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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Zweites Buch. IV. Der Wegfall des staatl. Strafanspruchs.
welchem Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die
Entrichtung der Branntweinsteuer, der Biersteuer und der
Postgefälle in 3 Jahren verjähren.

2. Der Fristenlauf beginnt mit dem Tage, an welchem
die Handlung begangen ist, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt
des eingetretenen Erfolges. Ueber den Zeitpunkt der be-
gangenen That vgl. das oben §. 19 IV Gesagte. Daraus
folgt, daß der Beginn der Verjährung unabhängig ist von
dem Eintritte der etwa noch erforderlichen Bedingungen der
Strafbarkeit, wie z. B. Antrag des Verletzten, Scheidung
der Ehe usw. Doch kann unter Umständen das Ausstehen
einer solchen Bedingung ein Ruhen der Verjährung (unten
unter 4) zur Folge haben. Eine Summe von Einzelhand-
lungen, welche das Recht zu einer juristischen Einheit zu-
sammenfaßt (vgl. oben §. 39 II), ist auch in Bezug auf den
Beginn der Verjährung als solche zu betrachten: die Ver-
jährung kann nicht beginnen, ehe die Handlung abgeschlossen
ist (anerkannt in §. 34 des Nachdrucksgesetzes vom 11. Juni
1870). Besondere Bestimmungen: Nach §. 100 der
Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 beginnt die
Verjährung mit dem Tage, an welchem das Schiff zuerst
ein Seemannsamt erreicht. Interessant Nachdrucksgesetz vom
11. Juni 1870: nach §§. 33 und 37 beginnt die Verjährung
des Nachdrucks und des durch unterlassene Quellenangabe
begangenen Deliktes mit dem Tage der ersten Verbreitung,
obwohl schon mit der Herstellung des ersten Exemplares nach
§. 22 das Vergehen vollendet war. Die Verjährung der
Wechselstempelhinterziehungen beginnt nach §. 17 des Gesetzes
v. 10. Juni 1869 mit dem Tage der Ausstellung des Wechsels.

3. Die Verjährung wird unterbrochen durch jede Hand-
lung des Richters, welche wegen der begangenen That gegen

Zweites Buch. IV. Der Wegfall des ſtaatl. Strafanſpruchs.
welchem Zuwiderhandlungen gegen die Vorſchriften über die
Entrichtung der Branntweinſteuer, der Bierſteuer und der
Poſtgefälle in 3 Jahren verjähren.

2. Der Friſtenlauf beginnt mit dem Tage, an welchem
die Handlung begangen iſt, ohne Rückſicht auf den Zeitpunkt
des eingetretenen Erfolges. Ueber den Zeitpunkt der be-
gangenen That vgl. das oben §. 19 IV Geſagte. Daraus
folgt, daß der Beginn der Verjährung unabhängig iſt von
dem Eintritte der etwa noch erforderlichen Bedingungen der
Strafbarkeit, wie z. B. Antrag des Verletzten, Scheidung
der Ehe uſw. Doch kann unter Umſtänden das Ausſtehen
einer ſolchen Bedingung ein Ruhen der Verjährung (unten
unter 4) zur Folge haben. Eine Summe von Einzelhand-
lungen, welche das Recht zu einer juriſtiſchen Einheit zu-
ſammenfaßt (vgl. oben §. 39 II), iſt auch in Bezug auf den
Beginn der Verjährung als ſolche zu betrachten: die Ver-
jährung kann nicht beginnen, ehe die Handlung abgeſchloſſen
iſt (anerkannt in §. 34 des Nachdrucksgeſetzes vom 11. Juni
1870). Beſondere Beſtimmungen: Nach §. 100 der
Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 beginnt die
Verjährung mit dem Tage, an welchem das Schiff zuerſt
ein Seemannsamt erreicht. Intereſſant Nachdrucksgeſetz vom
11. Juni 1870: nach §§. 33 und 37 beginnt die Verjährung
des Nachdrucks und des durch unterlaſſene Quellenangabe
begangenen Deliktes mit dem Tage der erſten Verbreitung,
obwohl ſchon mit der Herſtellung des erſten Exemplares nach
§. 22 das Vergehen vollendet war. Die Verjährung der
Wechſelſtempelhinterziehungen beginnt nach §. 17 des Geſetzes
v. 10. Juni 1869 mit dem Tage der Ausſtellung des Wechſels.

3. Die Verjährung wird unterbrochen durch jede Hand-
lung des Richters, welche wegen der begangenen That gegen

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[226/0252] Zweites Buch. IV. Der Wegfall des ſtaatl. Strafanſpruchs. welchem Zuwiderhandlungen gegen die Vorſchriften über die Entrichtung der Branntweinſteuer, der Bierſteuer und der Poſtgefälle in 3 Jahren verjähren. 2. Der Friſtenlauf beginnt mit dem Tage, an welchem die Handlung begangen iſt, ohne Rückſicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges. Ueber den Zeitpunkt der be- gangenen That vgl. das oben §. 19 IV Geſagte. Daraus folgt, daß der Beginn der Verjährung unabhängig iſt von dem Eintritte der etwa noch erforderlichen Bedingungen der Strafbarkeit, wie z. B. Antrag des Verletzten, Scheidung der Ehe uſw. Doch kann unter Umſtänden das Ausſtehen einer ſolchen Bedingung ein Ruhen der Verjährung (unten unter 4) zur Folge haben. Eine Summe von Einzelhand- lungen, welche das Recht zu einer juriſtiſchen Einheit zu- ſammenfaßt (vgl. oben §. 39 II), iſt auch in Bezug auf den Beginn der Verjährung als ſolche zu betrachten: die Ver- jährung kann nicht beginnen, ehe die Handlung abgeſchloſſen iſt (anerkannt in §. 34 des Nachdrucksgeſetzes vom 11. Juni 1870). Beſondere Beſtimmungen: Nach §. 100 der Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 beginnt die Verjährung mit dem Tage, an welchem das Schiff zuerſt ein Seemannsamt erreicht. Intereſſant Nachdrucksgeſetz vom 11. Juni 1870: nach §§. 33 und 37 beginnt die Verjährung des Nachdrucks und des durch unterlaſſene Quellenangabe begangenen Deliktes mit dem Tage der erſten Verbreitung, obwohl ſchon mit der Herſtellung des erſten Exemplares nach §. 22 das Vergehen vollendet war. Die Verjährung der Wechſelſtempelhinterziehungen beginnt nach §. 17 des Geſetzes v. 10. Juni 1869 mit dem Tage der Ausſtellung des Wechſels. 3. Die Verjährung wird unterbrochen durch jede Hand- lung des Richters, welche wegen der begangenen That gegen

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/252>, abgerufen am 20.04.2024.