Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1228auch die Verfaussng des weltlichen Bauerrechts zugeschrieben, wie solches von den
ältesten Liven für Burgrecht gehalten worden q). Zu welcher Zeit aber das alte

geschrie-
13 Kap.Wer da fähret über eines Mannes Acker, der besäet ist, oder Wiese, die unge-
mehet ist, der sol geben für ein jeglich Rad ein Oehr, das ist 3 Schilling, reitet er
aber, eine Oertning, das ist noch so viel. Wehrt er sich, ob man ihn pfänden wolte,
das sol er bessern mit einer Mark Landesgut.
Wer Holz hauet, Gras mähet, oder fischet in eines andern Wasser, ein ieder
wage seine Brüche, ist ein Mark Landesgut; den Schaden gilt er nach Rechte; fischet
er aber Teiche, die gegraben seyn, oder hauet Holz, das gesetzet ist, oder Bäume,
die Früchte tragen, oder bricht sein Obst, oder hauet er Maulbeerbäume ab, oder
gräbet er aus, die zu Marksteinen gesetzet seyn, oder hauet Honigbäume ab; er mus
9 Mark Landesgut geben; den Schaden gilt er nach Rechten.
17 Kap.Ob iemand schiesset oder wirft einen Menschen oder Vieh, als er schiesset oder rah-
met nach einem Vogel, oder anders wornach, hierum urtheilet man seinen Leib nicht,
noch seine Gesundheit, ob der Mensch gleich stirbet, aber er mus den Menschen oder
das Vieh gelten, als sein Wehrgeld ist.
23 Kap.Hänget der Hopfen über den Zaun, wer im Hofe die Wurzel hat, der greife zum
Zaune aufs höchste er kan, und ziehe den Hopfen, was ihm folget, das ist sein, was
nachbleibet, das ist seines nechsten Nachbarn.
25 Kap.Der im Rechten verklaget wird, der mus nicht mehr als selb 7te vor Gerichte
kommen, und die sollen keine andre Waffen bey sich haben denn Schwerter.
Schlägt ein Mann ein Kind tod, er sol sein vol Wehrgeld geben. Schlägt aber
ein Mann ein Kind mit Rufen, oder ruft ers durch seine Missethat, er bleibt des ohne
Wandel, so fern ers halten wil mit seinem Eide, daß ers nicht anders um Missethat
geschlagen.
26 Kap.Welch Mann einen Hund hat, der glupende beisset, einen zamen Bären, Wolf
oder Fuchs, was die Schaden thun, das sol er gelten.
28 Kap.Jn gemeinen Tagen und Frieden, den der Landesherr gebeut, soll niemand andre
Waffen führen, denn alleine Schwerter, und dasselbe nur seine Dienstmanne. Alle,
die darüber Waffen führen, sollen wetten auf die höchste Wette; Waffen sol man wol
führen, wenn man dem Gerufte folgt; und demselben folgen von rechtswegen alle,
die zu ihren Jahren kommen seyn, so ferne, daß sie ein Schwert führen mögen, es
entschuldige sie denn rechte Noth.
Observat. I. Da in der ältesten Abschrift §. 10 dem Bischof das nähere Recht in den Gütern der ge-
samten Hand zuerkant, und § 26 Man oder Frau kein Gut ohne des Herrn Volwort zu ver-
kaufen oder zu versetzen befugt ist; diese Einschränkung aber in der neuen Ausgabe dieser Rechte von
dem Erzbischof Michael und dem Heermeister Plattenberg weggelassen worden, so ist die Verän-
serung der Lehnsgüter in Liefland ohne Zweifel in freye Wilkühr gestellet worden. Aus dem 67
oder letzten § siehet man auch, daß die im ersten Theil beim Jahr 1222 not e) und *) vorkom-
mende Waypen oder Decken ein deutsches Wort sey, das die Esten nur angenommen, im Deut-
schen aber Wepen heisse und zum Heergeweide gerechnet werde.
