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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,

eine hochdeutsche doch ungedruckte Ubersetzung nachgelassen. Doch die kürzere sowol
als die erweiterte Abschrift, wie auch des Fabri gedrucktes Stiftische Recht war für
ein liefländisches Ritter- und | Landrecht unzulänglich,*) weswegen Hilchen es| un-
ter polnischer Regierung auf bessern Fuß setzte, der Herr Vicepräsident Engelbrecht
von Mengden**) aber unter schwedischer Regierung ansehnlich vermehrte. Al-
lein
im Jahr 1591 zum Druck befördert. Der erste Buchdrucker zu Riga hies Nicolaus Mollin-
und das erste Werk, so er ums Jahr 1588 gedruckt, war die platdeutsche Kirchenordnung, oder
eigentlich die Ordnung des Kirchendiensts in Singen und Beten, wie sie D. Brisman aus Rö-
nigsberg
aufgesetzet. Bey der Druckerey besorgte Hilchen zugleich die Anlegung eines Buchla-
dens. Auf sein Zureden vermachte ein Liefländischer von Adel, Johann Overlack, am 23
December 1596 zu Rustjerwe, der kurz vorher zu Riga gestifteten Stadtbibliothek 300 Mark
rigisch, mit der Bedingung, daß auf alle Bücher, die von diesem Gelde würden gekauft wer-
den, des Testatoris Overlacks Name zum ewigen Gedächtnis gedrucket werde. Hier über
ward Hilchen zum Testamentarius verordnet. Der König von Polen, der die Geschicklichkeit
dieses Syndici erkante, gab ihm den Titel seines Secretarii, brauchte ihn in Gesandschaften,
und ernennete ihn zum Landschreiber des wendenschen Distrikts, wie er denn auch als Mitcom-
missarius und Sekretair der grossen Commißion in Liefland 1599 zur Revision der Guter bei-
wohnte. Er erhielt schon 1591 am 2 Jeuner für sich, seine Eltern und Bruder das Adelsdiplo-
ma, worinne ihm das Zamoscische Wapen, nemlich drey goldene Lanzen oder Spiesse im rothen
Felde, verliehen wurden, worunter 2 kreuzweis liegen und die Spitzen in die Höhe kehren, der
dritte aber mit niedergesenkter Spitze mitten hindurch gehet. Der König schenkte ihm aus beson-
drer Gnade auf diesen Schild noch einen gekrönten ofnen Ritterhelm, worauf sich ein Pfauen-
schwanz in seinen natürlichen Farben ausbreitet. Solche Huld bey seinem Könige muste
nothwendig bey einigen Verdacht und Misgunst erwecken. Das handschriftliche Tagebuch der vorer-
wehnten grossen Commißion führet unter dem 24 April eine artige Begebenheit an. Ein gewis-
ser Paul Spancke hatte Hilchen in einem Gedicht Sacro-Sanctum Regis Poloniae legatum beti-
telt. Hilchens Feinde gaben vor, der Dichter habe diesen Titel auf seines Gonners Begehren
so hinschreiben müssen. Spancke wurde vor die Commißion gefordert, da er jenen entschuldigte,
und sich auf das Gesandtenrecht berief, nach welchem alle Gesandten sacro-sancti wären. Jn
Riga war der Burgemeister Nicolaus Eeck das Haupt einer Gegenparthey, zu der sich auch
der Vicesyndicus, Jacob Godeman, schlug, ob er gleich seine Erhebung zu diesem wichtigen Po-
sten Hilchens Empfelung zu danken hatte. Als Hilchen einsmals diesem Godeman in der Vorburg
zu Pferde begegnete, hieb er mit der Spitzgerte nach demselben. Diese Hitze zerstorete nicht allein
Hilchens eigenes Glück, sondern auch seines Schwiegervaters, des Herrn Burgemeister Franz
Neustädts.
Jn Riga brachte man 15 Klagpunkte zusammen, nach welchen Hilchen die Ma-
jestatem Senatus rigensis
(so war der eigentliche Ausdruck), die Privilegien der Stadt und das
gemeine Wesen beleidiget hatte. Weil sich Hilchen nach Polen gewandt, so wurde er aufm Rath-
hause pro contumaci erkläret, ihm der Hals abgesprochen, und er für vogelfrey erkläret. Auch
der Scharfrichter muste in Hilchens Namen dem Syndico Godeman Abbitte thun, und sich
aufs Maul schlagen. Die Speciem facti von der ganzen Sache lies Hilchen 1605 zu Cracau
in 4, in einer fliessenden und bescheidenen lateinischen Schreibart der Welt im Druck vorlegen.
