Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
schädigten Person ist nicht erforderlich. Insbesondere
kann die Beschädigung des Prozeßgegners durch eine Täuschung
des Richters herbeigeführt werden; vorausgesetzt, daß es sich
nicht um einfach unwahre, durch Vernehmung der Gegen-
partei in dieser Eigenschaft erkennbare, Parteibehauptungen,
sondern um ein Fälschen der Beweismittel handelt.19

Das Erschleichen von Liberalitäten ist nur dann Be-
trug, wenn sie durch eine wirkliche Irreführung des Schenk-
gebers erlangt wurden; nicht aber dann, wenn der Kausal-
zusammenhang fehlt und nicht die Täuschung, sondern der
Wunsch den lästigen Bewerber loszuwerden oder Gutmütigkeit
usw. die Ursache waren, welche den der Kausalität seines
Thuns sich bewußten
Schenkgeber zur Schenkung be-
stimmten.

6. Der Versuch -- der auch, wenn Vergehen, strafbar
-- beginnt bereits mit der Vorspiegelung, Entstellung, Unter-
drückung der Thatsachen. Ist die angestrebte Vermögens-
beschädigung auf dem vom Thäter gewählten Wege nicht
zu erreichen, so liegt Versuch mit untauglichem Mittel vor,
der nach den allgemeinen Regeln (oben §. 32 V) zu beur-
teilen ist.20

II. Die Arten des Betruges.

1. Der einfache Betrug (StGB. §. 263). Strafe:
Gefängnis; daneben fakultativ Geldstrafe bis zu 3000 Mark,
sowie Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Bei mildernden
Umständen kann ausschließlich auf Geldstrafe erkannt werden.

19 [Spaltenumbruch] Der richtigen Ansicht folgt
RGR. 25. Februar 1880, E I
227, R I
387; 17. März 1880,
R I 479; 22. Mai 1880, R I
808; 8. Juni 1880, E II 91.
20 [Spaltenumbruch] Uebersehen in RGR. 8. Mai
1880, R I 744; richtig (mit
Bezug auf StGB. §. 268) RGR.
5. Februar 1880, E I 186.

Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen.
ſchädigten Perſon iſt nicht erforderlich. Insbeſondere
kann die Beſchädigung des Prozeßgegners durch eine Täuſchung
des Richters herbeigeführt werden; vorausgeſetzt, daß es ſich
nicht um einfach unwahre, durch Vernehmung der Gegen-
partei in dieſer Eigenſchaft erkennbare, Parteibehauptungen,
ſondern um ein Fälſchen der Beweismittel handelt.19

Das Erſchleichen von Liberalitäten iſt nur dann Be-
trug, wenn ſie durch eine wirkliche Irreführung des Schenk-
gebers erlangt wurden; nicht aber dann, wenn der Kauſal-
zuſammenhang fehlt und nicht die Täuſchung, ſondern der
Wunſch den läſtigen Bewerber loszuwerden oder Gutmütigkeit
uſw. die Urſache waren, welche den der Kauſalität ſeines
Thuns ſich bewußten
Schenkgeber zur Schenkung be-
ſtimmten.

6. Der Verſuch — der auch, wenn Vergehen, ſtrafbar
— beginnt bereits mit der Vorſpiegelung, Entſtellung, Unter-
drückung der Thatſachen. Iſt die angeſtrebte Vermögens-
beſchädigung auf dem vom Thäter gewählten Wege nicht
zu erreichen, ſo liegt Verſuch mit untauglichem Mittel vor,
der nach den allgemeinen Regeln (oben §. 32 V) zu beur-
teilen iſt.20

II. Die Arten des Betruges.

1. Der einfache Betrug (StGB. §. 263). Strafe:
Gefängnis; daneben fakultativ Geldſtrafe bis zu 3000 Mark,
ſowie Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte. Bei mildernden
Umſtänden kann ausſchließlich auf Geldſtrafe erkannt werden.

