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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
Verbot des Handels mit den Angehörigen des Gegners; Ausfuhr-
verbote von Pferden, Nahrungsmitteln u. s. w.

2. In völkerrechtlicher Beziehung auf das Verhältnis der beiden
Staaten zu einander.

Die diplomatischen Beziehungen werden abgebrochen; der
eigene Gesandte wird abberufen, dem Gesandten des Gegners werden
die Pässe zugestellt, den Konsuln wird (zumeist, aber nicht not-
wendig) das Exequatur entzogen und die Vertretung der Interessen
der Staatsangehörigen den Konsuln einer befreundeten Macht über-
tragen. Die mit dem Gegner geschlossenen Verträge werden auf-
gehoben, soweit sie nicht gerade für den Fall des Krieges abge-
schlossen sind (oben § 21 IV). Den Staatsangehörigen des Gegners
kann der Eintritt in das Staatsgebiet versagt werden; die auf dem
Staatsgebiet weilenden Angehörigen des Gegners können, soweit
nicht besondere Vereinbarungen im Wege stehen, im Lande zu-
rückgehalten oder aber ausgewiesen werden (Xenelasie).

Der vertragsmässige Ausschluss des Rechts zur Ausweisung
der gegnerischen Staatsangehörigen findet sich beispielsweise in Ar-
tikel 11 des deutschen Freundschafts- u. s. w. Vertrags mit Nicaragua
vom 4. Februar 1896 (R. G. Bl. 1897 S. 171): "Wenn (was Gott ver-
hüten wolle) der Friede zwischen den beiden Hohen kontrahierenden
Teilen gestört werden sollte, so soll den Angehörigen des einen
Staates, welche zu der Zeit in dem Gebiete des anderen sich be-
finden, der Aufenthalt daselbst und der Betrieb ihres Berufs oder
Gewerbes gestattet bleiben, ohne dass sie auf irgend welche Art,
insbesondere durch ausserordentliche Steuern, Leistungen oder
Kontributionen, welche nicht zugleich alle Angehörigen des Landes
treffen, belästigt werden, und der volle Genuss ihrer Freiheit und
ihrer Güter soll ihnen gelassen werden, solange sie sich keiner
Verletzung der Landesgesetze schuldig machen."

"Wenn dieselben aber vorziehen sollten, während des Kriegs-
zustandes das Land zu verlassen, so soll ihnen das gleichfalls ge-
stattet sein, und sie sollen demgemäss ungehindert ihre Geschäfte
ordnen, über ihr Eigentum verfügen und den Erlös ohne Abzug mit-

IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
Verbot des Handels mit den Angehörigen des Gegners; Ausfuhr-
verbote von Pferden, Nahrungsmitteln u. s. w.

2. In völkerrechtlicher Beziehung auf das Verhältnis der beiden
Staaten zu einander.

Die diplomatischen Beziehungen werden abgebrochen; der
eigene Gesandte wird abberufen, dem Gesandten des Gegners werden
die Pässe zugestellt, den Konsuln wird (zumeist, aber nicht not-
wendig) das Exequatur entzogen und die Vertretung der Interessen
der Staatsangehörigen den Konsuln einer befreundeten Macht über-
tragen. Die mit dem Gegner geschlossenen Verträge werden auf-
gehoben, soweit sie nicht gerade für den Fall des Krieges abge-
schlossen sind (oben § 21 IV). Den Staatsangehörigen des Gegners
kann der Eintritt in das Staatsgebiet versagt werden; die auf dem
Staatsgebiet weilenden Angehörigen des Gegners können, soweit
nicht besondere Vereinbarungen im Wege stehen, im Lande zu-
rückgehalten oder aber ausgewiesen werden (Xenelasie).

Der vertragsmäſsige Ausschluſs des Rechts zur Ausweisung
der gegnerischen Staatsangehörigen findet sich beispielsweise in Ar-
tikel 11 des deutschen Freundschafts- u. s. w. Vertrags mit Nicaragua
vom 4. Februar 1896 (R. G. Bl. 1897 S. 171): „Wenn (was Gott ver-
hüten wolle) der Friede zwischen den beiden Hohen kontrahierenden
Teilen gestört werden sollte, so soll den Angehörigen des einen
Staates, welche zu der Zeit in dem Gebiete des anderen sich be-
finden, der Aufenthalt daselbst und der Betrieb ihres Berufs oder
Gewerbes gestattet bleiben, ohne daſs sie auf irgend welche Art,
insbesondere durch auſserordentliche Steuern, Leistungen oder
Kontributionen, welche nicht zugleich alle Angehörigen des Landes
treffen, belästigt werden, und der volle Genuſs ihrer Freiheit und
ihrer Güter soll ihnen gelassen werden, solange sie sich keiner
Verletzung der Landesgesetze schuldig machen.“

„Wenn dieselben aber vorziehen sollten, während des Kriegs-
zustandes das Land zu verlassen, so soll ihnen das gleichfalls ge-
stattet sein, und sie sollen demgemäſs ungehindert ihre Geschäfte
ordnen, über ihr Eigentum verfügen und den Erlös ohne Abzug mit-

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[212/0234] IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung. Verbot des Handels mit den Angehörigen des Gegners; Ausfuhr- verbote von Pferden, Nahrungsmitteln u. s. w. 2. In völkerrechtlicher Beziehung auf das Verhältnis der beiden Staaten zu einander. Die diplomatischen Beziehungen werden abgebrochen; der eigene Gesandte wird abberufen, dem Gesandten des Gegners werden die Pässe zugestellt, den Konsuln wird (zumeist, aber nicht not- wendig) das Exequatur entzogen und die Vertretung der Interessen der Staatsangehörigen den Konsuln einer befreundeten Macht über- tragen. Die mit dem Gegner geschlossenen Verträge werden auf- gehoben, soweit sie nicht gerade für den Fall des Krieges abge- schlossen sind (oben § 21 IV). Den Staatsangehörigen des Gegners kann der Eintritt in das Staatsgebiet versagt werden; die auf dem Staatsgebiet weilenden Angehörigen des Gegners können, soweit nicht besondere Vereinbarungen im Wege stehen, im Lande zu- rückgehalten oder aber ausgewiesen werden (Xenelasie). Der vertragsmäſsige Ausschluſs des Rechts zur Ausweisung der gegnerischen Staatsangehörigen findet sich beispielsweise in Ar- tikel 11 des deutschen Freundschafts- u. s. w. Vertrags mit Nicaragua vom 4. Februar 1896 (R. G. Bl. 1897 S. 171): „Wenn (was Gott ver- hüten wolle) der Friede zwischen den beiden Hohen kontrahierenden Teilen gestört werden sollte, so soll den Angehörigen des einen Staates, welche zu der Zeit in dem Gebiete des anderen sich be- finden, der Aufenthalt daselbst und der Betrieb ihres Berufs oder Gewerbes gestattet bleiben, ohne daſs sie auf irgend welche Art, insbesondere durch auſserordentliche Steuern, Leistungen oder Kontributionen, welche nicht zugleich alle Angehörigen des Landes treffen, belästigt werden, und der volle Genuſs ihrer Freiheit und ihrer Güter soll ihnen gelassen werden, solange sie sich keiner Verletzung der Landesgesetze schuldig machen.“ „Wenn dieselben aber vorziehen sollten, während des Kriegs- zustandes das Land zu verlassen, so soll ihnen das gleichfalls ge- stattet sein, und sie sollen demgemäſs ungehindert ihre Geschäfte ordnen, über ihr Eigentum verfügen und den Erlös ohne Abzug mit-

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/234>, abgerufen am 25.04.2024.