Observat. II. Die in vorigen Gesetzen beniemten Strafgelder haben nach Aussage der ältesten Brief-
schaften folgende Stufen gehabt. Ein Pfund macht 32 Loth Silber; ein Ferding als ein viertel
Pfund 8 Loth oder 4 Mark Landgut, eine Mark Landgut 2 Loth. Die Manbusse für einen unvor-
setzlichen Todschlag an einem Bauer wurde mit 40 Mark oder 80 Loth reines Silbers vergolten,
davon ein Theil der Kirche, der andere Theil dem Gerichte und das Drittel den nechsten Anver-
wandten des Entleibten zufiel. Unter Deutschen und Freileuten ward das Söhnegeld verdoppelt
und 160 Loth Silber erleget. Die Ritterschaft hat nie eine Taxe gehabt, sondern jeder hat seine
Manbusse zur Versönung nach Gutbefinden der Anverwandten erlegen müssen. Als mit der Zeit
die Marke gefallen und deren 40 etwan 10 Loth Silber betrugen, ist diese Gesetzordnung vielen
Misbräuchen unterworfen gewesen, welchen die nachherigen Landesverfassungen endlich abgeholfen.
q) Von diesem Rechte der alten Liven, theilen wir in voriger Schreibart hier die ganze
Abschrift mit.
Das weltliche Bauerrecht, wie es von den ältesten Liven vor Burgrecht gehalten,
und von den Bischöfen in Liefland bestätiget und genehmiget worden.
Wenn einer dem andern ein Auge ausschläget aus dem Haupte, derselbige Schlä-
ger hat im Rechten verbohret - - 20 Mark stiftischer Münze.
Eine Hand ab - - 20 - -
Ein Fuß ab - - 20 - -
Ein Daumen ab - ist - 5 - -
Den

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1228auch die Verfauſſng des weltlichen Bauerrechts zugeſchrieben, wie ſolches von den
aͤlteſten Liven fuͤr Burgrecht gehalten worden q). Zu welcher Zeit aber das alte

geſchrie-
13 Kap.Wer da faͤhret uͤber eines Mannes Acker, der beſaͤet iſt, oder Wieſe, die unge-
mehet iſt, der ſol geben fuͤr ein jeglich Rad ein Oehr, das iſt 3 Schilling, reitet er
aber, eine Oertning, das iſt noch ſo viel. Wehrt er ſich, ob man ihn pfaͤnden wolte,
das ſol er beſſern mit einer Mark Landesgut.
Wer Holz hauet, Gras maͤhet, oder fiſchet in eines andern Waſſer, ein ieder
wage ſeine Bruͤche, iſt ein Mark Landesgut; den Schaden gilt er nach Rechte; fiſchet
er aber Teiche, die gegraben ſeyn, oder hauet Holz, das geſetzet iſt, oder Baͤume,
die Fruͤchte tragen, oder bricht ſein Obſt, oder hauet er Maulbeerbaͤume ab, oder
graͤbet er aus, die zu Markſteinen geſetzet ſeyn, oder hauet Honigbaͤume ab; er mus
9 Mark Landesgut geben; den Schaden gilt er nach Rechten.
17 Kap.Ob iemand ſchieſſet oder wirft einen Menſchen oder Vieh, als er ſchieſſet oder rah-
met nach einem Vogel, oder anders wornach, hierum urtheilet man ſeinen Leib nicht,
noch ſeine Geſundheit, ob der Menſch gleich ſtirbet, aber er mus den Menſchen oder
das Vieh gelten, als ſein Wehrgeld iſt.
23 Kap.Haͤnget der Hopfen uͤber den Zaun, wer im Hofe die Wurzel hat, der greife zum
Zaune aufs hoͤchſte er kan, und ziehe den Hopfen, was ihm folget, das iſt ſein, was
nachbleibet, das iſt ſeines nechſten Nachbarn.
25 Kap.Der im Rechten verklaget wird, der mus nicht mehr als ſelb 7te vor Gerichte
kommen, und die ſollen keine andre Waffen bey ſich haben denn Schwerter.
Schlaͤgt ein Mann ein Kind tod, er ſol ſein vol Wehrgeld geben. Schlaͤgt aber
ein Mann ein Kind mit Rufen, oder ruft ers durch ſeine Miſſethat, er bleibt des ohne
Wandel, ſo fern ers halten wil mit ſeinem Eide, daß ers nicht anders um Miſſethat
geſchlagen.
