Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
zu hindern; er darf sie auch mit angemessenen Arbeiten be-
schäftigen, muss aber andrerseits für ihren Unterhalt sorgen. Die
Entweichung des Gefangenen zieht kriminelle Bestrafung nicht
nach sich.

2. Auch die bei dem Heer befindlichen Nichtkombattanten unter-
liegen der Gefangennahme, die aber nicht länger dauern darf, als der
Kriegszweck es erfordert
(oben § 40 II 3).

3. Gefangene Offiziere können, wenn die Gesetzgebung ihres
Landes das gestattet, auf Ehrenwort in die Heimat entlassen werden.
Sie dürfen dann, dem gegebenen Worte entsprechend, die Waffen nicht
gegen den Gegner tragen.

Thun sie es dennoch (wie das während des deutsch-franzö-
sischen Krieges von seiten französischer Offiziere vielfach ge-
schehen ist), so verwirken sie das Recht, bei abermaliger Gefangen-
nahme als Kriegsgefangene behandelt zu werden, und die Regie-
rung, die ihre Dienste annimmt, begeht eine Völkerrechtswidrigkeit.

Die Behandlung der Kriegsgefangenen ist vielfach durch die
nationale Gesetzgebung geregelt. Beachtenswert insbesondere das
französische Reglement vom 21. März 1893.

II.

Die kranken und verwundeten Soldaten sind durch die Genfer
Konvention vom 22. August 1864
(Convention pour l'amelioration du
sort des militaires belsses dans les armees en campagne) geschützt.

Vgl. Lueder, Die Genfer Konvention. 1876.

Moynier, La Croix-Rouge, son passe et son avenir. 1882.

R. Müller, Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes und der Genfer
Konvention. 1897.

Triepel, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des Kriegsrechts. 1894.

Vereinbarungen zwischen einzelnen Staaten, um das Los der
Verwundeten zu sichern und zu erleichtern, sind seit dem 16. Jahr-
hundert häufig genug getroffen worden.

Vom Jahre 1581 bis zum Jahre 1864 werden 291 solche
Verträge aufgezählt, die sich teilweise auch auf den Seekrieg be-
ziehen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt sich eine rück-
läufige Bewegung, die im Krimkrieg, in dem italienischen Krieg
und während des amerikanischen Bürgerkrieges deutlich zu Tage

IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
zu hindern; er darf sie auch mit angemessenen Arbeiten be-
schäftigen, muſs aber andrerseits für ihren Unterhalt sorgen. Die
Entweichung des Gefangenen zieht kriminelle Bestrafung nicht
nach sich.

2. Auch die bei dem Heer befindlichen Nichtkombattanten unter-
liegen der Gefangennahme, die aber nicht länger dauern darf, als der
Kriegszweck es erfordert
(oben § 40 II 3).

3. Gefangene Offiziere können, wenn die Gesetzgebung ihres
Landes das gestattet, auf Ehrenwort in die Heimat entlassen werden.
Sie dürfen dann, dem gegebenen Worte entsprechend, die Waffen nicht
gegen den Gegner tragen.

Thun sie es dennoch (wie das während des deutsch-franzö-
sischen Krieges von seiten französischer Offiziere vielfach ge-
schehen ist), so verwirken sie das Recht, bei abermaliger Gefangen-
nahme als Kriegsgefangene behandelt zu werden, und die Regie-
rung, die ihre Dienste annimmt, begeht eine Völkerrechtswidrigkeit.

Die Behandlung der Kriegsgefangenen ist vielfach durch die
nationale Gesetzgebung geregelt. Beachtenswert insbesondere das
französische Reglement vom 21. März 1893.

II.

Die kranken und verwundeten Soldaten sind durch die Genfer
Konvention vom 22. August 1864
(Convention pour l’amélioration du
sort des militaires belssés dans les armées en campagne) geschützt.

Vgl. Lueder, Die Genfer Konvention. 1876.

Moynier, La Croix-Rouge, son passé et son avenir. 1882.

R. Müller, Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes und der Genfer
Konvention. 1897.

Triepel, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des Kriegsrechts. 1894.

Vereinbarungen zwischen einzelnen Staaten, um das Los der
Verwundeten zu sichern und zu erleichtern, sind seit dem 16. Jahr-
hundert häufig genug getroffen worden.

