bis ſie endlich im Zenithe, wo die Höhe gleich 90° wird, völlig verſchwindet. Man ſieht leicht, daß die Höhenpa- rallaxe eines Geſtirns gleich iſt der Horizontalparallaxe multipli- cirt durch den Coſinus (Einl. §. 32) der Höhe deſſelben. §. 65. (Wie die Größe der Geſtirne gefunden wird.) Wir haben oben (§. 62) gezeigt, wie man, wenn die Horizontalparallaxe

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/163>, abgerufen am 28.03.2024.