Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

V. Delikte gegen die Sittlichkeit. §. 91.
(d. i. Verletzung des Sittlichkeitsgefühles) durch unzüch-
tige Handlungen
11 (StGB. §. 183). Auch mündliche
Aeußerungen sind unbedenklich hieher zu rechnen (bestritten).

Strafe: Gefängnis bis zu 2 Jahren, oder Geldstrafe
bis zu 500 Mark; neben Gefängnis Aberkennung der Ehren-
rechte fakultativ.

VIII. Das Verbreiten von unzüchtigen Schriften,
Abbildungen, Darstellungen12 (StGB. §. 184). Verbreiten
setzt Zugänglichmachen für das Publikum, also für einen nicht
abgeschlossenen Kreis individuell nicht bestimmter Personen
voraus;13 das Gesetz selbst nennt "Verkaufen, Verteilen oder
sonst Verbreiten; sowie Ausstellen oder Anschlagen an Orten,
welche dem Publikum zugänglich sind."

Strafe: Geldstrafe bis zu 300 Mark oder Gefängnis
bis zu 6 Monaten.

IX. Die Kuppelei, oder die Vorschubleistung zur Un-
zucht durch Vermittlung oder durch Gewährung oder Ver-
schaffung von Gelegenheit. Dabei haben wir als Unzucht zu
betrachten: a) den außerehelichen Beischlaf überhaupt;
b) die von dem Gesetze mit Strafe bedrohten beischlafs-
ähnlichen oder einfach unzüchtigen Handlungen.

Die Kuppelei ist nicht als Teilnahme im Sinne des
Strafrechts, sondern als selbständiges Delikt aufzufassen.
Denn:

a) sie setzt keine strafbare Handlung, zu welcher Hülfe ge-
leistet wird, voraus;
11 [Spaltenumbruch] Ueber den Begriff vgl. oben
S. 370. u. RGR. 28. Februar
1880, R I 404.
12 [Spaltenumbruch] Ueber Ankündigung von
Preservativs, Specialitäten usw.[Spaltenumbruch] vgl. RGR. 15. Dezember 1879,
R I 149.
13 [Spaltenumbruch] Das Nähere über den Be-
griff der Verbreitung bei Liszt
Preßrecht §. 42.

V. Delikte gegen die Sittlichkeit. §. 91.
(d. i. Verletzung des Sittlichkeitsgefühles) durch unzüch-
tige Handlungen
11 (StGB. §. 183). Auch mündliche
Aeußerungen ſind unbedenklich hieher zu rechnen (beſtritten).

Strafe: Gefängnis bis zu 2 Jahren, oder Geldſtrafe
bis zu 500 Mark; neben Gefängnis Aberkennung der Ehren-
rechte fakultativ.

VIII. Das Verbreiten von unzüchtigen Schriften,
Abbildungen, Darſtellungen12 (StGB. §. 184). Verbreiten
ſetzt Zugänglichmachen für das Publikum, alſo für einen nicht
abgeſchloſſenen Kreis individuell nicht beſtimmter Perſonen
voraus;13 das Geſetz ſelbſt nennt „Verkaufen, Verteilen oder
ſonſt Verbreiten; ſowie Ausſtellen oder Anſchlagen an Orten,
welche dem Publikum zugänglich ſind.“

Strafe: Geldſtrafe bis zu 300 Mark oder Gefängnis
bis zu 6 Monaten.

IX. Die Kuppelei, oder die Vorſchubleiſtung zur Un-
zucht durch Vermittlung oder durch Gewährung oder Ver-
ſchaffung von Gelegenheit. Dabei haben wir als Unzucht zu
betrachten: a) den außerehelichen Beiſchlaf überhaupt;
b) die von dem Geſetze mit Strafe bedrohten beiſchlafs-
ähnlichen oder einfach unzüchtigen Handlungen.

Die Kuppelei iſt nicht als Teilnahme im Sinne des
Strafrechts, ſondern als ſelbſtändiges Delikt aufzufaſſen.
Denn:

