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List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.

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davon sind bereits hergestellt, andere im Bau begriffen, die meisten erwarten gesetzliche Autorisation während der Kammersitzung von 1837 bis 1838.

Unter diesen Projecten befindet sich eines, das seiner ausnehmenden Nützlichkeit wegen besondere Erwähnung verdient. Südöstlich von Antwerpen und nordöstlich von Diest liegt ein ausgedehnter sehr unfruchtbarer Landstrich, die Campine genannt, wo die Hectare kaum 20-30 Franken werth ist, während sie in den flandrischen und brabantischen Provinzen zu 3000-6000 Franken bezahlt wird. Einzelne Versuche haben bereits bewiesen, daß durch Zufuhr von Dünger, guter Erde und Viehfutter dieser sterile Boden mit großem Vortheil in fruchtbaren umgeschaffen werden kann. Da aber die Campine keine schiffbaren Ströme besitzt, so ist man auf den Gedanken gekommen, diese Culturverbesserung vermittelst eines ganzen Systems wohlfeiler, blos auf Pferdetransport berechneter Eisenbahnen nach amerikanischer Bauart zu bewerkstelligen.

Auf den vom Staate angelegten Hauptsträngen des belgischen Eisenbahnsystems sind starke Rails von gewalztem Eisen auf unbehauenen Querhölzern befestigt. Bei dieser Bauart kommen weit weniger Reparaturen vor, als bei Steinunterlagen; Störungen im Niveau, die, während die Dämme sich noch senken, so häufig vorfallen, sind viel leichter zu repariren; auch sind sie den Dampfmaschinen und Wagen viel zuträglicher. Die Vorzüge dieser Bauart, sowie die Zweckmäßigkeit der Dampfmaschinen, der Administrations- und Diensteinrichtung und endlich des sehr billigen belgischen Fahrpreistarifs sind durch die glänzenden Resultate erprobt, welche der um diese große Unternehmung so hochverdiente Minister der öffentlichen Arbeiten in Belgien, Herr Nothomb, in seinem Bericht an die Kammern vom 1. März 1837 ausführlich dargelegt hat, und deren wir bereits oben umständliche Erwähnung gethan haben.

Diese großen Resultate sind es auch, wodurch Frankreich und Deutschland vorzüglich aufgemuntert worden sind, Werke von größerer Ausdehnung zu unternehmen und zunächst sich mit dem belgischen Eisenbahnsystem in Verbindung zu setzen.

Belgien hat indessen über seine Nachbarn einen so großen Vorsprung gewonnen, und es ist von seinem Terrain, seiner geographischen Lage, seinen natürlichen Reichthümern an Eisen und Steinkohlen, sowie durch die Zahl und Größe seiner Städte, seine dichte Bevölkerung, seine reiche Urproduction und weit vorgerückte Gewerbsindustrie und endlich durch großen Capitalbesitz in diesen Unternehmungen so außerordentlich begünstigt, daß es lange vor andern Ländern sein Transportsystem bis zur höchsten Vollendung ausgebildet haben wird.

Wie Belgien bereits den Beweis geliefert hat, daß man auf dem Continent unter günstigen Umständen die Anlegung der Eisenbahnen um 4/5 und die Selbstbetriebskosten um 3/4 geringer bestreiten kann, als zwischen Liverpool und Manchester, und daß man durch die Reduction

davon sind bereits hergestellt, andere im Bau begriffen, die meisten erwarten gesetzliche Autorisation während der Kammersitzung von 1837 bis 1838.

Unter diesen Projecten befindet sich eines, das seiner ausnehmenden Nützlichkeit wegen besondere Erwähnung verdient. Südöstlich von Antwerpen und nordöstlich von Diest liegt ein ausgedehnter sehr unfruchtbarer Landstrich, die Campine genannt, wo die Hectare kaum 20–30 Franken werth ist, während sie in den flandrischen und brabantischen Provinzen zu 3000–6000 Franken bezahlt wird. Einzelne Versuche haben bereits bewiesen, daß durch Zufuhr von Dünger, guter Erde und Viehfutter dieser sterile Boden mit großem Vortheil in fruchtbaren umgeschaffen werden kann. Da aber die Campine keine schiffbaren Ströme besitzt, so ist man auf den Gedanken gekommen, diese Culturverbesserung vermittelst eines ganzen Systems wohlfeiler, blos auf Pferdetransport berechneter Eisenbahnen nach amerikanischer Bauart zu bewerkstelligen.

Auf den vom Staate angelegten Hauptsträngen des belgischen Eisenbahnsystems sind starke Rails von gewalztem Eisen auf unbehauenen Querhölzern befestigt. Bei dieser Bauart kommen weit weniger Reparaturen vor, als bei Steinunterlagen; Störungen im Niveau, die, während die Dämme sich noch senken, so häufig vorfallen, sind viel leichter zu repariren; auch sind sie den Dampfmaschinen und Wagen viel zuträglicher. Die Vorzüge dieser Bauart, sowie die Zweckmäßigkeit der Dampfmaschinen, der Administrations- und Diensteinrichtung und endlich des sehr billigen belgischen Fahrpreistarifs sind durch die glänzenden Resultate erprobt, welche der um diese große Unternehmung so hochverdiente Minister der öffentlichen Arbeiten in Belgien, Herr Nothomb, in seinem Bericht an die Kammern vom 1. März 1837 ausführlich dargelegt hat, und deren wir bereits oben umständliche Erwähnung gethan haben.

