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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Viertes Buch. II. Delikte gegen die Staatsgewalt etc.
trages, die Gefängnisstrafe jedoch nicht über 5 Jahre
erhöht werden (StGB. §. 120).

IV. Die Befreiung von Gefangenen (StGB.
§§. 120--122)17 voraussetzend, daß der "Gefangene" (Unter-
suchungs- wie Strafgefangene, der in civilprozessualer wie in
polizeilicher Haft Befindliche) sich bereits thatsächlich in der
Gewalt der Obrigkeit befunden hat, nicht erst in dieselbe ge-
bracht werden soll, charakterisiert sich durch den Bruch dieser
Gewalt und nicht durch den -- allerdings auch in ihr ge-
legenen -- Eingriff in die staatliche Rechtspflege, gehört
mithin nicht zu den unten §. 103 behandelten Delikten, son-
dern an jene Stelle, welche auch die Systematik des RStGB.
ihr angewiesen hat.

1. Die Selbstbefreiung, regelmäßig straflos, ist nach
dem RStGB. §. 122 nur18 strafbar als Meuterei:

a) wenn die Gefangenen sich zusammenrotten19 und mit
vereinten Kräften
a) die Anstaltsbeamten oder die mit der Beaufsich-
tigung Beauftragten angreifen, oder
b) denselben Widerstand leisten, oder
g) es unternehmen, sie zu Handlungen oder Unter-
lassungen zu nötigen; oder wenn
b) Gefangene sich zusammenrotten und mit vereinten
Kräften einen gewaltsamen Ausbruch unternehmen.

Strafe: Gefängnis nicht unter 6 Monaten; gegen die-
jenigen Meuterer, welche Gewaltthätigkeiten gegen die An-
staltsbeamten oder gegen die mit der Baufsichtigung Beauf-

17 [Spaltenumbruch] Vgl. auch Mil.StGB.
§§. 58 Ziff. 11, 79, 80, 144,
159.
18 [Spaltenumbruch] Anders Mil.StGB. §§. 79,
80, 159.
19 [Spaltenumbruch] Begriff oben S. 331.
Viertes Buch. II. Delikte gegen die Staatsgewalt ꝛc.
trages, die Gefängnisſtrafe jedoch nicht über 5 Jahre
erhöht werden (StGB. §. 120).

IV. Die Befreiung von Gefangenen (StGB.
§§. 120—122)17 vorausſetzend, daß der „Gefangene“ (Unter-
ſuchungs- wie Strafgefangene, der in civilprozeſſualer wie in
polizeilicher Haft Befindliche) ſich bereits thatſächlich in der
Gewalt der Obrigkeit befunden hat, nicht erſt in dieſelbe ge-
bracht werden ſoll, charakteriſiert ſich durch den Bruch dieſer
Gewalt und nicht durch den — allerdings auch in ihr ge-
legenen — Eingriff in die ſtaatliche Rechtspflege, gehört
mithin nicht zu den unten §. 103 behandelten Delikten, ſon-
dern an jene Stelle, welche auch die Syſtematik des RStGB.
ihr angewieſen hat.

1. Die Selbſtbefreiung, regelmäßig ſtraflos, iſt nach
dem RStGB. §. 122 nur18 ſtrafbar als Meuterei:

a) wenn die Gefangenen ſich zuſammenrotten19 und mit
vereinten Kräften
α) die Anſtaltsbeamten oder die mit der Beaufſich-
tigung Beauftragten angreifen, oder
β) denſelben Widerſtand leiſten, oder
γ) es unternehmen, ſie zu Handlungen oder Unter-
laſſungen zu nötigen; oder wenn
b) Gefangene ſich zuſammenrotten und mit vereinten
Kräften einen gewaltſamen Ausbruch unternehmen.

Strafe: Gefängnis nicht unter 6 Monaten; gegen die-
jenigen Meuterer, welche Gewaltthätigkeiten gegen die An-
ſtaltsbeamten oder gegen die mit der Baufſichtigung Beauf-

17 [Spaltenumbruch] Vgl. auch Mil.StGB.
§§. 58 Ziff. 11, 79, 80, 144,
159.
18 [Spaltenumbruch] Anders Mil.StGB. §§. 79,
80, 159.
19 [Spaltenumbruch] Begriff oben S. 331.
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[412/0438] Viertes Buch. II. Delikte gegen die Staatsgewalt ꝛc. trages, die Gefängnisſtrafe jedoch nicht über 5 Jahre erhöht werden (StGB. §. 120). IV. Die Befreiung von Gefangenen (StGB. §§. 120—122) 17 vorausſetzend, daß der „Gefangene“ (Unter- ſuchungs- wie Strafgefangene, der in civilprozeſſualer wie in polizeilicher Haft Befindliche) ſich bereits thatſächlich in der Gewalt der Obrigkeit befunden hat, nicht erſt in dieſelbe ge- bracht werden ſoll, charakteriſiert ſich durch den Bruch dieſer Gewalt und nicht durch den — allerdings auch in ihr ge- legenen — Eingriff in die ſtaatliche Rechtspflege, gehört mithin nicht zu den unten §. 103 behandelten Delikten, ſon- dern an jene Stelle, welche auch die Syſtematik des RStGB. ihr angewieſen hat. 1. Die Selbſtbefreiung, regelmäßig ſtraflos, iſt nach dem RStGB. §. 122 nur 18 ſtrafbar als Meuterei: a) wenn die Gefangenen ſich zuſammenrotten 19 und mit vereinten Kräften α) die Anſtaltsbeamten oder die mit der Beaufſich- tigung Beauftragten angreifen, oder β) denſelben Widerſtand leiſten, oder γ) es unternehmen, ſie zu Handlungen oder Unter- laſſungen zu nötigen; oder wenn b) Gefangene ſich zuſammenrotten und mit vereinten Kräften einen gewaltſamen Ausbruch unternehmen. Strafe: Gefängnis nicht unter 6 Monaten; gegen die- jenigen Meuterer, welche Gewaltthätigkeiten gegen die An- ſtaltsbeamten oder gegen die mit der Baufſichtigung Beauf- 17 Vgl. auch Mil.StGB. §§. 58 Ziff. 11, 79, 80, 144, 159. 18 Anders Mil.StGB. §§. 79, 80, 159. 19 Begriff oben S. 331.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/438>, abgerufen am 25.04.2024.