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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.

lagen eines gemässigt-schutzzöllnerischen Vertragssystems geschaffen hat,
vgl. Lexis im Handwörterbuch der Staatswissenschaften I. Ergänzungs-
band S. 442.

Dabei ist jedoch zu beachten:

1. Die Schutzzölle dürfen nicht als allgemeine, auf alle Gegen-
stände gelegte Prohibitivzölle zu einer Abschliessung des Landes gegen
allen Handelsverkehr überhaupt werden;
denn damit würde der Staat
seiner völkerrechtlichen Verpflichtung zum commercium (oben § 7 III)
direkt zuwider handeln. Der Merkantilismus des 17. Jahrhunderts
(Cromwells Navigationsakte 1651) würde dem heutigen Völkerrecht
gegenüber als rechtswidrig erscheinen. Die Grenze wird im einzelnen
Falle vielleicht schwer zu ziehen sein.

2. Die Selbständigkeit der Handelspolitik kann (ganz abgesehen
von den kündbaren Handelsverträgen) eingeschränkt oder ausgeschlossen
sein durch die von andern Staaten dem Staat auferlegte Verpflichtung,
eine bestimmte Handelspolitik zu treiben.

So ist dem Kongostaat durch die Kongoakte von 1885 der
Freihandel auferlegt worden (dagegen gewährten ihm die Unter-
zeichner der Brüsseler Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890 das Recht
zur Erhebung von Eingangszöllen, um der ungünstigen Finanzlage
des jungen Staatswesens aufzuhelfen).

II.

Durch die Handelsverträge werden insbesondere die Voraus-
setzungen geregelt, unter welchen die Ein-, Aus- und Durchfuhr von
Waren gestattet wird.

1. Nur ausnahmsweise und auf Grund besonderer Vereinbarung
kann in diesem Fall die Ein-, Aus- oder Durchfuhr gewisser Waren
verboten werden.

Vgl. Stoerk, L. A. IX 23.

Als solche Waren pflegen in den Verträgen aufgezählt zu
werden:

a) Waren, welche den Gegenstand eines Staatsmonopols bilden;
b) Waren, deren Einfuhr Gefahr für die Gesundheit von Men-
schen, Tieren oder Pflanzen mit sich bringen könnte;
c) Waren, deren Ausfuhr die Interessen der Landesverteidigung
gefährden würde.

III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.

lagen eines gemäſsigt-schutzzöllnerischen Vertragssystems geschaffen hat,
vgl. Lexis im Handwörterbuch der Staatswissenschaften I. Ergänzungs-
band S. 442.

Dabei ist jedoch zu beachten:

1. Die Schutzzölle dürfen nicht als allgemeine, auf alle Gegen-
stände gelegte Prohibitivzölle zu einer Abschlieſsung des Landes gegen
allen Handelsverkehr überhaupt werden;
denn damit würde der Staat
seiner völkerrechtlichen Verpflichtung zum commercium (oben § 7 III)
direkt zuwider handeln. Der Merkantilismus des 17. Jahrhunderts
(Cromwells Navigationsakte 1651) würde dem heutigen Völkerrecht
gegenüber als rechtswidrig erscheinen. Die Grenze wird im einzelnen
Falle vielleicht schwer zu ziehen sein.

2. Die Selbständigkeit der Handelspolitik kann (ganz abgesehen
von den kündbaren Handelsverträgen) eingeschränkt oder ausgeschlossen
sein durch die von andern Staaten dem Staat auferlegte Verpflichtung,
eine bestimmte Handelspolitik zu treiben.

So ist dem Kongostaat durch die Kongoakte von 1885 der
Freihandel auferlegt worden (dagegen gewährten ihm die Unter-
zeichner der Brüsseler Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890 das Recht
zur Erhebung von Eingangszöllen, um der ungünstigen Finanzlage
des jungen Staatswesens aufzuhelfen).

II.

Durch die Handelsverträge werden insbesondere die Voraus-
setzungen geregelt, unter welchen die Ein-, Aus- und Durchfuhr von
Waren gestattet wird.

1. Nur ausnahmsweise und auf Grund besonderer Vereinbarung
kann in diesem Fall die Ein-, Aus- oder Durchfuhr gewisser Waren
verboten werden.

Vgl. Stoerk, L. A. IX 23.

Als solche Waren pflegen in den Verträgen aufgezählt zu
werden:

a) Waren, welche den Gegenstand eines Staatsmonopols bilden;
b) Waren, deren Einfuhr Gefahr für die Gesundheit von Men-
schen, Tieren oder Pflanzen mit sich bringen könnte;
c) Waren, deren Ausfuhr die Interessen der Landesverteidigung
gefährden würde.

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[156/0178] III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen. lagen eines gemäſsigt-schutzzöllnerischen Vertragssystems geschaffen hat, vgl. Lexis im Handwörterbuch der Staatswissenschaften I. Ergänzungs- band S. 442. Dabei ist jedoch zu beachten: 1. Die Schutzzölle dürfen nicht als allgemeine, auf alle Gegen- stände gelegte Prohibitivzölle zu einer Abschlieſsung des Landes gegen allen Handelsverkehr überhaupt werden; denn damit würde der Staat seiner völkerrechtlichen Verpflichtung zum commercium (oben § 7 III) direkt zuwider handeln. Der Merkantilismus des 17. Jahrhunderts (Cromwells Navigationsakte 1651) würde dem heutigen Völkerrecht gegenüber als rechtswidrig erscheinen. Die Grenze wird im einzelnen Falle vielleicht schwer zu ziehen sein. 2. Die Selbständigkeit der Handelspolitik kann (ganz abgesehen von den kündbaren Handelsverträgen) eingeschränkt oder ausgeschlossen sein durch die von andern Staaten dem Staat auferlegte Verpflichtung, eine bestimmte Handelspolitik zu treiben. So ist dem Kongostaat durch die Kongoakte von 1885 der Freihandel auferlegt worden (dagegen gewährten ihm die Unter- zeichner der Brüsseler Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890 das Recht zur Erhebung von Eingangszöllen, um der ungünstigen Finanzlage des jungen Staatswesens aufzuhelfen). II. Durch die Handelsverträge werden insbesondere die Voraus- setzungen geregelt, unter welchen die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren gestattet wird. 1. Nur ausnahmsweise und auf Grund besonderer Vereinbarung kann in diesem Fall die Ein-, Aus- oder Durchfuhr gewisser Waren verboten werden. Vgl. Stoerk, L. A. IX 23. Als solche Waren pflegen in den Verträgen aufgezählt zu werden: a) Waren, welche den Gegenstand eines Staatsmonopols bilden; b) Waren, deren Einfuhr Gefahr für die Gesundheit von Men- schen, Tieren oder Pflanzen mit sich bringen könnte; c) Waren, deren Ausfuhr die Interessen der Landesverteidigung gefährden würde.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/178>, abgerufen am 18.04.2024.