Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
gemein angenommen bezeichnet werden kann. In den Staatsverträgen,
so auch besonders in denen des Deutschen Reichs mit den mittel-
und südamerikanischen Staaten haben sich die Staaten vielfach noch
ausdrücklich zur Beobachtung dieser Rechtsregel verpflichtet.

b) Die Mitteilung an die neutralen Mächte (Generalnotifikation),
dass von einem bestimmten Zeitpunkte angefangen ein bestimmtes Ge-
biet blokiert sei.

2. Die Rechtswirkung der Blokade besteht darin, dass den Schiffen
auch der neutralen Mächte der Verkehr mit dem blokierten Gebiet
untersagt ist. Jeder Versuch, die Blokade zu durchbrechen, hat mit-
hin zur Folge, dass das bei diesem Versuch festgenommene Schiff als
gute Prise dem Blokierenden verfällt.

Doch muss das Schiff vor der Wegnahme auf die bestehende
Blokade besonders aufmerksam gemacht worden sein (Spezial-
notifikation
); die erfolgte Mitteilung wird meist durch Eintragung
in die Schiffspapiere beurkundet. Diese mildere Übung wurde auch
von den Vereinigten Staaten 1898 befolgt. Gelungene Durchbrechung
der Blokade beweist, dass diese nicht effektiv gewesen ist, erzeugt
daher für den Blokierenden keinerlei Anspruch. Die Lehre von der
"einheitlichen Reise" muss auch hier (unten § 43 IV S. 247) zurück-
gewiesen werden. Hat das Schiff die Blokade glücklich durchbrochen,
und wird es später auf der Weiterfahrt oder auf der Rückfahrt auf-
gegriffen, so darf es nicht mit Beschlag belegt werden (Springbock-
Fall 1863).

Gestattet ist der amtliche Verkehr der neutralen Mächte mit
ihren Agenten.

3. Blokiert werden kann nur das unter der Staatsgewalt des
Feindes stehende, oder das vom Feinde besetzte eigene Gebiet.

Ausgeschlossen ist mithin die Blokade eines Teiles der offenen
See, insbesondere auch die einer unter der Meeresfreiheit stehenden
Meerenge. Ausgeschlossen ist ferner die Blokade derjenigen Land-
und Wassergebiete, die durch allgemeine oder besondere Verein-
barungen neutralisiert sind (oben § 40 I S. 217).

4. Die Blokade wird aufgehoben (nicht bloss unterbrochen),
sobald aus irgend einem nicht bloss vorübergehenden Grunde ihre

IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
gemein angenommen bezeichnet werden kann. In den Staatsverträgen,
so auch besonders in denen des Deutschen Reichs mit den mittel-
und südamerikanischen Staaten haben sich die Staaten vielfach noch
ausdrücklich zur Beobachtung dieser Rechtsregel verpflichtet.

b) Die Mitteilung an die neutralen Mächte (Generalnotifikation),
daſs von einem bestimmten Zeitpunkte angefangen ein bestimmtes Ge-
biet blokiert sei.

2. Die Rechtswirkung der Blokade besteht darin, daſs den Schiffen
auch der neutralen Mächte der Verkehr mit dem blokierten Gebiet
untersagt ist. Jeder Versuch, die Blokade zu durchbrechen, hat mit-
hin zur Folge, daſs das bei diesem Versuch festgenommene Schiff als
gute Prise dem Blokierenden verfällt.

Doch muſs das Schiff vor der Wegnahme auf die bestehende
Blokade besonders aufmerksam gemacht worden sein (Spezial-
notifikation
); die erfolgte Mitteilung wird meist durch Eintragung
in die Schiffspapiere beurkundet. Diese mildere Übung wurde auch
von den Vereinigten Staaten 1898 befolgt. Gelungene Durchbrechung
der Blokade beweist, daſs diese nicht effektiv gewesen ist, erzeugt
daher für den Blokierenden keinerlei Anspruch. Die Lehre von der
„einheitlichen Reise“ muſs auch hier (unten § 43 IV S. 247) zurück-
gewiesen werden. Hat das Schiff die Blokade glücklich durchbrochen,
und wird es später auf der Weiterfahrt oder auf der Rückfahrt auf-
gegriffen, so darf es nicht mit Beschlag belegt werden (Springbock-
Fall 1863).

Gestattet ist der amtliche Verkehr der neutralen Mächte mit
ihren Agenten.

3. Blokiert werden kann nur das unter der Staatsgewalt des
Feindes stehende, oder das vom Feinde besetzte eigene Gebiet.

Ausgeschlossen ist mithin die Blokade eines Teiles der offenen
See, insbesondere auch die einer unter der Meeresfreiheit stehenden
Meerenge. Ausgeschlossen ist ferner die Blokade derjenigen Land-
und Wassergebiete, die durch allgemeine oder besondere Verein-
barungen neutralisiert sind (oben § 40 I S. 217).