Vom Jahre 1581 bis zum Jahre 1864 werden 291 solche
Verträge aufgezählt, die sich teilweise auch auf den Seekrieg be-
ziehen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt sich eine rück-
läufige Bewegung, die im Krimkrieg, in dem italienischen Krieg
und während des amerikanischen Bürgerkrieges deutlich zu Tage

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0246" n="224"/><fw place="top" type="header">IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.</fw><lb/>
zu hindern; er darf sie auch mit angemessenen Arbeiten be-<lb/>
schäftigen, mu&#x017F;s aber andrerseits für ihren Unterhalt sorgen. Die<lb/>
Entweichung des Gefangenen zieht kriminelle Bestrafung nicht<lb/>
nach sich.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#b">2. Auch die bei dem Heer befindlichen Nichtkombattanten unter-<lb/>
liegen der Gefangennahme, die aber nicht länger dauern darf, als der<lb/>
Kriegszweck es erfordert</hi> (oben § 40 II 3).</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#b">3. Gefangene Offiziere können, wenn die Gesetzgebung ihres<lb/>
Landes das gestattet, auf Ehrenwort in die Heimat entlassen werden.<lb/>
Sie dürfen dann, dem gegebenen Worte entsprechend, die Waffen nicht<lb/>
gegen den Gegner tragen.</hi> </p><lb/>
            <p>Thun sie es dennoch (wie das während des deutsch-franzö-<lb/>
sischen Krieges von seiten französischer Offiziere vielfach ge-<lb/>
schehen ist), so verwirken sie das Recht, bei abermaliger Gefangen-<lb/>
nahme als Kriegsgefangene behandelt zu werden, und die Regie-<lb/>
rung, die ihre Dienste annimmt, begeht eine Völkerrechtswidrigkeit.</p><lb/>
            <p>Die Behandlung der Kriegsgefangenen ist vielfach durch die<lb/>
nationale Gesetzgebung geregelt. Beachtenswert insbesondere das<lb/>
französische Reglement vom 21. März 1893.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">II.</hi> </head>
            <p><hi rendition="#b">Die kranken und verwundeten Soldaten sind durch die Genfer<lb/>
Konvention vom 22. August 1864</hi> (Convention pour l&#x2019;amélioration du<lb/>
sort des militaires belssés dans les armées en campagne) <hi rendition="#b">geschützt.</hi></p><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">Vgl. <hi rendition="#g">Lueder</hi>, Die Genfer Konvention. 1876.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Moynier</hi>, La Croix-Rouge, son passé et son avenir. 1882.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">R. <hi rendition="#g">Müller</hi>, Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes und der Genfer<lb/>
Konvention. 1897.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Triepel</hi>, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des Kriegsrechts. 1894.</hi> </p><lb/>
            <p>Vereinbarungen zwischen einzelnen Staaten, um das Los der<lb/>
Verwundeten zu sichern und zu erleichtern, sind seit dem 16. Jahr-<lb/>
hundert häufig genug getroffen worden.</p><lb/>
            <p>Vom Jahre 1581 bis zum Jahre 1864 werden 291 solche<lb/>
Verträge aufgezählt, die sich teilweise auch auf den Seekrieg be-<lb/>
ziehen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt sich eine rück-<lb/>
läufige Bewegung, die im Krimkrieg, in dem italienischen Krieg<lb/>
und während des amerikanischen Bürgerkrieges deutlich zu Tage<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0246] IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung. zu hindern; er darf sie auch mit angemessenen Arbeiten be- schäftigen, muſs aber andrerseits für ihren Unterhalt sorgen. Die Entweichung des Gefangenen zieht kriminelle Bestrafung nicht nach sich. 2. Auch die bei dem Heer befindlichen Nichtkombattanten unter- liegen der Gefangennahme, die aber nicht länger dauern darf, als der Kriegszweck es erfordert (oben § 40 II 3). 3. Gefangene Offiziere können, wenn die Gesetzgebung ihres Landes das gestattet, auf Ehrenwort in die Heimat entlassen werden. Sie dürfen dann, dem gegebenen Worte entsprechend, die Waffen nicht gegen den Gegner tragen. Thun sie es dennoch (wie das während des deutsch-franzö- sischen Krieges von seiten französischer Offiziere vielfach ge- schehen ist), so verwirken sie das Recht, bei abermaliger Gefangen- nahme als Kriegsgefangene behandelt zu werden, und die Regie- rung, die ihre Dienste annimmt, begeht eine Völkerrechtswidrigkeit. Die Behandlung der Kriegsgefangenen ist vielfach durch die nationale Gesetzgebung geregelt. Beachtenswert insbesondere das französische Reglement vom 21. März 1893. II. Die kranken und verwundeten Soldaten sind durch die Genfer Konvention vom 22. August 1864 (Convention pour l’amélioration du sort des militaires belssés dans les armées en campagne) geschützt. Vgl. Lueder, Die Genfer Konvention. 1876. Moynier, La Croix-Rouge, son passé et son avenir. 1882. R. Müller, Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes und der Genfer Konvention. 1897. Triepel, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des Kriegsrechts. 1894. Vereinbarungen zwischen einzelnen Staaten, um das Los der Verwundeten zu sichern und zu erleichtern, sind seit dem 16. Jahr- hundert häufig genug getroffen worden. Vom Jahre 1581 bis zum Jahre 1864 werden 291 solche Verträge aufgezählt, die sich teilweise auch auf den Seekrieg be- ziehen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt sich eine rück- läufige Bewegung, die im Krimkrieg, in dem italienischen Krieg und während des amerikanischen Bürgerkrieges deutlich zu Tage

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/246
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/246>, abgerufen am 16.04.2024.