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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Jährliche Bewegung der Sonne.
Declination (§. 13) des Sterns zu bestimmen. Es ist nämlich der
Unterschied der beiden Höhen HD und HB gleich BD oder gleich
2ND, das heißt: die halbe Differenz der zwei beobachteten Höhen
ist gleich dem Abstande des Sterns D von dem Pole N, oder
gleich ND, und da NQ gleich 90° ist, so ist QD gleich 90° weniger
ND, oder mit andern Worten: Man erhält die Declination des
beobachteten Sterns, wenn man die halbe Differenz seiner beiden
Höhen von 90 Graden subtrahirt. In unserm Beispiele waren
die beiden Höhen 49° 48',8 und 46° 36',4, also ist ihre halbe
Differenz 1° 36',2 und diese von 90 Graden abgezogen, gibt
88° 23',8 für die gesuchte Declination des Polarsterns.

§. 46. (Bestimmung der Declination aller übrigen Sterne
durch Beobachtung). Die vorhergehende Methode ist, wie man
sieht, nur auf die dem Pole nahen Sterne, welche nicht mehr
untergehen, oder nur auf die sogenannten Circumpolarsterne
anwendbar. Allein sie läßt sich, wenn durch sie einmal die Pol-
höhe des Beobachtungsorts bekannt ist, auch auf alle übrigen Ge-
stirne des Himmel fortführen.

Da man nämlich bereits die Polhöhe HN (Fig. 1, 2) sei-
nes Ortes kennt, so kennt man auch die Aequatorhöhe RQ
desselben, weil (nach Einl. §. 18. I) die Summe dieser beiden Höhen
immer einen rechten Winkel beträgt, oder weil die Aequatorhöhe
immer gleich 90° weniger der Polhöhe ist. So haben wir oben
für die Polhöhe von Wien 48° 12',6 gefunden, woraus also sofort
folgt, daß die Aequatorhöhe dieses Orts 41° 47',4 beträgt, das
heißt also, die Bewohner Wiens sehen den Nordpol N des Aequa-
tors in der Höhe von 48° 12',6 über ihrem Horizonte, und daher
auch den höchsten Punkt Q des Aequators in der Höhe von
41° 47,4[ - 1 Zeichen fehlt].

Dieses vorausgesetzt, wollen wir nun unsern Quadranten
(Fig. 7) aus seiner frühern Lage um die Linie CB als um eine
Axe drehen, bis die Ebene des Instruments wieder in dem Me-
ridian liegt, aber die Seite C gegen Süd und A gegen Nord
gewendet wird, und dann die Linie 0C, wie zuvor, wieder hori-
zontal stellen. Beobachtet man mit dem Instrumente in dieser
Lage die Höhe RS (Fig. 1) eines Sterns auf der Südseite des
Zeniths zur Zeit seines Durchgangs durch den Meridian ZR, so

Jährliche Bewegung der Sonne.
Declination (§. 13) des Sterns zu beſtimmen. Es iſt nämlich der
Unterſchied der beiden Höhen HD und HB gleich BD oder gleich
2ND, das heißt: die halbe Differenz der zwei beobachteten Höhen
iſt gleich dem Abſtande des Sterns D von dem Pole N, oder
gleich ND, und da NQ gleich 90° iſt, ſo iſt QD gleich 90° weniger
ND, oder mit andern Worten: Man erhält die Declination des
beobachteten Sterns, wenn man die halbe Differenz ſeiner beiden
Höhen von 90 Graden ſubtrahirt. In unſerm Beiſpiele waren
die beiden Höhen 49° 48′,8 und 46° 36′,4, alſo iſt ihre halbe
Differenz 1° 36′,2 und dieſe von 90 Graden abgezogen, gibt
88° 23′,8 für die geſuchte Declination des Polarſterns.

§. 46. (Beſtimmung der Declination aller übrigen Sterne
durch Beobachtung). Die vorhergehende Methode iſt, wie man
ſieht, nur auf die dem Pole nahen Sterne, welche nicht mehr
untergehen, oder nur auf die ſogenannten Circumpolarſterne
anwendbar. Allein ſie läßt ſich, wenn durch ſie einmal die Pol-
höhe des Beobachtungsorts bekannt iſt, auch auf alle übrigen Ge-
ſtirne des Himmel fortführen.