26 Kap.Welch Mann einen Hund hat, der glupende beiſſet, einen zamen Baͤren, Wolf
oder Fuchs, was die Schaden thun, das ſol er gelten.
28 Kap.Jn gemeinen Tagen und Frieden, den der Landesherr gebeut, ſoll niemand andre
Waffen fuͤhren, denn alleine Schwerter, und daſſelbe nur ſeine Dienſtmanne. Alle,
die daruͤber Waffen fuͤhren, ſollen wetten auf die hoͤchſte Wette; Waffen ſol man wol
fuͤhren, wenn man dem Gerufte folgt; und demſelben folgen von rechtswegen alle,
die zu ihren Jahren kommen ſeyn, ſo ferne, daß ſie ein Schwert fuͤhren moͤgen, es
entſchuldige ſie denn rechte Noth.
Obſervat. I. Da in der aͤlteſten Abſchrift §. 10 dem Biſchof das naͤhere Recht in den Guͤtern der ge-
ſamten Hand zuerkant, und § 26 Man oder Frau kein Gut ohne des Herrn Volwort zu ver-
kaufen oder zu verſetzen befugt iſt; dieſe Einſchraͤnkung aber in der neuen Ausgabe dieſer Rechte von
dem Erzbiſchof Michael und dem Heermeiſter Plattenberg weggelaſſen worden, ſo iſt die Veraͤn-
ſerung der Lehnsguͤter in Liefland ohne Zweifel in freye Wilkuͤhr geſtellet worden. Aus dem 67
oder letzten § ſiehet man auch, daß die im erſten Theil beim Jahr 1222 not e) und *) vorkom-
mende Waypen oder Decken ein deutſches Wort ſey, das die Eſten nur angenommen, im Deut-
ſchen aber Wepen heiſſe und zum Heergeweide gerechnet werde.
Obſervat. II. Die in vorigen Geſetzen beniemten Strafgelder haben nach Ausſage der aͤlteſten Brief-
ſchaften folgende Stufen gehabt. Ein Pfund macht 32 Loth Silber; ein Ferding als ein viertel
Pfund 8 Loth oder 4 Mark Landgut, eine Mark Landgut 2 Loth. Die Manbuſſe fuͤr einen unvor-
ſetzlichen Todſchlag an einem Bauer wurde mit 40 Mark oder 80 Loth reines Silbers vergolten,
davon ein Theil der Kirche, der andere Theil dem Gerichte und das Drittel den nechſten Anver-
wandten des Entleibten zufiel. Unter Deutſchen und Freileuten ward das Soͤhnegeld verdoppelt
und 160 Loth Silber erleget. Die Ritterſchaft hat nie eine Taxe gehabt, ſondern jeder hat ſeine
Manbuſſe zur Verſoͤnung nach Gutbefinden der Anverwandten erlegen muͤſſen. Als mit der Zeit
die Marke gefallen und deren 40 etwan 10 Loth Silber betrugen, iſt dieſe Geſetzordnung vielen
Misbraͤuchen unterworfen geweſen, welchen die nachherigen Landesverfaſſungen endlich abgeholfen.
q) Von dieſem Rechte der alten Liven, theilen wir in voriger Schreibart hier die ganze
Abſchrift mit.
Das weltliche Bauerrecht, wie es von den aͤlteſten Liven vor Burgrecht gehalten,
und von den Biſchoͤfen in Liefland beſtaͤtiget und genehmiget worden.
Wenn einer dem andern ein Auge ausſchlaͤget aus dem Haupte, derſelbige Schlaͤ-
ger hat im Rechten verbohret ‒ ‒ 20 Mark ſtiftiſcher Muͤnze.
