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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Erstes Buch. VI. Vollendung u. Versuch des Verbrechens.
Kausalitätsreihe gar nicht ihr Objekt trifft; ad d, wenn der
Erfolg nicht eintritt. Die Vollendung ist (definitiv) unter-
blieben im Falle c.

Will man diese Fälle durch besondere Benennungen aus-
einanderhalten, so kann man

1. von fehlgeschlagenen Verbrechen sprechen, wenn
die auf den Erfolg gerichtete Handlung erfolglos vollzogen
ist. Hieher gehört dann Fall c, in welchen Fall b über-
gehen kann; sowie Fall d bei Ausbleiben des Erfolges.

2. Von suspendiertem Erfolge, wenn der Erfolg
sicher, aber noch nicht eingetreten ist; Fall d kann diese Ge-
stalt annehmen.

3. Von beendetem Versuche, wenn die körperliche
Bewegung abgeschlossen ist, der Handelnde aber noch die
Möglichkeit hat, den Eintritt des Erfolges abzuwenden,
Fall b und d, nicht aber a und e gehören möglicherweise
hieher.

4. Von nichtbeendetem Versuche, wenn die körper-
liche Bewegung selbst nicht abgeschlossen ist: Fall a.3

III. Während die außerdeutsche Wissenschaft fehlgeschla-
genes und versuchtes Verbrechen mit Recht strenge von ein-
ander scheidet, zwingt uns der Stand der deutschen Gesetz-
gebung, beide unter einen gemeinsamen Begriff zu bringen.
Demnach nennen wir Versuch jede auf Herbeiführung
des Erfolges gerichtete, diesen aber nicht herbei-
führende Handlung
. In dieser Definition bedeutet Er-
folg
: den Thatbestand, an welchen der Eintritt der Strafe
geknüpft ist; Richtung auf den Erfolg: den Vorsatz des

3 [Spaltenumbruch] Die Terminologie ist eine
sehr schwankende; wichtig ist es
nur, die verschiedene Struktur[Spaltenumbruch] der einzelnen Fälle im Auge
zu behalten.

Erſtes Buch. VI. Vollendung u. Verſuch des Verbrechens.
Kauſalitätsreihe gar nicht ihr Objekt trifft; ad d, wenn der
Erfolg nicht eintritt. Die Vollendung iſt (definitiv) unter-
blieben im Falle c.

Will man dieſe Fälle durch beſondere Benennungen aus-
einanderhalten, ſo kann man

1. von fehlgeſchlagenen Verbrechen ſprechen, wenn
die auf den Erfolg gerichtete Handlung erfolglos vollzogen
iſt. Hieher gehört dann Fall c, in welchen Fall b über-
gehen kann; ſowie Fall d bei Ausbleiben des Erfolges.

2. Von ſuſpendiertem Erfolge, wenn der Erfolg
ſicher, aber noch nicht eingetreten iſt; Fall d kann dieſe Ge-
ſtalt annehmen.

3. Von beendetem Verſuche, wenn die körperliche
Bewegung abgeſchloſſen iſt, der Handelnde aber noch die
Möglichkeit hat, den Eintritt des Erfolges abzuwenden,
Fall b und d, nicht aber a und e gehören möglicherweiſe
hieher.

4. Von nichtbeendetem Verſuche, wenn die körper-
liche Bewegung ſelbſt nicht abgeſchloſſen iſt: Fall a.3

III. Während die außerdeutſche Wiſſenſchaft fehlgeſchla-
genes und verſuchtes Verbrechen mit Recht ſtrenge von ein-
ander ſcheidet, zwingt uns der Stand der deutſchen Geſetz-
gebung, beide unter einen gemeinſamen Begriff zu bringen.
Demnach nennen wir Verſuch jede auf Herbeiführung
des Erfolges gerichtete, dieſen aber nicht herbei-
führende Handlung
. In dieſer Definition bedeutet Er-
folg
: den Thatbeſtand, an welchen der Eintritt der Strafe
geknüpft iſt; Richtung auf den Erfolg: den Vorſatz des

3 [Spaltenumbruch] Die Terminologie iſt eine
ſehr ſchwankende; wichtig iſt es
nur, die verſchiedene Struktur[Spaltenumbruch] der einzelnen Fälle im Auge
zu behalten.
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[134/0160] Erſtes Buch. VI. Vollendung u. Verſuch des Verbrechens. Kauſalitätsreihe gar nicht ihr Objekt trifft; ad d, wenn der Erfolg nicht eintritt. Die Vollendung iſt (definitiv) unter- blieben im Falle c. Will man dieſe Fälle durch beſondere Benennungen aus- einanderhalten, ſo kann man 1. von fehlgeſchlagenen Verbrechen ſprechen, wenn die auf den Erfolg gerichtete Handlung erfolglos vollzogen iſt. Hieher gehört dann Fall c, in welchen Fall b über- gehen kann; ſowie Fall d bei Ausbleiben des Erfolges. 2. Von ſuſpendiertem Erfolge, wenn der Erfolg ſicher, aber noch nicht eingetreten iſt; Fall d kann dieſe Ge- ſtalt annehmen. 3. Von beendetem Verſuche, wenn die körperliche Bewegung abgeſchloſſen iſt, der Handelnde aber noch die Möglichkeit hat, den Eintritt des Erfolges abzuwenden, Fall b und d, nicht aber a und e gehören möglicherweiſe hieher. 4. Von nichtbeendetem Verſuche, wenn die körper- liche Bewegung ſelbſt nicht abgeſchloſſen iſt: Fall a. 3 III. Während die außerdeutſche Wiſſenſchaft fehlgeſchla- genes und verſuchtes Verbrechen mit Recht ſtrenge von ein- ander ſcheidet, zwingt uns der Stand der deutſchen Geſetz- gebung, beide unter einen gemeinſamen Begriff zu bringen. Demnach nennen wir Verſuch jede auf Herbeiführung des Erfolges gerichtete, dieſen aber nicht herbei- führende Handlung. In dieſer Definition bedeutet Er- folg: den Thatbeſtand, an welchen der Eintritt der Strafe geknüpft iſt; Richtung auf den Erfolg: den Vorſatz des 3 Die Terminologie iſt eine ſehr ſchwankende; wichtig iſt es nur, die verſchiedene Struktur der einzelnen Fälle im Auge zu behalten.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/160>, abgerufen am 19.04.2024.