19 [Spaltenumbruch] Der richtigen Anſicht folgt
RGR. 25. Februar 1880, E I
227, R I
387; 17. März 1880,
R I 479; 22. Mai 1880, R I
808; 8. Juni 1880, E II 91.
20 [Spaltenumbruch] Ueberſehen in RGR. 8. Mai
1880, R I 744; richtig (mit
Bezug auf StGB. §. 268) RGR.
5. Februar 1880, E I 186.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0320" n="294"/><fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Buch. <hi rendition="#aq">III.</hi> Delikte gegen das Vermögen.</fw><lb/><hi rendition="#g">&#x017F;chädigten Per&#x017F;on i&#x017F;t nicht erforderlich</hi>. Insbe&#x017F;ondere<lb/>
kann die Be&#x017F;chädigung des Prozeßgegners durch eine Täu&#x017F;chung<lb/>
des Richters herbeigeführt werden; vorausge&#x017F;etzt, daß es &#x017F;ich<lb/>
nicht um einfach unwahre, durch Vernehmung der Gegen-<lb/>
partei in die&#x017F;er Eigen&#x017F;chaft erkennbare, Parteibehauptungen,<lb/>
&#x017F;ondern um ein Fäl&#x017F;chen der Beweismittel handelt.<note place="foot" n="19"><cb/>
Der richtigen An&#x017F;icht folgt<lb/>
RGR. 25. Februar 1880, <hi rendition="#aq">E I<lb/>
227, R I</hi> 387; 17. März 1880,<lb/><hi rendition="#aq">R I</hi> 479; 22. Mai 1880, <hi rendition="#aq">R I</hi><lb/>
808; 8. Juni 1880, <hi rendition="#aq">E II</hi> 91.</note></p><lb/>
                  <p>Das Er&#x017F;chleichen von <hi rendition="#g">Liberalitäten</hi> i&#x017F;t nur dann Be-<lb/>
trug, wenn &#x017F;ie <hi rendition="#g">durch</hi> eine wirkliche Irreführung des Schenk-<lb/>
gebers erlangt wurden; nicht aber dann, wenn der Kau&#x017F;al-<lb/>
zu&#x017F;ammenhang fehlt und nicht die Täu&#x017F;chung, &#x017F;ondern der<lb/>
Wun&#x017F;ch den lä&#x017F;tigen Bewerber loszuwerden oder Gutmütigkeit<lb/>
u&#x017F;w. die Ur&#x017F;ache waren, welche den <hi rendition="#g">der Kau&#x017F;alität &#x017F;eines<lb/>
Thuns &#x017F;ich bewußten</hi> Schenkgeber zur Schenkung be-<lb/>
&#x017F;timmten.</p><lb/>
                  <p>6. Der <hi rendition="#g">Ver&#x017F;uch</hi> &#x2014; der auch, wenn Vergehen, &#x017F;trafbar<lb/>
&#x2014; beginnt bereits mit der Vor&#x017F;piegelung, Ent&#x017F;tellung, Unter-<lb/>
drückung der That&#x017F;achen. I&#x017F;t die ange&#x017F;trebte Vermögens-<lb/>
be&#x017F;chädigung auf dem vom Thäter gewählten Wege nicht<lb/>
zu erreichen, &#x017F;o liegt Ver&#x017F;uch mit untauglichem Mittel vor,<lb/>
der nach den allgemeinen Regeln (oben §. 32 <hi rendition="#aq">V</hi>) zu beur-<lb/>
teilen i&#x017F;t.<note place="foot" n="20"><cb/>
Ueber&#x017F;ehen in RGR. 8. Mai<lb/>
1880, <hi rendition="#aq">R I</hi> 744; richtig (mit<lb/>
Bezug auf StGB. §. 268) RGR.<lb/>
5. Februar 1880, <hi rendition="#aq">E I</hi> 186.</note></p><lb/>
                  <p><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Die Arten des Betruges</hi>.</p><lb/>
                  <p>1. Der einfache Betrug (StGB. §. 263). <hi rendition="#g">Strafe</hi>:<lb/>
Gefängnis; daneben fakultativ Geld&#x017F;trafe bis zu 3000 Mark,<lb/>
&#x017F;owie Verlu&#x017F;t der bürgerlichen Ehrenrechte. Bei mildernden<lb/>
Um&#x017F;tänden kann aus&#x017F;chließlich auf Geld&#x017F;trafe erkannt werden.<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0320] Erſtes Buch. III. Delikte gegen das Vermögen. ſchädigten Perſon iſt nicht erforderlich. Insbeſondere kann die Beſchädigung des Prozeßgegners durch eine Täuſchung des Richters herbeigeführt werden; vorausgeſetzt, daß es ſich nicht um einfach unwahre, durch Vernehmung der Gegen- partei in dieſer Eigenſchaft erkennbare, Parteibehauptungen, ſondern um ein Fälſchen der Beweismittel handelt. 19 Das Erſchleichen von Liberalitäten iſt nur dann Be- trug, wenn ſie durch eine wirkliche Irreführung des Schenk- gebers erlangt wurden; nicht aber dann, wenn der Kauſal- zuſammenhang fehlt und nicht die Täuſchung, ſondern der Wunſch den läſtigen Bewerber loszuwerden oder Gutmütigkeit uſw. die Urſache waren, welche den der Kauſalität ſeines Thuns ſich bewußten Schenkgeber zur Schenkung be- ſtimmten. 6. Der Verſuch — der auch, wenn Vergehen, ſtrafbar — beginnt bereits mit der Vorſpiegelung, Entſtellung, Unter- drückung der Thatſachen. Iſt die angeſtrebte Vermögens- beſchädigung auf dem vom Thäter gewählten Wege nicht zu erreichen, ſo liegt Verſuch mit untauglichem Mittel vor, der nach den allgemeinen Regeln (oben §. 32 V) zu beur- teilen iſt. 20 II. Die Arten des Betruges. 1. Der einfache Betrug (StGB. §. 263). Strafe: Gefängnis; daneben fakultativ Geldſtrafe bis zu 3000 Mark, ſowie Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte. Bei mildernden Umſtänden kann ausſchließlich auf Geldſtrafe erkannt werden. 19 Der richtigen Anſicht folgt RGR. 25. Februar 1880, E I 227, R I 387; 17. März 1880, R I 479; 22. Mai 1880, R I 808; 8. Juni 1880, E II 91. 20 Ueberſehen in RGR. 8. Mai 1880, R I 744; richtig (mit Bezug auf StGB. §. 268) RGR. 5. Februar 1880, E I 186.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/320
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/320>, abgerufen am 20.04.2024.