Eine Hand ab ‒ ‒ 20 ‒ ‒
Ein Fuß ab ‒ ‒ 20 ‒ ‒
Ein Daumen ab ‒ iſt ‒ 5 ‒ ‒
Den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0046" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben und Thaten der liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ordensmei&#x017F;ter,</hi></fw><lb/><note place="left">1228</note>auch die Verfau&#x017F;&#x017F;ng des weltlichen Bauerrechts zuge&#x017F;chrieben, wie &#x017F;olches von den<lb/>
a&#x0364;lte&#x017F;ten Liven fu&#x0364;r Burgrecht gehalten worden <note xml:id="g37" next="#g38" place="foot" n="q)">Von die&#x017F;em Rechte der alten <hi rendition="#fr">Liven,</hi> theilen wir in voriger Schreibart hier die ganze<lb/>
Ab&#x017F;chrift mit.<lb/><hi rendition="#in">D</hi>as weltliche Bauerrecht, wie es von den a&#x0364;lte&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Liven</hi> vor Burgrecht gehalten,<lb/>
und von den Bi&#x017F;cho&#x0364;fen in <hi rendition="#fr">Liefland</hi> be&#x017F;ta&#x0364;tiget und genehmiget worden.<lb/>
Wenn einer dem andern ein Auge aus&#x017F;chla&#x0364;get aus dem Haupte, der&#x017F;elbige Schla&#x0364;-<lb/><list><item>ger hat im Rechten verbohret &#x2012; &#x2012; 20 Mark &#x017F;tifti&#x017F;cher Mu&#x0364;nze.</item><lb/><item>Eine Hand ab &#x2012; &#x2012; 20 &#x2012; &#x2012;</item><lb/><item>Ein Fuß ab &#x2012; &#x2012; 20 &#x2012; &#x2012;</item><lb/><item>Ein Daumen ab &#x2012; i&#x017F;t &#x2012; 5 &#x2012; &#x2012;</item></list><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Den</fw></note>. Zu welcher Zeit aber das alte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge&#x017F;chrie-</fw><lb/><note xml:id="g36" prev="#g35" place="foot" n="p)"><note place="left">13 Kap.</note>Wer da fa&#x0364;hret u&#x0364;ber eines Mannes Acker, der be&#x017F;a&#x0364;et i&#x017F;t, oder Wie&#x017F;e, die unge-<lb/>
mehet i&#x017F;t, der &#x017F;ol geben fu&#x0364;r ein jeglich Rad ein Oehr, das i&#x017F;t 3 Schilling, reitet er<lb/>
aber, eine Oertning, das i&#x017F;t noch &#x017F;o viel. Wehrt er &#x017F;ich, ob man ihn pfa&#x0364;nden wolte,<lb/>
das &#x017F;ol er be&#x017F;&#x017F;ern mit einer Mark Landesgut.<lb/>
Wer Holz hauet, Gras ma&#x0364;het, oder fi&#x017F;chet in eines andern Wa&#x017F;&#x017F;er, ein ieder<lb/>
wage &#x017F;eine Bru&#x0364;che, i&#x017F;t ein Mark Landesgut; den Schaden gilt er nach Rechte; fi&#x017F;chet<lb/>
er aber Teiche, die gegraben &#x017F;eyn, oder hauet Holz, das ge&#x017F;etzet i&#x017F;t, oder Ba&#x0364;ume,<lb/>
die Fru&#x0364;chte tragen, oder bricht &#x017F;ein Ob&#x017F;t, oder hauet er Maulbeerba&#x0364;ume ab, oder<lb/>
gra&#x0364;bet er aus, die zu Mark&#x017F;teinen ge&#x017F;etzet &#x017F;eyn, oder hauet Honigba&#x0364;ume ab; er mus<lb/>
9 Mark Landesgut geben; den Schaden gilt er nach Rechten.<lb/><note place="left">17 Kap.</note>Ob iemand &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;et oder wirft einen Men&#x017F;chen oder Vieh, als er &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;et oder rah-<lb/>
met nach einem Vogel, oder anders wornach, hierum urtheilet man &#x017F;einen Leib nicht,<lb/>
