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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.
waltungsgemeinschaft geführt. Schon durch den preussisch-franzö-
sischen Vertrag von 1862 war die österreichisch-deutsche Gruppe,
die durch Beitritt verschiedener deutscher Staaten zu dem preussisch-
österreichischen Vertrage von 1850 entstanden war, der romani-
schen Staatengruppe näher gekommen.

Nach wiederholten Verhandlungen gelang am 17. Mai 1885 zu
Paris der Abschluss des Allgemeinen Telegraphenvereins (der Union
telegraphique universelle; zunächst ohne England, wo der Telegraphen-
betrieb noch nicht Staatssache war), der, durch spätere Vereinbarungen
(insbesondere zu Petersburg 22. Juli 1875) vielfach ergänzt und um-
gestaltet (Berliner Ausführungsübereinkunft vom 17. September 1885),
gegenwärtig etwa 50 Telegraphenverwaltungen (nicht aber die Ver-
einigten Staaten) umfasst. Auch von den Privatgesellschaften ist etwa
die Hälfte dem Petersburger Vertrag (ohne Stimmrecht) beigetreten.

Obwohl älter als der Weltpostverein, ist doch der Telegraphen-
verein hinter diesem nicht nur in räumlicher Ausdehnung, sondern
auch in der Durchbildung der für die Verwaltungsgemeinschaft
massgebenden Rechtssätze ganz wesentlich zurückgeblieben. Ins-
besondere ist es trotz wiederholter Bemühungen der Vertreter des
Deutschen Reichs nicht gelungen, zu dem Einheitstarif für den
europäischen Verkehr zu gelangen. Eine Hauptschwierigkeit bieten
in dieser Beziehung die unterseeischen Telegraphenkabel. Auch
auf der letzten (achten) Konferenz zu Pest 1896 wurde die Beschluss-
fassung über den deutschen Vorschlag aus fiskalischen Rücksichten
vertagt.

IV.

Gerade die Telegraphenkabel haben aber wegen der Kostspielig-
keit ihrer Anlage und Unterhaltung, sowie wegen ihrer Wichtigkeit
für den internationalen Verkehr den Anlass zu einer andern, für die
Entwicklung des Völkerrechts sehr wichtigen Vereinbarung gegeben,
die schon 1869 von den Vereinigten Staaten und wiederholt 1878
und 1879 durch das Institut für Völkerrecht angeregt worden war.

Am 14. März 1884 wurde zu Paris der "internationale Vertrag
zum Schutze der unterseeischen Telegraphenkabel" geschlossen; an ihn
reiht sich ein Zusatzartikel vom selben Tag, sowie eine Deklaration vom
1. Dezember 1886, beziehungsweise 23. März 1887
(R. G. Bl. 1888 S. 151).


III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.
waltungsgemeinschaft geführt. Schon durch den preuſsisch-franzö-
sischen Vertrag von 1862 war die österreichisch-deutsche Gruppe,
die durch Beitritt verschiedener deutscher Staaten zu dem preuſsisch-
österreichischen Vertrage von 1850 entstanden war, der romani-
schen Staatengruppe näher gekommen.

Nach wiederholten Verhandlungen gelang am 17. Mai 1885 zu
Paris der Abschluſs des Allgemeinen Telegraphenvereins (der Union
télégraphique universelle; zunächst ohne England, wo der Telegraphen-
betrieb noch nicht Staatssache war), der, durch spätere Vereinbarungen
(insbesondere zu Petersburg 22. Juli 1875) vielfach ergänzt und um-
gestaltet (Berliner Ausführungsübereinkunft vom 17. September 1885),
gegenwärtig etwa 50 Telegraphenverwaltungen (nicht aber die Ver-
einigten Staaten) umfaſst. Auch von den Privatgesellschaften ist etwa
die Hälfte dem Petersburger Vertrag (ohne Stimmrecht) beigetreten.