Die Urschrift hat die Aufschrift: Clypeus innocentiae et veritatis; die deutsche Ubersetzung
aber: Gegenwehr der Unschuld und Warheit wider Jae. Godeman etc. Da man sich
in Riga alle Mühe gab, diese Bläter zu unterdrücken, so ist leicht zu erachten, daß sie ungemein
selten und beinahe unsichtbar geworden. Man suchte in Polen diesen Händeln abzuhelfen, allein
mit schlechtem Fortgang. Simon Staravolski führet Hilchen mit unter den Elogiis et vitis
centum illustrium Poloniae Scriptorum
an, meldet aber dessen Tod ein Jahr zu früh. Chy-
träus
hat von ihm viel liefländische Nachrichten zur Verbesserung seiner neuern Ausgaben erhal-
ten, ihm auch das 30 Buch seiner Historien zugeeignet. Sein feuriges Temperament ersiehet man
über dem aus einem alten Tagebuche, da er am 22 October 1589 Niclas Fickens Frau auf
öffentlicher Gasse die Mütze vom Kopfe herunter geschlagen. Es ist auch um seinetwillen Mat-
thias Treiden
am 12 Junii 1591 von dem Bedienten des dörptischen Castellans Lenieck erschos-
sen worden, als Treiden nach Hilchen zu schiessen gedrohet hatte. Nach vielem Kummer und
Verdrus, den auch sein Schwiegervater Herr Neustädt mit empfinden muste, weil ihm als
Bürgen das Seinige sequestriret und der Rathsstuhl verboten wor, schafte ihm der Tod 1609 im
49 Jahre seines Alters auf einmal Ruhe. Er schrieb und sprach fertig Latein, in welcher
Sprache er auch, bey seiner Durchreise durch Rostock, an die daselbst studirende Liefländer eine
wolgesetzte Rede auf des Chyträus Catheder gehalten, und sie zum Fleis in ihren Studien ver-
manet und aufgemuntert. Seiner Geschicklichkeit halber wurde ihm 1599 von der grossen Com-
mißion das Landrecht zu verfassen aufgetragen. Vid. Diarium Commissionis Manuscript p. 88,
it. Relation. p.
7.
*) Nicht nur unzulänglich, sondern es war auch theils ungerecht, theils und hauptsächlich aber auf neue
Zeiten nicht anzuwenden. Unter die vielen Merkwürdigkeiten desselben gehöret Lib. II tit. 17,
daß der Adel das Halsgericht habe, und tit. 44 der sonderliche Wiederruf: Was ich geredet,
hab ich gelogen wie ein Hund.
**) Dieser Engelbrecht ist von dem Generalmajor, Landrath und Obristen der liefländischen Ritterfahne,
Herrn Gustav von Mengden, zu unterscheiden. Letzterer muste sich 1679 wegen einer unglücklichen
Begebenheit verborgen halten, in welcher Einsamkeit er uns die schönen Sontagsgedanken eines
Christen, so sich an
GOtt VerMiethet, und den verfolgten, erretteten und lobsingenden
David
in deutsche Verse gebracht. Das erstere sind Lieder über die Evangelia, das andere eine
wohlge-

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,

eine hochdeutſche doch ungedruckte Uberſetzung nachgelaſſen. Doch die kuͤrzere ſowol
als die erweiterte Abſchrift, wie auch des Fabri gedrucktes Stiftiſche Recht war fuͤr
ein lieflaͤndiſches Ritter- und | Landrecht unzulaͤnglich,*) weswegen Hilchen es| un-
ter polniſcher Regierung auf beſſern Fuß ſetzte, der Herr Vicepraͤſident Engelbrecht
von Mengden**) aber unter ſchwediſcher Regierung anſehnlich vermehrte. Al-
lein
im Jahr 1591 zum Druck befoͤrdert. Der erſte Buchdrucker zu Riga hies Nicolaus Mollin-
und das erſte Werk, ſo er ums Jahr 1588 gedruckt, war die platdeutſche Kirchenordnung, oder
eigentlich die Ordnung des Kirchendienſts in Singen und Beten, wie ſie D. Brisman aus Roͤ-
nigsberg
aufgeſetzet. Bey der Druckerey beſorgte Hilchen zugleich die Anlegung eines Buchla-
dens. Auf ſein Zureden vermachte ein Lieflaͤndiſcher von Adel, Johann Overlack, am 23
December 1596 zu Ruſtjerwe, der kurz vorher zu Riga geſtifteten Stadtbibliothek 300 Mark
