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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Hochverrat. §. 93.
verleiben; oder einen Teil des Bundesgebietes oder des Ge-
bietes eines Bundesstaates vom Ganzen loszureißen (StGB.
§. 81 Ziff. 3 und 4). 4

Strafe zu 2--4: lebenslängliches Zuchthaus oder lebens-
längliche Festungshaft, bei mildernden Umständen Festungs-
haft nicht unter 5 Jahren; neben Festungshaft kann auf
Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus
öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden
(vgl. oben §. 51 II 3).

III. 1. Im Falle 1 unter II ist Versuch und Vollendung
in der Bestrafung gleichgestellt (vgl. oben §. 33 III 4); in
den Fällen 2--4 gilt dasselbe von dem Unternehmen
(vgl. oben §. 33 III 3). StGB. §. 82 giebt uns eine,
nicht notwendig über das Gebiet des Hochverrates hinaus
anzuwendende, Definition dieses Unternehmens: "jede Hand-
lung, durch welche das Vorhaben unmittelbar
zur Ausführung gebracht werden soll
." Also nicht
die beginnende Ausführungshandlung (oben §. 33 IV)
selbst, sondern die diesen Beginn unmittelbar vorbereitende
Handlung. 5 Mit anderen Worten: das "Unternehmen"
umfaßt ein weiteres Gebiet als der Versuch; umschließt
auch Vorbereitungshandlungen; aber nur jene, die un-
mittelbar an das Versuchsgebiet angrenzen. Die §§. 81 und
82 lassen also den bei weitem größeren Teil der Vorberei-
tungshandlungen straflos.

2. Diese Lücke füllen die folgenden Paragraphen aus.
Auch die Vorbereitungshandlungen zum Hochverrat

4 [Spaltenumbruch] Das Unternehmen, das ganze
Gebiet eines Bundesstaates ge-
waltsam zum Reichslande zu
machen, könnte nicht als Hoch-[Spaltenumbruch] verrat betrachtet werden: Folge
der kasuistischen Fassung des
Gesetzes.
5 [Spaltenumbruch] Sehr bestritten.

Hochverrat. §. 93.
verleiben; oder einen Teil des Bundesgebietes oder des Ge-
bietes eines Bundesſtaates vom Ganzen loszureißen (StGB.
§. 81 Ziff. 3 und 4). 4

Strafe zu 2—4: lebenslängliches Zuchthaus oder lebens-
längliche Feſtungshaft, bei mildernden Umſtänden Feſtungs-
haft nicht unter 5 Jahren; neben Feſtungshaft kann auf
Verluſt der bekleideten öffentlichen Aemter, ſowie der aus
öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden
(vgl. oben §. 51 II 3).

III. 1. Im Falle 1 unter II iſt Verſuch und Vollendung
in der Beſtrafung gleichgeſtellt (vgl. oben §. 33 III 4); in
den Fällen 2—4 gilt dasſelbe von dem Unternehmen
(vgl. oben §. 33 III 3). StGB. §. 82 giebt uns eine,
nicht notwendig über das Gebiet des Hochverrates hinaus
anzuwendende, Definition dieſes Unternehmens: „jede Hand-
lung, durch welche das Vorhaben unmittelbar
zur Ausführung gebracht werden ſoll
.“ Alſo nicht
die beginnende Ausführungshandlung (oben §. 33 IV)
ſelbſt, ſondern die dieſen Beginn unmittelbar vorbereitende
Handlung. 5 Mit anderen Worten: das „Unternehmen“
umfaßt ein weiteres Gebiet als der Verſuch; umſchließt
auch Vorbereitungshandlungen; aber nur jene, die un-
mittelbar an das Verſuchsgebiet angrenzen. Die §§. 81 und
82 laſſen alſo den bei weitem größeren Teil der Vorberei-
tungshandlungen ſtraflos.

2. Dieſe Lücke füllen die folgenden Paragraphen aus.
Auch die Vorbereitungshandlungen zum Hochverrat

4 [Spaltenumbruch] Das Unternehmen, das ganze
Gebiet eines Bundesſtaates ge-
waltſam zum Reichslande zu
machen, könnte nicht als Hoch-[Spaltenumbruch] verrat betrachtet werden: Folge
der kaſuiſtiſchen Faſſung des
Geſetzes.
5 [Spaltenumbruch] Sehr beſtritten.
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[393/0419] Hochverrat. §. 93. verleiben; oder einen Teil des Bundesgebietes oder des Ge- bietes eines Bundesſtaates vom Ganzen loszureißen (StGB. §. 81 Ziff. 3 und 4). 4 Strafe zu 2—4: lebenslängliches Zuchthaus oder lebens- längliche Feſtungshaft, bei mildernden Umſtänden Feſtungs- haft nicht unter 5 Jahren; neben Feſtungshaft kann auf Verluſt der bekleideten öffentlichen Aemter, ſowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden (vgl. oben §. 51 II 3). III. 1. Im Falle 1 unter II iſt Verſuch und Vollendung in der Beſtrafung gleichgeſtellt (vgl. oben §. 33 III 4); in den Fällen 2—4 gilt dasſelbe von dem Unternehmen (vgl. oben §. 33 III 3). StGB. §. 82 giebt uns eine, nicht notwendig über das Gebiet des Hochverrates hinaus anzuwendende, Definition dieſes Unternehmens: „jede Hand- lung, durch welche das Vorhaben unmittelbar zur Ausführung gebracht werden ſoll.“ Alſo nicht die beginnende Ausführungshandlung (oben §. 33 IV) ſelbſt, ſondern die dieſen Beginn unmittelbar vorbereitende Handlung. 5 Mit anderen Worten: das „Unternehmen“ umfaßt ein weiteres Gebiet als der Verſuch; umſchließt auch Vorbereitungshandlungen; aber nur jene, die un- mittelbar an das Verſuchsgebiet angrenzen. Die §§. 81 und 82 laſſen alſo den bei weitem größeren Teil der Vorberei- tungshandlungen ſtraflos. 2. Dieſe Lücke füllen die folgenden Paragraphen aus. Auch die Vorbereitungshandlungen zum Hochverrat 4 Das Unternehmen, das ganze Gebiet eines Bundesſtaates ge- waltſam zum Reichslande zu machen, könnte nicht als Hoch- verrat betrachtet werden: Folge der kaſuiſtiſchen Faſſung des Geſetzes. 5 Sehr beſtritten.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/419>, abgerufen am 25.04.2024.