Obwohl älter als der Weltpostverein, ist doch der Telegraphen-
verein hinter diesem nicht nur in räumlicher Ausdehnung, sondern
auch in der Durchbildung der für die Verwaltungsgemeinschaft
maſsgebenden Rechtssätze ganz wesentlich zurückgeblieben. Ins-
besondere ist es trotz wiederholter Bemühungen der Vertreter des
Deutschen Reichs nicht gelungen, zu dem Einheitstarif für den
europäischen Verkehr zu gelangen. Eine Hauptschwierigkeit bieten
in dieser Beziehung die unterseeischen Telegraphenkabel. Auch
auf der letzten (achten) Konferenz zu Pest 1896 wurde die Beschluſs-
fassung über den deutschen Vorschlag aus fiskalischen Rücksichten
vertagt.

IV.

Gerade die Telegraphenkabel haben aber wegen der Kostspielig-
keit ihrer Anlage und Unterhaltung, sowie wegen ihrer Wichtigkeit
für den internationalen Verkehr den Anlaſs zu einer andern, für die
Entwicklung des Völkerrechts sehr wichtigen Vereinbarung gegeben,
die schon 1869 von den Vereinigten Staaten und wiederholt 1878
und 1879 durch das Institut für Völkerrecht angeregt worden war.

Am 14. März 1884 wurde zu Paris der „internationale Vertrag
zum Schutze der unterseeischen Telegraphenkabel“ geschlossen; an ihn
reiht sich ein Zusatzartikel vom selben Tag, sowie eine Deklaration vom
1. Dezember 1886, beziehungsweise 23. März 1887
(R. G. Bl. 1888 S. 151).


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[164/0186] III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen. waltungsgemeinschaft geführt. Schon durch den preuſsisch-franzö- sischen Vertrag von 1862 war die österreichisch-deutsche Gruppe, die durch Beitritt verschiedener deutscher Staaten zu dem preuſsisch- österreichischen Vertrage von 1850 entstanden war, der romani- schen Staatengruppe näher gekommen. Nach wiederholten Verhandlungen gelang am 17. Mai 1885 zu Paris der Abschluſs des Allgemeinen Telegraphenvereins (der Union télégraphique universelle; zunächst ohne England, wo der Telegraphen- betrieb noch nicht Staatssache war), der, durch spätere Vereinbarungen (insbesondere zu Petersburg 22. Juli 1875) vielfach ergänzt und um- gestaltet (Berliner Ausführungsübereinkunft vom 17. September 1885), gegenwärtig etwa 50 Telegraphenverwaltungen (nicht aber die Ver- einigten Staaten) umfaſst. Auch von den Privatgesellschaften ist etwa die Hälfte dem Petersburger Vertrag (ohne Stimmrecht) beigetreten. Obwohl älter als der Weltpostverein, ist doch der Telegraphen- verein hinter diesem nicht nur in räumlicher Ausdehnung, sondern auch in der Durchbildung der für die Verwaltungsgemeinschaft maſsgebenden Rechtssätze ganz wesentlich zurückgeblieben. Ins- besondere ist es trotz wiederholter Bemühungen der Vertreter des Deutschen Reichs nicht gelungen, zu dem Einheitstarif für den europäischen Verkehr zu gelangen. Eine Hauptschwierigkeit bieten in dieser Beziehung die unterseeischen Telegraphenkabel. Auch auf der letzten (achten) Konferenz zu Pest 1896 wurde die Beschluſs- fassung über den deutschen Vorschlag aus fiskalischen Rücksichten vertagt. IV. Gerade die Telegraphenkabel haben aber wegen der Kostspielig- keit ihrer Anlage und Unterhaltung, sowie wegen ihrer Wichtigkeit für den internationalen Verkehr den Anlaſs zu einer andern, für die Entwicklung des Völkerrechts sehr wichtigen Vereinbarung gegeben, die schon 1869 von den Vereinigten Staaten und wiederholt 1878 und 1879 durch das Institut für Völkerrecht angeregt worden war. Am 14. März 1884 wurde zu Paris der „internationale Vertrag zum Schutze der unterseeischen Telegraphenkabel“ geschlossen; an ihn reiht sich ein Zusatzartikel vom selben Tag, sowie eine Deklaration vom 1. Dezember 1886, beziehungsweise 23. März 1887 (R. G. Bl. 1888 S. 151).

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/186>, abgerufen am 20.04.2024.