noch &#x017F;eine Ge&#x017F;undheit, ob der Men&#x017F;ch gleich &#x017F;tirbet, aber er mus den Men&#x017F;chen oder<lb/>
das Vieh gelten, als &#x017F;ein Wehrgeld i&#x017F;t.<lb/><note place="left">23 Kap.</note>Ha&#x0364;nget der Hopfen u&#x0364;ber den Zaun, wer im Hofe die Wurzel hat, der greife zum<lb/>
Zaune aufs ho&#x0364;ch&#x017F;te er kan, und ziehe den Hopfen, was ihm folget, das i&#x017F;t &#x017F;ein, was<lb/>
nachbleibet, das i&#x017F;t &#x017F;eines nech&#x017F;ten Nachbarn.<lb/><note place="left">25 Kap.</note>Der im Rechten verklaget wird, der mus nicht mehr als &#x017F;elb 7te vor Gerichte<lb/>
kommen, und die &#x017F;ollen keine andre Waffen bey &#x017F;ich haben denn Schwerter.<lb/>
Schla&#x0364;gt ein Mann ein Kind tod, er &#x017F;ol &#x017F;ein vol Wehrgeld geben. Schla&#x0364;gt aber<lb/>
ein Mann ein Kind mit Rufen, oder ruft ers durch &#x017F;eine Mi&#x017F;&#x017F;ethat, er bleibt des ohne<lb/>
Wandel, &#x017F;o fern ers halten wil mit &#x017F;einem Eide, daß ers nicht anders um Mi&#x017F;&#x017F;ethat<lb/>
ge&#x017F;chlagen.<lb/><note place="left">26 Kap.</note>Welch Mann einen Hund hat, der glupende bei&#x017F;&#x017F;et, einen zamen Ba&#x0364;ren, Wolf<lb/>
oder Fuchs, was die Schaden thun, das &#x017F;ol er gelten.<lb/><note place="left">28 Kap.</note>Jn gemeinen Tagen und Frieden, den der Landesherr gebeut, &#x017F;oll niemand andre<lb/>
Waffen fu&#x0364;hren, denn alleine Schwerter, und da&#x017F;&#x017F;elbe nur &#x017F;eine Dien&#x017F;tmanne. Alle,<lb/>
die daru&#x0364;ber Waffen fu&#x0364;hren, &#x017F;ollen wetten auf die ho&#x0364;ch&#x017F;te Wette; Waffen &#x017F;ol man wol<lb/>
fu&#x0364;hren, wenn man dem Gerufte folgt; und dem&#x017F;elben folgen von rechtswegen alle,<lb/>
die zu ihren Jahren kommen &#x017F;eyn, &#x017F;o ferne, daß &#x017F;ie ein Schwert fu&#x0364;hren mo&#x0364;gen, es<lb/>
ent&#x017F;chuldige &#x017F;ie denn rechte Noth.<lb/><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervat. I.</hi> Da in der a&#x0364;lte&#x017F;ten Ab&#x017F;chrift §. 10 dem Bi&#x017F;chof das na&#x0364;here Recht in den Gu&#x0364;tern der ge-<lb/>
&#x017F;amten Hand zuerkant, und § 26 Man oder Frau kein Gut ohne des Herrn Volwort zu ver-<lb/>
kaufen oder zu ver&#x017F;etzen befugt i&#x017F;t; die&#x017F;e Ein&#x017F;chra&#x0364;nkung aber in der neuen Ausgabe die&#x017F;er Rechte von<lb/>
dem Erzbi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Michael</hi> und dem Heermei&#x017F;ter <hi rendition="#fr">Plattenberg</hi> weggela&#x017F;&#x017F;en worden, &#x017F;o i&#x017F;t die Vera&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;erung der Lehnsgu&#x0364;ter in <hi rendition="#fr">Liefland</hi> ohne Zweifel in freye Wilku&#x0364;hr ge&#x017F;tellet worden. Aus dem 67<lb/>
oder letzten § &#x017F;iehet man auch, daß die im er&#x017F;ten Theil beim Jahr 1222 not <hi rendition="#aq">e</hi>) und *) vorkom-<lb/>
mende <hi rendition="#fr">Waypen</hi> oder Decken ein deut&#x017F;ches Wort &#x017F;ey, das die <hi rendition="#fr">E&#x017F;ten</hi> nur angenommen, im Deut-<lb/>
