Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

Bild:
<< vorherige Seite
Dorfkirche im Sommer.
Schläfrig singt der Küster vor,
Schläfrig singt auch die Gemeinde,
Auf der Kanzel der Pastor
Betet still für seine Feinde.
Dann die Predigt, wunderbar,
Eine Predigt ohne Gleichen.
Die Baronin weint sogar
Im Gestühl, dem wappenreichen.
Amen, Segen, Thüren weit,
Orgelton und letzter Psalter.
Durch die Sommerherrlichkeit
Schwirren Schwalben, flattern Falter.


Tiefe Sehnsucht.
Maienkätzchen, erster Gruß,
Ich breche euch und stecke euch
An meinen alten Hut.
Maienkätzchen, erster Gruß,
Einst brach ich euch und steckte euch
Der Liebsten an den Hut.


Vergänglichkeit.
Ich stehe auf der einen,
Auf der andern Seite stehst du.
Das alte Heck liegt dazwischen,
Ein seliges Rendez-vous.

Dorfkirche im Sommer.
Schläfrig ſingt der Küſter vor,
Schläfrig ſingt auch die Gemeinde,
Auf der Kanzel der Paſtor
Betet ſtill für ſeine Feinde.
Dann die Predigt, wunderbar,
Eine Predigt ohne Gleichen.
Die Baronin weint ſogar
Im Geſtühl, dem wappenreichen.
Amen, Segen, Thüren weit,
Orgelton und letzter Pſalter.
Durch die Sommerherrlichkeit
Schwirren Schwalben, flattern Falter.


Tiefe Sehnſucht.
Maienkätzchen, erſter Gruß,
Ich breche euch und ſtecke euch
An meinen alten Hut.
Maienkätzchen, erſter Gruß,
Einſt brach ich euch und ſteckte euch
Der Liebſten an den Hut.


Vergänglichkeit.
Ich ſtehe auf der einen,
Auf der andern Seite ſtehſt du.
Das alte Heck liegt dazwiſchen,
Ein ſeliges Rendez-vous.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0053" n="45"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Dorfkirche im Sommer.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Schläfrig &#x017F;ingt der Kü&#x017F;ter vor,</l><lb/>
              <l>Schläfrig &#x017F;ingt auch die Gemeinde,</l><lb/>
              <l>Auf der Kanzel der Pa&#x017F;tor</l><lb/>
              <l>Betet &#x017F;till für &#x017F;eine Feinde.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Dann die Predigt, wunderbar,</l><lb/>
              <l>Eine Predigt ohne Gleichen.</l><lb/>
              <l>Die Baronin weint &#x017F;ogar</l><lb/>
              <l>Im Ge&#x017F;tühl, dem wappenreichen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Amen, Segen, Thüren weit,</l><lb/>
              <l>Orgelton und letzter P&#x017F;alter.</l><lb/>
              <l>Durch die Sommerherrlichkeit</l><lb/>
              <l>Schwirren Schwalben, flattern Falter.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Tiefe Sehn&#x017F;ucht.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Maienkätzchen, er&#x017F;ter Gruß,</l><lb/>
              <l>Ich breche euch und &#x017F;tecke euch</l><lb/>
              <l>An meinen alten Hut.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Maienkätzchen, er&#x017F;ter Gruß,</l><lb/>
              <l>Ein&#x017F;t brach ich euch und &#x017F;teckte euch</l><lb/>
              <l>Der Lieb&#x017F;ten an den Hut.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vergänglichkeit.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ich &#x017F;tehe auf der einen,</l><lb/>
              <l>Auf der andern Seite &#x017F;teh&#x017F;t du.</l><lb/>
              <l>Das alte Heck liegt dazwi&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;eliges Rendez-vous.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0053] Dorfkirche im Sommer. Schläfrig ſingt der Küſter vor, Schläfrig ſingt auch die Gemeinde, Auf der Kanzel der Paſtor Betet ſtill für ſeine Feinde. Dann die Predigt, wunderbar, Eine Predigt ohne Gleichen. Die Baronin weint ſogar Im Geſtühl, dem wappenreichen. Amen, Segen, Thüren weit, Orgelton und letzter Pſalter. Durch die Sommerherrlichkeit Schwirren Schwalben, flattern Falter. Tiefe Sehnſucht. Maienkätzchen, erſter Gruß, Ich breche euch und ſtecke euch An meinen alten Hut. Maienkätzchen, erſter Gruß, Einſt brach ich euch und ſteckte euch Der Liebſten an den Hut. Vergänglichkeit. Ich ſtehe auf der einen, Auf der andern Seite ſtehſt du. Das alte Heck liegt dazwiſchen, Ein ſeliges Rendez-vous.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/53
Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/53>, abgerufen am 28.03.2024.