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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Fortsetzung. Die Verjährung. §. 58.
den Thäter gerichtet ist (StGB. §. 68). Doch hat die StPO.
in den §§. 453 und 459 auch der polizeilichen Straffestsetzung
und dem Strafbescheide der Verwaltungsbehörden die unter-
brechende Wirkung beigelegt. Nach dem Wechselstempelgesetz
vom 10. Juni 1869 §. 17 unterbricht jede amtliche Handlung
die Verjährung. Nur die gegen den Thäter als Thäter ge-
richteten Handlungen unterbrechen die Verjährung; es genügt
also nicht die Vorladung als Zeugen, selbst wenn der Vorgela-
dene sich bei dieser Gelegenheit schuldig bekennt und darum nicht
beeidet wird (RGR. 24. November 1879, E I 231, R I 94).

Die Unterbrechung findet nur rücksichtlich desjenigen statt,
auf welchen die Handlung sich bezieht.

Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjährung.

4. Die Verjährung ruht (StGB. §. 69), wenn der
Beginn oder die Fortsetzung des Strafverfahrens von einer
Vorfrage abhängig ist, deren Entscheidung in einem anderen
Verfahren erfolgen muß. (Man vgl. StGB. §§. 164, 170
--172, 191; Einf. Ges. z. GVG. §. 11 usw.)

5. Wirkung der Verjährung ist die Beseitigung des
Strafanspruchs, nicht die des Verbrechens. Eben darum
kann die Verjährung gegenüber einem von mehreren Teil-
nehmern eingetreten sein, während die übrigen noch strafbar
sind; vgl. oben §. 37 III 3.

III. Die Vollstreckungsverjährung.4

1. Die Vollstreckung rechtskräftig erkannter Strafen ver-
jährt (StGB. §. 70):

a) wenn auf Tod oder lebenslängliches Zuchthaus oder
lebenslängliche Festungshaft erkannt ist, in 30 Jahren;
b) wenn auf Zuchthaus oder Festungshaft von mehr als
10 Jahren erkannt ist, in 20 Jahren;
4 Lit. bei Binding Grundriß S. 166.

Fortſetzung. Die Verjährung. §. 58.
den Thäter gerichtet iſt (StGB. §. 68). Doch hat die StPO.
in den §§. 453 und 459 auch der polizeilichen Straffeſtſetzung
und dem Strafbeſcheide der Verwaltungsbehörden die unter-
brechende Wirkung beigelegt. Nach dem Wechſelſtempelgeſetz
vom 10. Juni 1869 §. 17 unterbricht jede amtliche Handlung
die Verjährung. Nur die gegen den Thäter als Thäter ge-
richteten Handlungen unterbrechen die Verjährung; es genügt
alſo nicht die Vorladung als Zeugen, ſelbſt wenn der Vorgela-
dene ſich bei dieſer Gelegenheit ſchuldig bekennt und darum nicht
beeidet wird (RGR. 24. November 1879, E I 231, R I 94).

Die Unterbrechung findet nur rückſichtlich desjenigen ſtatt,
auf welchen die Handlung ſich bezieht.

Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjährung.

4. Die Verjährung ruht (StGB. §. 69), wenn der
Beginn oder die Fortſetzung des Strafverfahrens von einer
Vorfrage abhängig iſt, deren Entſcheidung in einem anderen
Verfahren erfolgen muß. (Man vgl. StGB. §§. 164, 170
—172, 191; Einf. Geſ. z. GVG. §. 11 uſw.)

5. Wirkung der Verjährung iſt die Beſeitigung des
Strafanſpruchs, nicht die des Verbrechens. Eben darum
kann die Verjährung gegenüber einem von mehreren Teil-
nehmern eingetreten ſein, während die übrigen noch ſtrafbar
ſind; vgl. oben §. 37 III 3.

III. Die Vollſtreckungsverjährung.4

1. Die Vollſtreckung rechtskräftig erkannter Strafen ver-
jährt (StGB. §. 70):

a) wenn auf Tod oder lebenslängliches Zuchthaus oder
lebenslängliche Feſtungshaft erkannt iſt, in 30 Jahren;
b) wenn auf Zuchthaus oder Feſtungshaft von mehr als
10 Jahren erkannt iſt, in 20 Jahren;
4 Lit. bei Binding Grundriß S. 166.
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[227/0253] Fortſetzung. Die Verjährung. §. 58. den Thäter gerichtet iſt (StGB. §. 68). Doch hat die StPO. in den §§. 453 und 459 auch der polizeilichen Straffeſtſetzung und dem Strafbeſcheide der Verwaltungsbehörden die unter- brechende Wirkung beigelegt. Nach dem Wechſelſtempelgeſetz vom 10. Juni 1869 §. 17 unterbricht jede amtliche Handlung die Verjährung. Nur die gegen den Thäter als Thäter ge- richteten Handlungen unterbrechen die Verjährung; es genügt alſo nicht die Vorladung als Zeugen, ſelbſt wenn der Vorgela- dene ſich bei dieſer Gelegenheit ſchuldig bekennt und darum nicht beeidet wird (RGR. 24. November 1879, E I 231, R I 94). Die Unterbrechung findet nur rückſichtlich desjenigen ſtatt, auf welchen die Handlung ſich bezieht. Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjährung. 4. Die Verjährung ruht (StGB. §. 69), wenn der Beginn oder die Fortſetzung des Strafverfahrens von einer Vorfrage abhängig iſt, deren Entſcheidung in einem anderen Verfahren erfolgen muß. (Man vgl. StGB. §§. 164, 170 —172, 191; Einf. Geſ. z. GVG. §. 11 uſw.) 5. Wirkung der Verjährung iſt die Beſeitigung des Strafanſpruchs, nicht die des Verbrechens. Eben darum kann die Verjährung gegenüber einem von mehreren Teil- nehmern eingetreten ſein, während die übrigen noch ſtrafbar ſind; vgl. oben §. 37 III 3. III. Die Vollſtreckungsverjährung. 4 1. Die Vollſtreckung rechtskräftig erkannter Strafen ver- jährt (StGB. §. 70): a) wenn auf Tod oder lebenslängliches Zuchthaus oder lebenslängliche Feſtungshaft erkannt iſt, in 30 Jahren; b) wenn auf Zuchthaus oder Feſtungshaft von mehr als 10 Jahren erkannt iſt, in 20 Jahren; 4 Lit. bei Binding Grundriß S. 166.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/253>, abgerufen am 29.03.2024.