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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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II. Delikte an Urkunden. §. 88.
b) von einer solchen falschen Beurkundung zum Zwecke
einer Täuschung Gebrauch macht (§. 273).

Strafe in beiden Fällen: Gefängnis bis zu 6 Monaten
oder Geldstrafe bis zu 300 Mark; wenn in Bereicherungs-
oder Schadensabsicht (wie oben §. 73 I 3) begangen, Zuchthaus
bis zu 10 Jahren mit fakultativer Geldstrafe von 150 bis zu
6000 Mark, oder bei mildernden Umständen Gefängnis mit
fakultativer Geldstrafe bis zu 3000 Mark (StGB. §§. 272
und 273).

3. Vernichtung, Beschädigung,11 Unterdrückung12
einer Urkunde,13 die dem Thäter nicht oder nicht aus-
schließlich gehört, in der Absicht, einem Anderen Nachteil zu-
zufügen (StGB. §. 274 Ziff. 1).

Strafe: Gefängnis mit fakultativer Geldstrafe bis zu
3000 Mark. Ehrverlust fakultativ (§. 280).

4. Die Grenzverrückung (StGB. §. 274 Ziff. 2),
d. i. das Wegnehmen, Vernichten, Unkenntlichmachen, Ver-
rücken oder fälschlich Setzen von Grenzsteinen oder anderen
zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Wasserstandes14 be-
stimmten Merkmalen in Schädigungsabsicht. Als Spezial-

11 [Spaltenumbruch] Beeinträchtigung der Be-
weiskraft
, mag auch die Sub-
stanz der Urkunde unverletzt ge-
blieben sein (z. B. Durchstreichen
der Unterschrift: RGR. 29. Juni
1880, R II 135).
12 [Spaltenumbruch] D. h. Entziehung aus der
Verfügungsgewalt des Berech-
tigten, mag auch die Absicht,
selbst gelegentlich von der Ur-
kunde Gebrauch zu machen, vor-
handen sein; dagegen RGR.
22. Januar 1880, E I 159, R
I
258.
13 [Spaltenumbruch] Begriff: oben am Eingang
dieses §. Beweiserheblichkeit ist
hier nicht erforderlich, wohl aber
nach dem Begriffe der Urkunde Be-
weisbestimmung; RGR. 23. Ja-
nuar 1880, E I 162, R I 263
im ersten Punkt derselben, im
zweiten anderer Ansicht; vgl.
auch OT. 20. Oktober 1875,
c. Arnim.
14 [Spaltenumbruch] Sei es dauernd oder nur
provisorisch: RGR. 22. Mai
1880, R I 811.
II. Delikte an Urkunden. §. 88.
b) von einer ſolchen falſchen Beurkundung zum Zwecke
einer Täuſchung Gebrauch macht (§. 273).

Strafe in beiden Fällen: Gefängnis bis zu 6 Monaten
oder Geldſtrafe bis zu 300 Mark; wenn in Bereicherungs-
oder Schadensabſicht (wie oben §. 73 I 3) begangen, Zuchthaus
bis zu 10 Jahren mit fakultativer Geldſtrafe von 150 bis zu
6000 Mark, oder bei mildernden Umſtänden Gefängnis mit
fakultativer Geldſtrafe bis zu 3000 Mark (StGB. §§. 272
und 273).

3. Vernichtung, Beſchädigung,11 Unterdrückung12
einer Urkunde,13 die dem Thäter nicht oder nicht aus-
ſchließlich gehört, in der Abſicht, einem Anderen Nachteil zu-
zufügen (StGB. §. 274 Ziff. 1).

Strafe: Gefängnis mit fakultativer Geldſtrafe bis zu
3000 Mark. Ehrverluſt fakultativ (§. 280).

