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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Der Bankbruch. §. 70.
daher zu unterscheiden einerseits von der wirklichen
Unfähigkeit zur Erfüllung der schwebenden Verbind-
lichkeiten, andrerseits von der Ueberschuldung, dem
Ueberstiegensein der Passiva durch die Aktiva.
b) Das Gesetz hebt in kasuistischer Weise, jedes andere etwa
gleichwertige Verhalten ausschließend, jene Handlungen
des Schuldners hervor, in welchen regelmäßig (nicht not-
wendig immer) ein Mißbrauchen des Kredites gelegen ist;
die regelmäßig, wenn auch nicht notwendig im Einzelfalle,
zur eingetretenen Zahlungseinstellung, mithin zu der vom
Gesetze in dieser erblickten Gefährdung der Vermögens-
interessen der Gläubiger, in kausaler Beziehung stehen.
c) Nach dieser Einengung des Begriffes konnte das Gesetz
davon absehen, ob die -- im Allgemeinen vorhandene
-- Gefährdung der Gläubigeransprüche auch im
konkreten Falle eingetreten ist oder nicht.

So erhält der Begriff des Bankbruches eine wesentlich
veränderte Gestalt. Er liegt vor, wenn ein Schuldner:

1. seine Zahlungen eingestellt (den Konkurs eröffnet) und
2. gewisse vom Gesetze bezeichnete Handlungen begangen hat.

3. Trotz dieser veränderten Gestalt behält unsere ur-
sprüngliche Definition ihre Bedeutung. Immer liegt in der
auf bestimmte Weise herbeigeführten, in einem bestimmten
Augenblicke als gegeben angenommenen Gefährdung der ver-
mögensrechtlichen Ansprüche der Gläubiger der Kern des De-
liktes. Die Gesammtheit der an derselben Zahlungseinstellung
beteiligten Gläubiger ist Trägerin des angegriffenen Rechts-
gutes. Daraus folgt:

a) Wenn ein Schuldner mit Rücksicht auf dieselbe
Zahlungseinstellung
(Konkurseröffnung) mehrere
der vom Gesetze bezeichneten Handlungen begangen hat
Der Bankbruch. §. 70.
daher zu unterſcheiden einerſeits von der wirklichen
Unfähigkeit zur Erfüllung der ſchwebenden Verbind-
lichkeiten, andrerſeits von der Ueberſchuldung, dem
Ueberſtiegenſein der Paſſiva durch die Aktiva.
b) Das Geſetz hebt in kaſuiſtiſcher Weiſe, jedes andere etwa
gleichwertige Verhalten ausſchließend, jene Handlungen
des Schuldners hervor, in welchen regelmäßig (nicht not-
wendig immer) ein Mißbrauchen des Kredites gelegen iſt;
die regelmäßig, wenn auch nicht notwendig im Einzelfalle,
zur eingetretenen Zahlungseinſtellung, mithin zu der vom
Geſetze in dieſer erblickten Gefährdung der Vermögens-
intereſſen der Gläubiger, in kauſaler Beziehung ſtehen.
c) Nach dieſer Einengung des Begriffes konnte das Geſetz
davon abſehen, ob die — im Allgemeinen vorhandene
Gefährdung der Gläubigeranſprüche auch im
konkreten Falle eingetreten iſt oder nicht.

So erhält der Begriff des Bankbruches eine weſentlich
veränderte Geſtalt. Er liegt vor, wenn ein Schuldner:

1. ſeine Zahlungen eingeſtellt (den Konkurs eröffnet) und
2. gewiſſe vom Geſetze bezeichnete Handlungen begangen hat.

3. Trotz dieſer veränderten Geſtalt behält unſere ur-
ſprüngliche Definition ihre Bedeutung. Immer liegt in der
auf beſtimmte Weiſe herbeigeführten, in einem beſtimmten
Augenblicke als gegeben angenommenen Gefährdung der ver-
mögensrechtlichen Anſprüche der Gläubiger der Kern des De-
liktes. Die Geſammtheit der an derſelben Zahlungseinſtellung
beteiligten Gläubiger iſt Trägerin des angegriffenen Rechts-
gutes. Daraus folgt:

a) Wenn ein Schuldner mit Rückſicht auf dieſelbe
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(Konkurseröffnung) mehrere
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[279/0305] Der Bankbruch. §. 70. daher zu unterſcheiden einerſeits von der wirklichen Unfähigkeit zur Erfüllung der ſchwebenden Verbind- lichkeiten, andrerſeits von der Ueberſchuldung, dem Ueberſtiegenſein der Paſſiva durch die Aktiva. b) Das Geſetz hebt in kaſuiſtiſcher Weiſe, jedes andere etwa gleichwertige Verhalten ausſchließend, jene Handlungen des Schuldners hervor, in welchen regelmäßig (nicht not- wendig immer) ein Mißbrauchen des Kredites gelegen iſt; die regelmäßig, wenn auch nicht notwendig im Einzelfalle, zur eingetretenen Zahlungseinſtellung, mithin zu der vom Geſetze in dieſer erblickten Gefährdung der Vermögens- intereſſen der Gläubiger, in kauſaler Beziehung ſtehen. c) Nach dieſer Einengung des Begriffes konnte das Geſetz davon abſehen, ob die — im Allgemeinen vorhandene — Gefährdung der Gläubigeranſprüche auch im konkreten Falle eingetreten iſt oder nicht. So erhält der Begriff des Bankbruches eine weſentlich veränderte Geſtalt. Er liegt vor, wenn ein Schuldner: 1. ſeine Zahlungen eingeſtellt (den Konkurs eröffnet) und 2. gewiſſe vom Geſetze bezeichnete Handlungen begangen hat. 3. Trotz dieſer veränderten Geſtalt behält unſere ur- ſprüngliche Definition ihre Bedeutung. Immer liegt in der auf beſtimmte Weiſe herbeigeführten, in einem beſtimmten Augenblicke als gegeben angenommenen Gefährdung der ver- mögensrechtlichen Anſprüche der Gläubiger der Kern des De- liktes. Die Geſammtheit der an derſelben Zahlungseinſtellung beteiligten Gläubiger iſt Trägerin des angegriffenen Rechts- gutes. Daraus folgt: a) Wenn ein Schuldner mit Rückſicht auf dieſelbe Zahlungseinſtellung (Konkurseröffnung) mehrere der vom Geſetze bezeichneten Handlungen begangen hat

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/305>, abgerufen am 29.03.2024.