Diese großen Resultate sind es auch, wodurch Frankreich und Deutschland vorzüglich aufgemuntert worden sind, Werke von größerer Ausdehnung zu unternehmen und zunächst sich mit dem belgischen Eisenbahnsystem in Verbindung zu setzen.

Belgien hat indessen über seine Nachbarn einen so großen Vorsprung gewonnen, und es ist von seinem Terrain, seiner geographischen Lage, seinen natürlichen Reichthümern an Eisen und Steinkohlen, sowie durch die Zahl und Größe seiner Städte, seine dichte Bevölkerung, seine reiche Urproduction und weit vorgerückte Gewerbsindustrie und endlich durch großen Capitalbesitz in diesen Unternehmungen so außerordentlich begünstigt, daß es lange vor andern Ländern sein Transportsystem bis zur höchsten Vollendung ausgebildet haben wird.

Wie Belgien bereits den Beweis geliefert hat, daß man auf dem Continent unter günstigen Umständen die Anlegung der Eisenbahnen um 4/5 und die Selbstbetriebskosten um 3/4 geringer bestreiten kann, als zwischen Liverpool und Manchester, und daß man durch die Reduction

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[103/0104] davon sind bereits hergestellt, andere im Bau begriffen, die meisten erwarten gesetzliche Autorisation während der Kammersitzung von 1837 bis 1838. Unter diesen Projecten befindet sich eines, das seiner ausnehmenden Nützlichkeit wegen besondere Erwähnung verdient. Südöstlich von Antwerpen und nordöstlich von Diest liegt ein ausgedehnter sehr unfruchtbarer Landstrich, die Campine genannt, wo die Hectare kaum 20–30 Franken werth ist, während sie in den flandrischen und brabantischen Provinzen zu 3000–6000 Franken bezahlt wird. Einzelne Versuche haben bereits bewiesen, daß durch Zufuhr von Dünger, guter Erde und Viehfutter dieser sterile Boden mit großem Vortheil in fruchtbaren umgeschaffen werden kann. Da aber die Campine keine schiffbaren Ströme besitzt, so ist man auf den Gedanken gekommen, diese Culturverbesserung vermittelst eines ganzen Systems wohlfeiler, blos auf Pferdetransport berechneter Eisenbahnen nach amerikanischer Bauart zu bewerkstelligen. Auf den vom Staate angelegten Hauptsträngen des belgischen Eisenbahnsystems sind starke Rails von gewalztem Eisen auf unbehauenen Querhölzern befestigt. Bei dieser Bauart kommen weit weniger Reparaturen vor, als bei Steinunterlagen; Störungen im Niveau, die, während die Dämme sich noch senken, so häufig vorfallen, sind viel leichter zu repariren; auch sind sie den Dampfmaschinen und Wagen viel zuträglicher. Die Vorzüge dieser Bauart, sowie die Zweckmäßigkeit der Dampfmaschinen, der Administrations- und Diensteinrichtung und endlich des sehr billigen belgischen Fahrpreistarifs sind durch die glänzenden Resultate erprobt, welche der um diese große Unternehmung so hochverdiente Minister der öffentlichen Arbeiten in Belgien, Herr Nothomb, in seinem Bericht an die Kammern vom 1. März 1837 ausführlich dargelegt hat, und deren wir bereits oben umständliche Erwähnung gethan haben. Diese großen Resultate sind es auch, wodurch Frankreich und Deutschland vorzüglich aufgemuntert worden sind, Werke von größerer Ausdehnung zu unternehmen und zunächst sich mit dem belgischen Eisenbahnsystem in Verbindung zu setzen. Belgien hat indessen über seine Nachbarn einen so großen Vorsprung gewonnen, und es ist von seinem Terrain, seiner geographischen Lage, seinen natürlichen Reichthümern an Eisen und Steinkohlen, sowie durch die Zahl und Größe seiner Städte, seine dichte Bevölkerung, seine reiche Urproduction und weit vorgerückte Gewerbsindustrie und endlich durch großen Capitalbesitz in diesen Unternehmungen so außerordentlich begünstigt, daß es lange vor andern Ländern sein Transportsystem bis zur höchsten Vollendung ausgebildet haben wird. Wie Belgien bereits den Beweis geliefert hat, daß man auf dem Continent unter günstigen Umständen die Anlegung der Eisenbahnen um 4/5 und die Selbstbetriebskosten um 3/4 geringer bestreiten kann, als zwischen Liverpool und Manchester, und daß man durch die Reduction

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Zitationshilfe: List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/104>, abgerufen am 25.04.2024.