&#x017F;chen aber <hi rendition="#fr">Wepen</hi> hei&#x017F;&#x017F;e und zum Heergeweide gerechnet werde.<lb/><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervat. II.</hi> Die in vorigen Ge&#x017F;etzen beniemten Strafgelder haben nach Aus&#x017F;age der a&#x0364;lte&#x017F;ten Brief-<lb/>
&#x017F;chaften folgende Stufen gehabt. Ein Pfund macht 32 Loth Silber; ein Ferding als ein viertel<lb/>
Pfund 8 Loth oder 4 Mark Landgut, eine Mark Landgut 2 Loth. Die Manbu&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r einen unvor-<lb/>
&#x017F;etzlichen Tod&#x017F;chlag an einem Bauer wurde mit 40 Mark oder 80 Loth reines Silbers vergolten,<lb/>
davon ein Theil der Kirche, der andere Theil dem Gerichte und das Drittel den nech&#x017F;ten Anver-<lb/>
wandten des Entleibten zufiel. Unter <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chen</hi> und Freileuten ward das So&#x0364;hnegeld verdoppelt<lb/>
und 160 Loth Silber erleget. Die Ritter&#x017F;chaft hat nie eine Taxe gehabt, &#x017F;ondern jeder hat &#x017F;eine<lb/>
Manbu&#x017F;&#x017F;e zur Ver&#x017F;o&#x0364;nung nach Gutbefinden der Anverwandten erlegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Als mit der Zeit<lb/>
die Marke gefallen und deren 40 etwan 10 Loth Silber betrugen, i&#x017F;t die&#x017F;e Ge&#x017F;etzordnung vielen<lb/>
Misbra&#x0364;uchen unterworfen gewe&#x017F;en, welchen die nachherigen Landesverfa&#x017F;&#x017F;ungen endlich abgeholfen.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0046] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, auch die Verfauſſng des weltlichen Bauerrechts zugeſchrieben, wie ſolches von den aͤlteſten Liven fuͤr Burgrecht gehalten worden q). Zu welcher Zeit aber das alte geſchrie- p) 1228 q) Von dieſem Rechte der alten Liven, theilen wir in voriger Schreibart hier die ganze Abſchrift mit. Das weltliche Bauerrecht, wie es von den aͤlteſten Liven vor Burgrecht gehalten, und von den Biſchoͤfen in Liefland beſtaͤtiget und genehmiget worden. Wenn einer dem andern ein Auge ausſchlaͤget aus dem Haupte, derſelbige Schlaͤ- ger hat im Rechten verbohret ‒ ‒ 20 Mark ſtiftiſcher Muͤnze. Eine Hand ab ‒ ‒ 20 ‒ ‒ Ein Fuß ab ‒ ‒ 20 ‒ ‒ Ein Daumen ab ‒ iſt ‒ 5 ‒ ‒ Den p) Wer da faͤhret uͤber eines Mannes Acker, der beſaͤet iſt, oder Wieſe, die unge- mehet iſt, der ſol geben fuͤr ein jeglich Rad ein Oehr, das iſt 3 Schilling, reitet er aber, eine Oertning, das iſt noch ſo viel. Wehrt er ſich, ob man ihn pfaͤnden wolte, das ſol er beſſern mit einer Mark Landesgut. Wer Holz hauet, Gras maͤhet, oder fiſchet in eines andern Waſſer, ein ieder wage ſeine Bruͤche, iſt ein Mark Landesgut; den Schaden gilt er nach Rechte; fiſchet er aber Teiche, die gegraben ſeyn, oder hauet Holz, das geſetzet iſt, oder Baͤume, die Fruͤchte tragen, oder bricht ſein Obſt, oder hauet er Maulbeerbaͤume ab, oder graͤbet er aus, die zu Markſteinen geſetzet ſeyn, oder hauet Honigbaͤume ab; er mus 9 Mark Landesgut geben; den Schaden gilt er nach Rechten. Ob iemand ſchieſſet oder wirft einen Menſchen oder Vieh, als er ſchieſſet oder rah- met nach einem Vogel, oder anders wornach, hierum urtheilet man ſeinen Leib