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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Erstes Buch. V. Das Verbr. als strafbares Delikt.
104 (stafbare Handlungen gegen befreundete Staaten), 170,
172, 179, 182 (Eheerschleichung, Ehebruch, Erschleichung
des Beischlafs, Verführung eines jungen Mädchens), 189,
194--196, 232 (Beleidigung und Körperverletzung), 236,
237 (Entführung), 247, 263 (Diebstahl, Unterschlagung, Be-
trug gegen Angehörige), 288, 289, 292, 293, 299, 300--
303 (Fälle "strafbaren Eigennutzes" und Sachbeschädigung),
370 Ziff. 5 u. 6 (Genußmittel- und Futterdiebstahl).

Dazu kommen noch einzelne Fälle in den Nebengesetzen;
so im Preßgesetz vom 7. Mai 1874 §. 19 Ziff. 3; Nach-
drucksgesetze vom 11. Juni 1870 §. 27, (ebenso in den Ge-
setzen vom 9., 10., 11. Januar 1876); §. 14 Markenschutz-
gesetz v. 30. November 1874; §. 34 Patentgesetz v. 25. Mai
1877; Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 §. 81
und 84.

II. Bei genauerer Betrachtung müßten die Antragsdelikte
in zwei, nach Inhalt und Behandlung wesentlich von ein-
ander verschiedene Gruppen zerlegt werden.

1. Gewisse Rechtsgüterverletzungen erscheinen nur dann
als solche, sind nur dann für die öffentliche Rechtsordnung
von Bedeutung, wenn der Verletzte sie als Verletzung em-
pfindet, und, daß er dies thut, in vorgeschriebener bestimmter
Form (durch den "Antrag" auf Verfolgung) erklärt. Die
unzüchtige Berührung eines Mädchens kann von der Be-
rührten als Liebkosung oder als tiefste Entehrung empfunden
werden. Hier ist die Stellung des Antrages Bedingung
der Strafbarkeit; die Befristung des Antrages hat guten
Grund; die Rücknahme müßte (etwa bis zu Beginn der
Hauptverhandlung) gestattet, die Teilbarkeit ausgeschlossen
sein, Fehlen des Antrages müßte Freisprechung mit definitiver
Erledigung der Strafsache zur Folge haben; die Berech-

Erſtes Buch. V. Das Verbr. als ſtrafbares Delikt.
104 (ſtafbare Handlungen gegen befreundete Staaten), 170,
172, 179, 182 (Eheerſchleichung, Ehebruch, Erſchleichung
des Beiſchlafs, Verführung eines jungen Mädchens), 189,
194—196, 232 (Beleidigung und Körperverletzung), 236,
237 (Entführung), 247, 263 (Diebſtahl, Unterſchlagung, Be-
trug gegen Angehörige), 288, 289, 292, 293, 299, 300—
303 (Fälle „ſtrafbaren Eigennutzes“ und Sachbeſchädigung),
370 Ziff. 5 u. 6 (Genußmittel- und Futterdiebſtahl).

Dazu kommen noch einzelne Fälle in den Nebengeſetzen;
ſo im Preßgeſetz vom 7. Mai 1874 §. 19 Ziff. 3; Nach-
drucksgeſetze vom 11. Juni 1870 §. 27, (ebenſo in den Ge-
ſetzen vom 9., 10., 11. Januar 1876); §. 14 Markenſchutz-
geſetz v. 30. November 1874; §. 34 Patentgeſetz v. 25. Mai
1877; Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 §. 81
und 84.

II. Bei genauerer Betrachtung müßten die Antragsdelikte
in zwei, nach Inhalt und Behandlung weſentlich von ein-
ander verſchiedene Gruppen zerlegt werden.

1. Gewiſſe Rechtsgüterverletzungen erſcheinen nur dann
als ſolche, ſind nur dann für die öffentliche Rechtsordnung
von Bedeutung, wenn der Verletzte ſie als Verletzung em-
pfindet, und, daß er dies thut, in vorgeſchriebener beſtimmter
Form (durch den „Antrag“ auf Verfolgung) erklärt. Die
unzüchtige Berührung eines Mädchens kann von der Be-
rührten als Liebkoſung oder als tiefſte Entehrung empfunden
werden. Hier iſt die Stellung des Antrages Bedingung
der Strafbarkeit; die Befriſtung des Antrages hat guten
Grund; die Rücknahme müßte (etwa bis zu Beginn der
Hauptverhandlung) geſtattet, die Teilbarkeit ausgeſchloſſen
ſein, Fehlen des Antrages müßte Freiſprechung mit definitiver
Erledigung der Strafſache zur Folge haben; die Berech-

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[126/0152] Erſtes Buch. V. Das Verbr. als ſtrafbares Delikt. 104 (ſtafbare Handlungen gegen befreundete Staaten), 170, 172, 179, 182 (Eheerſchleichung, Ehebruch, Erſchleichung des Beiſchlafs, Verführung eines jungen Mädchens), 189, 194—196, 232 (Beleidigung und Körperverletzung), 236, 237 (Entführung), 247, 263 (Diebſtahl, Unterſchlagung, Be- trug gegen Angehörige), 288, 289, 292, 293, 299, 300— 303 (Fälle „ſtrafbaren Eigennutzes“ und Sachbeſchädigung), 370 Ziff. 5 u. 6 (Genußmittel- und Futterdiebſtahl). Dazu kommen noch einzelne Fälle in den Nebengeſetzen; ſo im Preßgeſetz vom 7. Mai 1874 §. 19 Ziff. 3; Nach- drucksgeſetze vom 11. Juni 1870 §. 27, (ebenſo in den Ge- ſetzen vom 9., 10., 11. Januar 1876); §. 14 Markenſchutz- geſetz v. 30. November 1874; §. 34 Patentgeſetz v. 25. Mai 1877; Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 §. 81 und 84. II. Bei genauerer Betrachtung müßten die Antragsdelikte in zwei, nach Inhalt und Behandlung weſentlich von ein- ander verſchiedene Gruppen zerlegt werden. 1. Gewiſſe Rechtsgüterverletzungen erſcheinen nur dann als ſolche, ſind nur dann für die öffentliche Rechtsordnung von Bedeutung, wenn der Verletzte ſie als Verletzung em- pfindet, und, daß er dies thut, in vorgeſchriebener beſtimmter Form (durch den „Antrag“ auf Verfolgung) erklärt. Die unzüchtige Berührung eines Mädchens kann von der Be- rührten als Liebkoſung oder als tiefſte Entehrung empfunden werden. Hier iſt die Stellung des Antrages Bedingung der Strafbarkeit; die Befriſtung des Antrages hat guten Grund; die Rücknahme müßte (etwa bis zu Beginn der Hauptverhandlung) geſtattet, die Teilbarkeit ausgeſchloſſen ſein, Fehlen des Antrages müßte Freiſprechung mit definitiver Erledigung der Strafſache zur Folge haben; die Berech-

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/152>, abgerufen am 29.03.2024.