4. Die Grenzverrückung (StGB. §. 274 Ziff. 2),
d. i. das Wegnehmen, Vernichten, Unkenntlichmachen, Ver-
rücken oder fälſchlich Setzen von Grenzſteinen oder anderen
zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Waſſerſtandes14 be-
ſtimmten Merkmalen in Schädigungsabſicht. Als Spezial-

11 [Spaltenumbruch] Beeinträchtigung der Be-
weiskraft
, mag auch die Sub-
ſtanz der Urkunde unverletzt ge-
blieben ſein (z. B. Durchſtreichen
der Unterſchrift: RGR. 29. Juni
1880, R II 135).
12 [Spaltenumbruch] D. h. Entziehung aus der
Verfügungsgewalt des Berech-
tigten, mag auch die Abſicht,
ſelbſt gelegentlich von der Ur-
kunde Gebrauch zu machen, vor-
handen ſein; dagegen RGR.
22. Januar 1880, E I 159, R
I
258.
13 [Spaltenumbruch] Begriff: oben am Eingang
dieſes §. Beweiserheblichkeit iſt
hier nicht erforderlich, wohl aber
nach dem Begriffe der Urkunde Be-
weisbeſtimmung; RGR. 23. Ja-
nuar 1880, E I 162, R I 263
im erſten Punkt derſelben, im
zweiten anderer Anſicht; vgl.
auch OT. 20. Oktober 1875,
c. Arnim.
14 [Spaltenumbruch] Sei es dauernd oder nur
proviſoriſch: RGR. 22. Mai
1880, R I 811.
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[361/0387] II. Delikte an Urkunden. §. 88. b) von einer ſolchen falſchen Beurkundung zum Zwecke einer Täuſchung Gebrauch macht (§. 273). Strafe in beiden Fällen: Gefängnis bis zu 6 Monaten oder Geldſtrafe bis zu 300 Mark; wenn in Bereicherungs- oder Schadensabſicht (wie oben §. 73 I 3) begangen, Zuchthaus bis zu 10 Jahren mit fakultativer Geldſtrafe von 150 bis zu 6000 Mark, oder bei mildernden Umſtänden Gefängnis mit fakultativer Geldſtrafe bis zu 3000 Mark (StGB. §§. 272 und 273). 3. Vernichtung, Beſchädigung, 11 Unterdrückung 12 einer Urkunde, 13 die dem Thäter nicht oder nicht aus- ſchließlich gehört, in der Abſicht, einem Anderen Nachteil zu- zufügen (StGB. §. 274 Ziff. 1). Strafe: Gefängnis mit fakultativer Geldſtrafe bis zu 3000 Mark. Ehrverluſt fakultativ (§. 280). 4. Die Grenzverrückung (StGB. §. 274 Ziff. 2), d. i. das Wegnehmen, Vernichten, Unkenntlichmachen, Ver- rücken oder fälſchlich Setzen von Grenzſteinen oder anderen zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Waſſerſtandes 14 be- ſtimmten Merkmalen in Schädigungsabſicht. Als Spezial- 11 Beeinträchtigung der Be- weiskraft, mag auch die Sub- ſtanz der Urkunde unverletzt ge- blieben ſein (z. B. Durchſtreichen der Unterſchrift: RGR. 29. Juni 1880, R II 135). 12 D. h. Entziehung aus der Verfügungsgewalt des Berech- tigten, mag auch die Abſicht, ſelbſt gelegentlich von der Ur- kunde Gebrauch zu machen, vor- handen ſein; dagegen RGR. 22. Januar 1880, E I 159, R I 258. 13 Begriff: oben am Eingang dieſes §. Beweiserheblichkeit iſt hier nicht erforderlich, wohl aber nach dem Begriffe der Urkunde Be- weisbeſtimmung; RGR. 23. Ja- nuar 1880, E I 162, R I 263 im erſten Punkt derſelben, im zweiten anderer Anſicht; vgl. auch OT. 20. Oktober 1875, c. Arnim. 14 Sei es dauernd oder nur proviſoriſch: RGR. 22. Mai 1880, R I 811.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/387>, abgerufen am 19.04.2024.