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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Zweites Buch. II. Die Strafmittel.

1. Die Einzelhaft (StGB. §. 22).4 Zuchthaus- und
Gefängnisstrafe können sowohl für die ganze Dauer, wie für
einen Teil der erkannten Strafzeit in der Weise in Einzel-
haft vollzogen werden, daß der Gefangene unausgesetzt von
anderen Gefangenen gesondert gehalten wird. Die Einzel-
haft darf ohne Zustimmung des Gefangenen die Dauer von
drei Jahren nicht übersteigen.

2. Die vorläufige (bedingte) Entlassung (Beurlau-
bung (StGB. §§. 23--26). Die zu einer längeren (zei-
tigen) Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe Verurteilten
können, wenn sie drei Vierteile, mindestens aber ein Jahr
der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, sich auch während dieser
Zeit gut geführt haben, mit ihrer Zustimmung vorläufig
entlassen werden.

Ist die festgesetzte Strafzeit abgelaufen, ohne daß ein
Widerruf der vorläufigen Entlassung erfolgt ist, so gilt die
Freiheitsstrafe als verbüßt.

Dagegen hat der Widerruf -- zulässig bei schlechter
Führung des Entlassenen, sowie wenn derselbe den ihm auf-
erlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt -- die Wirkung, daß
die seit der vorläufigen Entlassung bis zur Wiedereinliefe-
rung verflossene Zeit auf die festgesetzte Strafdauer nicht ein-
gerechnet wird.

Entlassung und Widerruf liegen in der Hand der obersten
Justizaufsichtsbehörde; die vorläufige Festnahme Entlassener
kann auch von der Ortspolizeibehörde verfügt werden.

3. Die gegen jugendliche Personen erkannten Frei-
heitsstrafen sind in besonderen nur für diesen Zweck be-
stimmten Anstalten oder Räumen zu vollziehen.

4 Holtzendorff HR. "Einzelhaft".
Zweites Buch. II. Die Strafmittel.

1. Die Einzelhaft (StGB. §. 22).4 Zuchthaus- und
Gefängnisſtrafe können ſowohl für die ganze Dauer, wie für
einen Teil der erkannten Strafzeit in der Weiſe in Einzel-
haft vollzogen werden, daß der Gefangene unausgeſetzt von
anderen Gefangenen geſondert gehalten wird. Die Einzel-
haft darf ohne Zuſtimmung des Gefangenen die Dauer von
drei Jahren nicht überſteigen.

2. Die vorläufige (bedingte) Entlaſſung (Beurlau-
bung (StGB. §§. 23—26). Die zu einer längeren (zei-
tigen) Zuchthaus- oder Gefängnisſtrafe Verurteilten
können, wenn ſie drei Vierteile, mindeſtens aber ein Jahr
der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, ſich auch während dieſer
Zeit gut geführt haben, mit ihrer Zuſtimmung vorläufig
entlaſſen werden.

Iſt die feſtgeſetzte Strafzeit abgelaufen, ohne daß ein
Widerruf der vorläufigen Entlaſſung erfolgt iſt, ſo gilt die
Freiheitsſtrafe als verbüßt.

Dagegen hat der Widerruf — zuläſſig bei ſchlechter
Führung des Entlaſſenen, ſowie wenn derſelbe den ihm auf-
erlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt — die Wirkung, daß
die ſeit der vorläufigen Entlaſſung bis zur Wiedereinliefe-
rung verfloſſene Zeit auf die feſtgeſetzte Strafdauer nicht ein-
gerechnet wird.

Entlaſſung und Widerruf liegen in der Hand der oberſten
Juſtizaufſichtsbehörde; die vorläufige Feſtnahme Entlaſſener
kann auch von der Ortspolizeibehörde verfügt werden.

3. Die gegen jugendliche Perſonen erkannten Frei-
heitsſtrafen ſind in beſonderen nur für dieſen Zweck be-
ſtimmten Anſtalten oder Räumen zu vollziehen.

4 Holtzendorff HR. „Einzelhaft“.
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[190/0216] Zweites Buch. II. Die Strafmittel. 1. Die Einzelhaft (StGB. §. 22). 4 Zuchthaus- und Gefängnisſtrafe können ſowohl für die ganze Dauer, wie für einen Teil der erkannten Strafzeit in der Weiſe in Einzel- haft vollzogen werden, daß der Gefangene unausgeſetzt von anderen Gefangenen geſondert gehalten wird. Die Einzel- haft darf ohne Zuſtimmung des Gefangenen die Dauer von drei Jahren nicht überſteigen. 2. Die vorläufige (bedingte) Entlaſſung (Beurlau- bung (StGB. §§. 23—26). Die zu einer längeren (zei- tigen) Zuchthaus- oder Gefängnisſtrafe Verurteilten können, wenn ſie drei Vierteile, mindeſtens aber ein Jahr der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, ſich auch während dieſer Zeit gut geführt haben, mit ihrer Zuſtimmung vorläufig entlaſſen werden. Iſt die feſtgeſetzte Strafzeit abgelaufen, ohne daß ein Widerruf der vorläufigen Entlaſſung erfolgt iſt, ſo gilt die Freiheitsſtrafe als verbüßt. Dagegen hat der Widerruf — zuläſſig bei ſchlechter Führung des Entlaſſenen, ſowie wenn derſelbe den ihm auf- erlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt — die Wirkung, daß die ſeit der vorläufigen Entlaſſung bis zur Wiedereinliefe- rung verfloſſene Zeit auf die feſtgeſetzte Strafdauer nicht ein- gerechnet wird. Entlaſſung und Widerruf liegen in der Hand der oberſten Juſtizaufſichtsbehörde; die vorläufige Feſtnahme Entlaſſener kann auch von der Ortspolizeibehörde verfügt werden. 3. Die gegen jugendliche Perſonen erkannten Frei- heitsſtrafen ſind in beſonderen nur für dieſen Zweck be- ſtimmten Anſtalten oder Räumen zu vollziehen. 4 Holtzendorff HR. „Einzelhaft“.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/216>, abgerufen am 28.03.2024.