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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Erstes Buch. V. Das Verbr. als strafbares Delikt.
(StGB. §§. 198 und 232; StPO. §. 426) indem hier der
Geklagte einerseits bei Verlust seines Rechtes verpflichtet ist,
den Antrag auf Bestrafung spätestens bis zur Beendigung
der Schlußvorträge in erster Instanz zu stellen, hiezu aber
auch dann berechtigt bleibt, wenn zu jenem Zeitpunkte die
dreimonatliche Frist bereits abgelaufen ist. Eine besondere
Bestimmung der Frist findet sich in §. 84 der Seemanns-
ordnung vom 27. Dezember 1872 (bis zur Abmusterung).
Neben der Rügefrist läuft die Verjährung des Verbrechens
durchaus selbständig (vgl. unten §. 58).

3. Der Antrag ist unteilbar. Die Verfolgung findet
nach StGB. §. 63 gegen sämmtliche an der Handlung Be-
teiligte (Thäter und Teilnehmer) sowie gegen den Be-
günstiger statt, auch wenn nur gegen eine dieser Personen
auf Bestrafung angetragen ist; und die Rücknahme des An-
trags gegen den Einen hat Einstellung des Verfahrens über-
haupt zur Folge. Dasselbe muß aber auch von dem Ver-
schweigen der Antragsfrist gegen Einen der Schuldigen gelten
(entgegengesetzt RGR. 17. April 1880, R I 615). Aus-
nahmsweise ist die Teilbarkeit des Antrages ausgesprochen
in den §§. 247 und 289 StGB.; eine Ausnahme, die auf
die §§. 263, 292, 303 nicht ausgedehnt werden darf.

4. Die Zurücknahme des Antrages ist seit der No-
velle vom 26. Februar 1876 nur mehr in den gesetzlich be-
sonders vorgesehenen Fällen und nur bis zur Verkündigung
eines auf Strafe lautenden Urteils zulässig (StGB. §. 64).
Diese besonders vorgesehenen Fälle sind:

StGB. §§. 102--104, 194, 232, 247, 263, 292, 303,
370; Nachdrucksgesetz vom 11. Juni 1870 §. 27.

Die Zurücknahme der Privatklage hat mit der des An-
trages nichts zu thun (vgl. StPO. §. 431).

Erſtes Buch. V. Das Verbr. als ſtrafbares Delikt.
(StGB. §§. 198 und 232; StPO. §. 426) indem hier der
Geklagte einerſeits bei Verluſt ſeines Rechtes verpflichtet iſt,
den Antrag auf Beſtrafung ſpäteſtens bis zur Beendigung
der Schlußvorträge in erſter Inſtanz zu ſtellen, hiezu aber
auch dann berechtigt bleibt, wenn zu jenem Zeitpunkte die
dreimonatliche Friſt bereits abgelaufen iſt. Eine beſondere
Beſtimmung der Friſt findet ſich in §. 84 der Seemanns-
ordnung vom 27. Dezember 1872 (bis zur Abmuſterung).
Neben der Rügefriſt läuft die Verjährung des Verbrechens
durchaus ſelbſtändig (vgl. unten §. 58).

3. Der Antrag iſt unteilbar. Die Verfolgung findet
nach StGB. §. 63 gegen ſämmtliche an der Handlung Be-
teiligte (Thäter und Teilnehmer) ſowie gegen den Be-
günſtiger ſtatt, auch wenn nur gegen eine dieſer Perſonen
auf Beſtrafung angetragen iſt; und die Rücknahme des An-
trags gegen den Einen hat Einſtellung des Verfahrens über-
haupt zur Folge. Dasſelbe muß aber auch von dem Ver-
ſchweigen der Antragsfriſt gegen Einen der Schuldigen gelten
(entgegengeſetzt RGR. 17. April 1880, R I 615). Aus-
nahmsweiſe iſt die Teilbarkeit des Antrages ausgeſprochen
in den §§. 247 und 289 StGB.; eine Ausnahme, die auf
die §§. 263, 292, 303 nicht ausgedehnt werden darf.

4. Die Zurücknahme des Antrages iſt ſeit der No-
velle vom 26. Februar 1876 nur mehr in den geſetzlich be-
ſonders vorgeſehenen Fällen und nur bis zur Verkündigung
eines auf Strafe lautenden Urteils zuläſſig (StGB. §. 64).
Dieſe beſonders vorgeſehenen Fälle ſind:

StGB. §§. 102—104, 194, 232, 247, 263, 292, 303,
370; Nachdrucksgeſetz vom 11. Juni 1870 §. 27.

Die Zurücknahme der Privatklage hat mit der des An-
trages nichts zu thun (vgl. StPO. §. 431).

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[130/0156] Erſtes Buch. V. Das Verbr. als ſtrafbares Delikt. (StGB. §§. 198 und 232; StPO. §. 426) indem hier der Geklagte einerſeits bei Verluſt ſeines Rechtes verpflichtet iſt, den Antrag auf Beſtrafung ſpäteſtens bis zur Beendigung der Schlußvorträge in erſter Inſtanz zu ſtellen, hiezu aber auch dann berechtigt bleibt, wenn zu jenem Zeitpunkte die dreimonatliche Friſt bereits abgelaufen iſt. Eine beſondere Beſtimmung der Friſt findet ſich in §. 84 der Seemanns- ordnung vom 27. Dezember 1872 (bis zur Abmuſterung). Neben der Rügefriſt läuft die Verjährung des Verbrechens durchaus ſelbſtändig (vgl. unten §. 58). 3. Der Antrag iſt unteilbar. Die Verfolgung findet nach StGB. §. 63 gegen ſämmtliche an der Handlung Be- teiligte (Thäter und Teilnehmer) ſowie gegen den Be- günſtiger ſtatt, auch wenn nur gegen eine dieſer Perſonen auf Beſtrafung angetragen iſt; und die Rücknahme des An- trags gegen den Einen hat Einſtellung des Verfahrens über- haupt zur Folge. Dasſelbe muß aber auch von dem Ver- ſchweigen der Antragsfriſt gegen Einen der Schuldigen gelten (entgegengeſetzt RGR. 17. April 1880, R I 615). Aus- nahmsweiſe iſt die Teilbarkeit des Antrages ausgeſprochen in den §§. 247 und 289 StGB.; eine Ausnahme, die auf die §§. 263, 292, 303 nicht ausgedehnt werden darf. 4. Die Zurücknahme des Antrages iſt ſeit der No- velle vom 26. Februar 1876 nur mehr in den geſetzlich be- ſonders vorgeſehenen Fällen und nur bis zur Verkündigung eines auf Strafe lautenden Urteils zuläſſig (StGB. §. 64). Dieſe beſonders vorgeſehenen Fälle ſind: StGB. §§. 102—104, 194, 232, 247, 263, 292, 303, 370; Nachdrucksgeſetz vom 11. Juni 1870 §. 27. Die Zurücknahme der Privatklage hat mit der des An- trages nichts zu thun (vgl. StPO. §. 431).

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/156>, abgerufen am 19.03.2024.