a) ſie ſetzt keine ſtrafbare Handlung, zu welcher Hülfe ge-
leiſtet wird, voraus;
11 [Spaltenumbruch] Ueber den Begriff vgl. oben
S. 370. u. RGR. 28. Februar
1880, R I 404.
12 [Spaltenumbruch] Ueber Ankündigung von
Preſervativs, Specialitäten uſw.[Spaltenumbruch] vgl. RGR. 15. Dezember 1879,
R I 149.
13 [Spaltenumbruch] Das Nähere über den Be-
griff der Verbreitung bei Liszt
Preßrecht §. 42.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0401" n="375"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Delikte gegen die Sittlichkeit. §. 91.</fw><lb/>
(d. i. Verletzung des Sittlichkeitsgefühles) <hi rendition="#g">durch unzüch-<lb/>
tige Handlungen</hi><note place="foot" n="11"><cb/>
Ueber den Begriff vgl. oben<lb/>
S. 370. u. RGR. 28. Februar<lb/>
1880, <hi rendition="#aq">R I</hi> 404.</note> (StGB. §. 183). Auch mündliche<lb/>
Aeußerungen &#x017F;ind unbedenklich hieher zu rechnen (be&#x017F;tritten).</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Strafe</hi>: Gefängnis bis zu 2 Jahren, oder Geld&#x017F;trafe<lb/>
bis zu 500 Mark; neben Gefängnis Aberkennung der Ehren-<lb/>
rechte fakultativ.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Das <hi rendition="#g">Verbreiten von unzüchtigen Schriften</hi>,<lb/>
Abbildungen, Dar&#x017F;tellungen<note place="foot" n="12"><cb/>
Ueber Ankündigung von<lb/>
Pre&#x017F;ervativs, Specialitäten u&#x017F;w.<cb/>
vgl. RGR. 15. Dezember 1879,<lb/><hi rendition="#aq">R I</hi> 149.</note> (StGB. §. 184). Verbreiten<lb/>
&#x017F;etzt Zugänglichmachen für das Publikum, al&#x017F;o für einen nicht<lb/>
abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Kreis individuell nicht be&#x017F;timmter Per&#x017F;onen<lb/>
voraus;<note place="foot" n="13"><cb/>
Das Nähere über den Be-<lb/>
griff der Verbreitung bei <hi rendition="#g">Liszt</hi><lb/>
Preßrecht §. 42.</note> das Ge&#x017F;etz &#x017F;elb&#x017F;t nennt &#x201E;Verkaufen, Verteilen oder<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t Verbreiten; &#x017F;owie Aus&#x017F;tellen oder An&#x017F;chlagen an Orten,<lb/>
welche dem Publikum zugänglich &#x017F;ind.&#x201C;</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Strafe</hi>: Geld&#x017F;trafe bis zu 300 Mark oder Gefängnis<lb/>
bis zu 6 Monaten.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">IX.</hi> Die <hi rendition="#g">Kuppelei</hi>, oder die Vor&#x017F;chublei&#x017F;tung zur Un-<lb/>
zucht durch Vermittlung oder durch Gewährung oder Ver-<lb/>
&#x017F;chaffung von Gelegenheit. Dabei haben wir als Unzucht zu<lb/>
betrachten: <hi rendition="#aq">a)</hi> den <hi rendition="#g">außerehelichen Bei&#x017F;chlaf</hi> überhaupt;<lb/><hi rendition="#aq">b)</hi> die von dem Ge&#x017F;etze <hi rendition="#g">mit Strafe bedrohten</hi> bei&#x017F;chlafs-<lb/>
ähnlichen oder einfach unzüchtigen Handlungen.</p><lb/>
              <p>Die Kuppelei i&#x017F;t nicht als <hi rendition="#g">Teilnahme</hi> im Sinne des<lb/>
Strafrechts, &#x017F;ondern als <hi rendition="#g">&#x017F;elb&#x017F;tändiges Delikt</hi> aufzufa&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Denn:</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a)</hi> &#x017F;ie &#x017F;etzt keine &#x017F;trafbare Handlung, zu welcher Hülfe ge-<lb/>
lei&#x017F;tet wird, voraus;</item>
              </list><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0401] V. Delikte gegen die Sittlichkeit. §. 91. (d. i. Verletzung des Sittlichkeitsgefühles) durch unzüch- tige Handlungen 11 (StGB. §. 183). Auch mündliche Aeußerungen ſind unbedenklich hieher zu rechnen (beſtritten). Strafe: Gefängnis bis zu 2 Jahren, oder Geldſtrafe bis zu 500 Mark; neben Gefängnis Aberkennung der Ehren- rechte fakultativ. VIII. Das Verbreiten von unzüchtigen Schriften, Abbildungen, Darſtellungen 12 (StGB. §. 184). Verbreiten ſetzt Zugänglichmachen für das Publikum, alſo für einen nicht abgeſchloſſenen Kreis individuell nicht beſtimmter Perſonen voraus; 13 das Geſetz ſelbſt nennt „Verkaufen, Verteilen oder ſonſt Verbreiten; ſowie Ausſtellen oder Anſchlagen an Orten, welche dem Publikum zugänglich ſind.“ Strafe: Geldſtrafe bis zu 300 Mark oder Gefängnis bis zu 6 Monaten. IX. Die Kuppelei, oder die Vorſchubleiſtung zur Un- zucht durch Vermittlung oder durch Gewährung oder Ver- ſchaffung von Gelegenheit. Dabei haben wir als Unzucht zu betrachten: a) den außerehelichen Beiſchlaf überhaupt; b) die von dem Geſetze mit Strafe bedrohten beiſchlafs- ähnlichen oder einfach unzüchtigen Handlungen. Die Kuppelei iſt nicht als Teilnahme im Sinne des Strafrechts, ſondern als ſelbſtändiges Delikt aufzufaſſen. Denn: a) ſie ſetzt keine ſtrafbare Handlung, zu welcher Hülfe ge- leiſtet wird, voraus; 11 Ueber den Begriff vgl. oben S. 370. u. RGR. 28. Februar 1880, R I 404. 12 Ueber Ankündigung von Preſervativs, Specialitäten uſw. vgl. RGR. 15. Dezember 1879, R I 149. 13 Das Nähere über den Be- griff der Verbreitung bei Liszt Preßrecht §. 42.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/401
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/401>, abgerufen am 25.04.2024.