nicht, noch ſeine Geſundheit, ob der Menſch gleich ſtirbet, aber er mus den Menſchen oder das Vieh gelten, als ſein Wehrgeld iſt. Haͤnget der Hopfen uͤber den Zaun, wer im Hofe die Wurzel hat, der greife zum Zaune aufs hoͤchſte er kan, und ziehe den Hopfen, was ihm folget, das iſt ſein, was nachbleibet, das iſt ſeines nechſten Nachbarn. Der im Rechten verklaget wird, der mus nicht mehr als ſelb 7te vor Gerichte kommen, und die ſollen keine andre Waffen bey ſich haben denn Schwerter. Schlaͤgt ein Mann ein Kind tod, er ſol ſein vol Wehrgeld geben. Schlaͤgt aber ein Mann ein Kind mit Rufen, oder ruft ers durch ſeine Miſſethat, er bleibt des ohne Wandel, ſo fern ers halten wil mit ſeinem Eide, daß ers nicht anders um Miſſethat geſchlagen. Welch Mann einen Hund hat, der glupende beiſſet, einen zamen Baͤren, Wolf oder Fuchs, was die Schaden thun, das ſol er gelten. Jn gemeinen Tagen und Frieden, den der Landesherr gebeut, ſoll niemand andre Waffen fuͤhren, denn alleine Schwerter, und daſſelbe nur ſeine Dienſtmanne. Alle, die daruͤber Waffen fuͤhren, ſollen wetten auf die hoͤchſte Wette; Waffen ſol man wol fuͤhren, wenn man dem Gerufte folgt; und demſelben folgen von rechtswegen alle, die zu ihren Jahren kommen ſeyn, ſo ferne, daß ſie ein Schwert fuͤhren moͤgen, es entſchuldige ſie denn rechte Noth. Obſervat. I. Da in der aͤlteſten Abſchrift §. 10 dem Biſchof das naͤhere Recht in den Guͤtern der ge- ſamten Hand zuerkant, und § 26 Man oder Frau kein Gut ohne des Herrn Volwort zu ver- kaufen oder zu verſetzen befugt iſt; dieſe Einſchraͤnkung aber in der neuen Ausgabe dieſer Rechte von dem Erzbiſchof Michael und dem Heermeiſter Plattenberg weggelaſſen worden, ſo iſt die Veraͤn- ſerung der Lehnsguͤter in Liefland ohne Zweifel in freye Wilkuͤhr geſtellet worden. Aus dem 67 oder letzten § ſiehet man auch, daß die im erſten Theil beim Jahr 1222 not e) und *) vorkom- mende Waypen oder Decken ein deutſches Wort ſey, das die Eſten nur angenommen, im Deut- ſchen aber Wepen heiſſe und zum Heergeweide gerechnet werde. Obſervat. II. Die in vorigen Geſetzen beniemten Strafgelder haben nach Ausſage der aͤlteſten Brief- ſchaften folgende Stufen gehabt. Ein Pfund macht 32 Loth Silber; ein Ferding als ein viertel Pfund 8 Loth oder 4 Mark Landgut, eine Mark Landgut 2 Loth. Die Manbuſſe fuͤr einen unvor- ſetzlichen Todſchlag an einem Bauer wurde mit 40 Mark oder 80 Loth reines Silbers vergolten, davon ein Theil der Kirche, der andere Theil dem Gerichte und das Drittel den nechſten Anver- wandten des Entleibten zufiel. Unter Deutſchen und Freileuten ward das Soͤhnegeld verdoppelt und 160 Loth Silber erleget. Die Ritterſchaft hat nie eine Taxe gehabt, ſondern jeder hat ſeine Manbuſſe zur Verſoͤnung nach Gutbefinden der Anverwandten erlegen muͤſſen. Als mit der Zeit die Marke gefallen und deren 40 etwan 10 Loth Silber betrugen, iſt dieſe Geſetzordnung vielen Misbraͤuchen unterworfen geweſen, welchen die nachherigen Landesverfaſſungen endlich abgeholfen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/46
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/46>, abgerufen am 25.04.2024.