4. Die Blokade wird aufgehoben (nicht bloſs unterbrochen),
sobald aus irgend einem nicht bloſs vorübergehenden Grunde ihre

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0256" n="234"/><fw place="top" type="header">IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.</fw><lb/>
gemein angenommen bezeichnet werden kann. In den Staatsverträgen,<lb/>
so auch besonders in denen des Deutschen Reichs mit den mittel-<lb/>
und südamerikanischen Staaten haben sich die Staaten vielfach noch<lb/>
ausdrücklich zur Beobachtung dieser Rechtsregel verpflichtet.</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#b">b) Die Mitteilung an die neutralen Mächte (Generalnotifikation),<lb/>
da&#x017F;s von einem bestimmten Zeitpunkte angefangen ein bestimmtes Ge-<lb/>
biet blokiert sei.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#b">2. Die Rechtswirkung der Blokade besteht darin, da&#x017F;s den Schiffen<lb/>
auch der neutralen Mächte der Verkehr mit dem blokierten Gebiet<lb/>
untersagt ist. Jeder Versuch, die Blokade zu durchbrechen, hat mit-<lb/>
hin zur Folge, da&#x017F;s das bei diesem Versuch festgenommene Schiff als<lb/>
gute Prise dem Blokierenden verfällt.</hi> </p><lb/>
            <p>Doch mu&#x017F;s das Schiff vor der Wegnahme auf die bestehende<lb/>
Blokade besonders aufmerksam gemacht worden sein (<hi rendition="#g">Spezial-<lb/>
notifikation</hi>); die erfolgte Mitteilung wird meist durch Eintragung<lb/>
in die Schiffspapiere beurkundet. Diese mildere Übung wurde auch<lb/>
von den Vereinigten Staaten 1898 befolgt. Gelungene Durchbrechung<lb/>
der Blokade beweist, da&#x017F;s diese nicht effektiv gewesen ist, erzeugt<lb/>
daher für den Blokierenden keinerlei Anspruch. Die Lehre von der<lb/>
&#x201E;einheitlichen Reise&#x201C; mu&#x017F;s auch hier (unten § 43 IV S. 247) zurück-<lb/>
gewiesen werden. Hat das Schiff die Blokade glücklich durchbrochen,<lb/>
und wird es später auf der Weiterfahrt oder auf der Rückfahrt auf-<lb/>
gegriffen, so darf es nicht mit Beschlag belegt werden (Springbock-<lb/>
Fall 1863).</p><lb/>
            <p>Gestattet ist der amtliche Verkehr der neutralen Mächte mit<lb/>
ihren Agenten.</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#b">3. Blokiert werden kann nur das unter der Staatsgewalt des<lb/>
Feindes stehende, oder das vom Feinde besetzte eigene Gebiet.</hi> </p><lb/>
            <p>Ausgeschlossen ist mithin die Blokade eines Teiles der offenen<lb/>
See, insbesondere auch die einer unter der Meeresfreiheit stehenden<lb/>
Meerenge. Ausgeschlossen ist ferner die Blokade derjenigen Land-<lb/>
und Wassergebiete, die durch allgemeine oder besondere Verein-<lb/>
barungen neutralisiert sind (oben § 40 I S. 217).</p><lb/>
            <p><hi rendition="#b">4.</hi> Die Blokade wird aufgehoben (nicht blo&#x017F;s unterbrochen),<lb/>
sobald aus irgend einem nicht blo&#x017F;s vorübergehenden Grunde ihre<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0256] IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung. gemein angenommen bezeichnet werden kann. In den Staatsverträgen, so auch besonders in denen des Deutschen Reichs mit den mittel- und südamerikanischen Staaten haben sich die Staaten vielfach noch ausdrücklich zur Beobachtung dieser Rechtsregel verpflichtet. b) Die Mitteilung an die neutralen Mächte (Generalnotifikation), daſs von einem bestimmten Zeitpunkte angefangen ein bestimmtes Ge- biet blokiert sei. 2. Die Rechtswirkung der Blokade besteht darin, daſs den Schiffen auch der neutralen Mächte der Verkehr mit dem blokierten Gebiet untersagt ist. Jeder Versuch, die Blokade zu durchbrechen, hat mit- hin zur Folge, daſs das bei diesem Versuch festgenommene Schiff als gute Prise dem Blokierenden verfällt. Doch muſs das Schiff vor der Wegnahme auf die bestehende Blokade besonders aufmerksam gemacht worden sein (Spezial- notifikation); die erfolgte Mitteilung wird meist durch Eintragung in die Schiffspapiere beurkundet. Diese mildere Übung wurde auch von den Vereinigten Staaten 1898 befolgt. Gelungene Durchbrechung der Blokade beweist, daſs diese nicht effektiv gewesen ist, erzeugt daher für den Blokierenden keinerlei Anspruch. Die Lehre von der „einheitlichen Reise“ muſs auch hier (unten § 43 IV S. 247) zurück- gewiesen werden. Hat das Schiff die Blokade glücklich durchbrochen, und wird es später auf der Weiterfahrt oder auf der Rückfahrt auf- gegriffen, so darf es nicht mit Beschlag belegt werden (Springbock- Fall 1863). Gestattet ist der amtliche Verkehr der neutralen Mächte mit ihren Agenten. 3. Blokiert werden kann nur das unter der Staatsgewalt des Feindes stehende, oder das vom Feinde besetzte eigene Gebiet. Ausgeschlossen ist mithin die Blokade eines Teiles der offenen See, insbesondere auch die einer unter der Meeresfreiheit stehenden Meerenge. Ausgeschlossen ist ferner die Blokade derjenigen Land- und Wassergebiete, die durch allgemeine oder besondere Verein- barungen neutralisiert sind (oben § 40 I S. 217). 4. Die Blokade wird aufgehoben (nicht bloſs unterbrochen), sobald aus irgend einem nicht bloſs vorübergehenden Grunde ihre

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/256
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/256>, abgerufen am 20.04.2024.