Da man nämlich bereits die Polhöhe HN (Fig. 1, 2) ſei-
nes Ortes kennt, ſo kennt man auch die Aequatorhöhe RQ
deſſelben, weil (nach Einl. §. 18. I) die Summe dieſer beiden Höhen
immer einen rechten Winkel beträgt, oder weil die Aequatorhöhe
immer gleich 90° weniger der Polhöhe iſt. So haben wir oben
für die Polhöhe von Wien 48° 12′,6 gefunden, woraus alſo ſofort
folgt, daß die Aequatorhöhe dieſes Orts 41° 47′,4 beträgt, das
heißt alſo, die Bewohner Wiens ſehen den Nordpol N des Aequa-
tors in der Höhe von 48° 12′,6 über ihrem Horizonte, und daher
auch den höchſten Punkt Q des Aequators in der Höhe von
41° 47,4[ – 1 Zeichen fehlt].

Dieſes vorausgeſetzt, wollen wir nun unſern Quadranten
(Fig. 7) aus ſeiner frühern Lage um die Linie CB als um eine
Axe drehen, bis die Ebene des Inſtruments wieder in dem Me-
ridian liegt, aber die Seite C gegen Süd und A gegen Nord
gewendet wird, und dann die Linie 0C, wie zuvor, wieder hori-
zontal ſtellen. Beobachtet man mit dem Inſtrumente in dieſer
Lage die Höhe RS (Fig. 1) eines Sterns auf der Südſeite des
Zeniths zur Zeit ſeines Durchgangs durch den Meridian ZR, ſo

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[106/0118] Jährliche Bewegung der Sonne. Declination (§. 13) des Sterns zu beſtimmen. Es iſt nämlich der Unterſchied der beiden Höhen HD und HB gleich BD oder gleich 2ND, das heißt: die halbe Differenz der zwei beobachteten Höhen iſt gleich dem Abſtande des Sterns D von dem Pole N, oder gleich ND, und da NQ gleich 90° iſt, ſo iſt QD gleich 90° weniger ND, oder mit andern Worten: Man erhält die Declination des beobachteten Sterns, wenn man die halbe Differenz ſeiner beiden Höhen von 90 Graden ſubtrahirt. In unſerm Beiſpiele waren die beiden Höhen 49° 48′,8 und 46° 36′,4, alſo iſt ihre halbe Differenz 1° 36′,2 und dieſe von 90 Graden abgezogen, gibt 88° 23′,8 für die geſuchte Declination des Polarſterns. §. 46. (Beſtimmung der Declination aller übrigen Sterne durch Beobachtung). Die vorhergehende Methode iſt, wie man ſieht, nur auf die dem Pole nahen Sterne, welche nicht mehr untergehen, oder nur auf die ſogenannten Circumpolarſterne anwendbar. Allein ſie läßt ſich, wenn durch ſie einmal die Pol- höhe des Beobachtungsorts bekannt iſt, auch auf alle übrigen Ge- ſtirne des Himmel fortführen. Da man nämlich bereits die Polhöhe HN (Fig. 1, 2) ſei- nes Ortes kennt, ſo kennt man auch die Aequatorhöhe RQ deſſelben, weil (nach Einl. §. 18. I) die Summe dieſer beiden Höhen immer einen rechten Winkel beträgt, oder weil die Aequatorhöhe immer gleich 90° weniger der Polhöhe iſt. So haben wir oben für die Polhöhe von Wien 48° 12′,6 gefunden, woraus alſo ſofort folgt, daß die Aequatorhöhe dieſes Orts 41° 47′,4 beträgt, das heißt alſo, die Bewohner Wiens ſehen den Nordpol N des Aequa- tors in der Höhe von 48° 12′,6 über ihrem Horizonte, und daher auch den höchſten Punkt Q des Aequators in der Höhe von 41° 47,4_. Dieſes vorausgeſetzt, wollen wir nun unſern Quadranten (Fig. 7) aus ſeiner frühern Lage um die Linie CB als um eine Axe drehen, bis die Ebene des Inſtruments wieder in dem Me- ridian liegt, aber die Seite C gegen Süd und A gegen Nord gewendet wird, und dann die Linie 0C, wie zuvor, wieder hori- zontal ſtellen. Beobachtet man mit dem Inſtrumente in dieſer Lage die Höhe RS (Fig. 1) eines Sterns auf der Südſeite des Zeniths zur Zeit ſeines Durchgangs durch den Meridian ZR, ſo

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/118>, abgerufen am 29.03.2024.