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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.
unverkürzt weiter zu gewähren. Dagegen ist von den freiwilligen
Krankenpflegern im Kriege in beiden Konventionen nicht die Rede.

4. Die Sanitätsanstalten und zwar sowohl die Hauptfeldlazarette
als auch die fliegenden Ambulanzen sind unverletzlich, solange sich
Kranke und Verwundete darin befinden
(Artikel 1). Dagegen unter-
liegt das Material der ersteren dem Kriegsrecht, d. h. dem Beuterecht
des Siegers
(Artikel 4).

5. Die Landesbewohner, welche den Verwundeten zu Hilfe
kommen, sollen geschont werden und frei bleiben.

Jeder in einem Hause aufgenommene oder verpflegte Ver-
wundete soll dem Hause als Schutz dienen. Der Einwohner, welcher
Verwundete bei sich aufnimmt, soll mit Truppeneinquartierung, so-
wie mit einem Teil der etwa auferlegten Kriegskontributionen ver-
schont werden (Artikel 5).

6. Die zur Aufbewahrung der Verwundeten und Kranken die-
nenden Räumlichkeiten sind durch eine Flagge kenntlich zu machen,
die das rote Kreuz im weissen Felde zeigt. (Die Türkei führt seit 1877
den roten Halbmond im weissen Felde.) Das Personal hat Armbinden
mit dem gleichen Abzeichen zu tragen.

7. Missbrauch des Roten Kreuzes und alle Übertretungen der
Genfer Konvention sind nach den nationalen Gesetzen und durch
die nationalen Gerichte abzuurteilen. Die Einsetzung internationaler
Gerichtshöfe, wenigstens in zweiter Instanz, ist wiederholt vor-
geschlagen worden.

Vgl. Buzzati, De l'emploi abusif du signe et du nom de la Croix-
Rouge. 1890.

Verhandlungen des Instituts für Völkerrecht von 1895.

III. Belagerung und Beschiessung von Ortschaften.

1. Befestigte oder verteidigte Städte, Dörfer, Gebäude unter-
liegen der Beschiessung. Offene und unverteidigte Plätze nur dann,
wenn dieses zum Angriff oder zur Verteidigung notwendig ist.

Vorhergehende Anzeige von der bevorstehenden Beschiessung
ist nach der überwiegenden (freilich sehr bestrittenen) Ansicht nicht
erforderlich.

2. Die Beschiessung braucht nicht auf die eigentlichen Festungs-
werke eingeschränkt zu werden
(ebenfalls bestritten).


15*

§ 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung.
unverkürzt weiter zu gewähren. Dagegen ist von den freiwilligen
Krankenpflegern im Kriege in beiden Konventionen nicht die Rede.

4. Die Sanitätsanstalten und zwar sowohl die Hauptfeldlazarette
als auch die fliegenden Ambulanzen sind unverletzlich, solange sich
Kranke und Verwundete darin befinden
(Artikel 1). Dagegen unter-
liegt das Material der ersteren dem Kriegsrecht, d. h. dem Beuterecht
des Siegers
(Artikel 4).

5. Die Landesbewohner, welche den Verwundeten zu Hilfe
kommen, sollen geschont werden und frei bleiben.

Jeder in einem Hause aufgenommene oder verpflegte Ver-
wundete soll dem Hause als Schutz dienen. Der Einwohner, welcher
Verwundete bei sich aufnimmt, soll mit Truppeneinquartierung, so-
wie mit einem Teil der etwa auferlegten Kriegskontributionen ver-
schont werden (Artikel 5).

6. Die zur Aufbewahrung der Verwundeten und Kranken die-
nenden Räumlichkeiten sind durch eine Flagge kenntlich zu machen,
die das rote Kreuz im weiſsen Felde zeigt. (Die Türkei führt seit 1877
den roten Halbmond im weiſsen Felde.) Das Personal hat Armbinden
mit dem gleichen Abzeichen zu tragen.

7. Miſsbrauch des Roten Kreuzes und alle Übertretungen der
Genfer Konvention sind nach den nationalen Gesetzen und durch
die nationalen Gerichte abzuurteilen. Die Einsetzung internationaler
Gerichtshöfe, wenigstens in zweiter Instanz, ist wiederholt vor-
geschlagen worden.

Vgl. Buzzati, De l’emploi abusif du signe et du nom de la Croix-
Rouge. 1890.

Verhandlungen des Instituts für Völkerrecht von 1895.

III. Belagerung und Beschieſsung von Ortschaften.

1. Befestigte oder verteidigte Städte, Dörfer, Gebäude unter-
liegen der Beschieſsung. Offene und unverteidigte Plätze nur dann,
wenn dieses zum Angriff oder zur Verteidigung notwendig ist.

Vorhergehende Anzeige von der bevorstehenden Beschieſsung
ist nach der überwiegenden (freilich sehr bestrittenen) Ansicht nicht
erforderlich.

2. Die Beschieſsung braucht nicht auf die eigentlichen Festungs-
werke eingeschränkt zu werden
(ebenfalls bestritten).


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[227/0249] § 41. Die einzelnen Sätze des Kriegsrechts. Fortsetzung. unverkürzt weiter zu gewähren. Dagegen ist von den freiwilligen Krankenpflegern im Kriege in beiden Konventionen nicht die Rede. 4. Die Sanitätsanstalten und zwar sowohl die Hauptfeldlazarette als auch die fliegenden Ambulanzen sind unverletzlich, solange sich Kranke und Verwundete darin befinden (Artikel 1). Dagegen unter- liegt das Material der ersteren dem Kriegsrecht, d. h. dem Beuterecht des Siegers (Artikel 4). 5. Die Landesbewohner, welche den Verwundeten zu Hilfe kommen, sollen geschont werden und frei bleiben. Jeder in einem Hause aufgenommene oder verpflegte Ver- wundete soll dem Hause als Schutz dienen. Der Einwohner, welcher Verwundete bei sich aufnimmt, soll mit Truppeneinquartierung, so- wie mit einem Teil der etwa auferlegten Kriegskontributionen ver- schont werden (Artikel 5). 6. Die zur Aufbewahrung der Verwundeten und Kranken die- nenden Räumlichkeiten sind durch eine Flagge kenntlich zu machen, die das rote Kreuz im weiſsen Felde zeigt. (Die Türkei führt seit 1877 den roten Halbmond im weiſsen Felde.) Das Personal hat Armbinden mit dem gleichen Abzeichen zu tragen. 7. Miſsbrauch des Roten Kreuzes und alle Übertretungen der Genfer Konvention sind nach den nationalen Gesetzen und durch die nationalen Gerichte abzuurteilen. Die Einsetzung internationaler Gerichtshöfe, wenigstens in zweiter Instanz, ist wiederholt vor- geschlagen worden. Vgl. Buzzati, De l’emploi abusif du signe et du nom de la Croix- Rouge. 1890. Verhandlungen des Instituts für Völkerrecht von 1895. III. Belagerung und Beschieſsung von Ortschaften. 1. Befestigte oder verteidigte Städte, Dörfer, Gebäude unter- liegen der Beschieſsung. Offene und unverteidigte Plätze nur dann, wenn dieses zum Angriff oder zur Verteidigung notwendig ist. Vorhergehende Anzeige von der bevorstehenden Beschieſsung ist nach der überwiegenden (freilich sehr bestrittenen) Ansicht nicht erforderlich. 2. Die Beschieſsung braucht nicht auf die eigentlichen Festungs- werke eingeschränkt zu werden (ebenfalls bestritten). 15*

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/249>, abgerufen am 29.03.2024.