rigiſch, mit der Bedingung, daß auf alle Buͤcher, die von dieſem Gelde wuͤrden gekauft wer-
den, des Teſtatoris Overlacks Name zum ewigen Gedaͤchtnis gedrucket werde. Hier uͤber
ward Hilchen zum Teſtamentarius verordnet. Der Koͤnig von Polen, der die Geſchicklichkeit
dieſes Syndici erkante, gab ihm den Titel ſeines Secretarii, brauchte ihn in Geſandſchaften,
und ernennete ihn zum Landſchreiber des wendenſchen Diſtrikts, wie er denn auch als Mitcom-
miſſarius und Sekretair der groſſen Commißion in Liefland 1599 zur Reviſion der Guter bei-
wohnte. Er erhielt ſchon 1591 am 2 Jeuner fuͤr ſich, ſeine Eltern und Bruder das Adelsdiplo-
ma, worinne ihm das Zamosciſche Wapen, nemlich drey goldene Lanzen oder Spieſſe im rothen
Felde, verliehen wurden, worunter 2 kreuzweis liegen und die Spitzen in die Hoͤhe kehren, der
dritte aber mit niedergeſenkter Spitze mitten hindurch gehet. Der Koͤnig ſchenkte ihm aus beſon-
drer Gnade auf dieſen Schild noch einen gekroͤnten ofnen Ritterhelm, worauf ſich ein Pfauen-
ſchwanz in ſeinen natuͤrlichen Farben ausbreitet. Solche Huld bey ſeinem Koͤnige muſte
nothwendig bey einigen Verdacht und Misgunſt erwecken. Das handſchriftliche Tagebuch der vorer-
wehnten groſſen Commißion fuͤhret unter dem 24 April eine artige Begebenheit an. Ein gewiſ-
ſer Paul Spancke hatte Hilchen in einem Gedicht Sacro-Sanctum Regis Poloniæ legatum beti-
telt. Hilchens Feinde gaben vor, der Dichter habe dieſen Titel auf ſeines Gonners Begehren
ſo hinſchreiben muͤſſen. Spancke wurde vor die Commißion gefordert, da er jenen entſchuldigte,
und ſich auf das Geſandtenrecht berief, nach welchem alle Geſandten ſacro-ſancti waͤren. Jn
Riga war der Burgemeiſter Nicolaus Eeck das Haupt einer Gegenparthey, zu der ſich auch
der Viceſyndicus, Jacob Godeman, ſchlug, ob er gleich ſeine Erhebung zu dieſem wichtigen Po-
ſten Hilchens Empfelung zu danken hatte. Als Hilchen einsmals dieſem Godeman in der Vorburg
zu Pferde begegnete, hieb er mit der Spitzgerte nach demſelben. Dieſe Hitze zerſtorete nicht allein
Hilchens eigenes Gluͤck, ſondern auch ſeines Schwiegervaters, des Herrn Burgemeiſter Franz
Neuſtaͤdts.
Jn Riga brachte man 15 Klagpunkte zuſammen, nach welchen Hilchen die Ma-
jeſtatem Senatus rigenſis
(ſo war der eigentliche Ausdruck), die Privilegien der Stadt und das
gemeine Weſen beleidiget hatte. Weil ſich Hilchen nach Polen gewandt, ſo wurde er aufm Rath-
hauſe pro contumaci erklaͤret, ihm der Hals abgeſprochen, und er fuͤr vogelfrey erklaͤret. Auch
der Scharfrichter muſte in Hilchens Namen dem Syndico Godeman Abbitte thun, und ſich
aufs Maul ſchlagen. Die Speciem facti von der ganzen Sache lies Hilchen 1605 zu Cracau
in 4, in einer flieſſenden und beſcheidenen lateiniſchen Schreibart der Welt im Druck vorlegen.
Die Urſchrift hat die Aufſchrift: Clypeus innocentiae et veritatis; die deutſche Uberſetzung
aber: Gegenwehr der Unſchuld und Warheit wider Jae. Godeman ꝛc. Da man ſich
in Riga alle Muͤhe gab, dieſe Blaͤter zu unterdruͤcken, ſo iſt leicht zu erachten, daß ſie ungemein
ſelten und beinahe unſichtbar geworden. Man ſuchte in Polen dieſen Haͤndeln abzuhelfen, allein
mit ſchlechtem Fortgang. Simon Staravolski fuͤhret Hilchen mit unter den Elogiis et vitis
centum illuſtrium Poloniae Scriptorum
an, meldet aber deſſen Tod ein Jahr zu fruͤh. Chy-
traͤus
hat von ihm viel lieflaͤndiſche Nachrichten zur Verbeſſerung ſeiner neuern Ausgaben erhal-
ten, ihm auch das 30 Buch ſeiner Hiſtorien zugeeignet. Sein feuriges Temperament erſiehet man
uͤber dem aus einem alten Tagebuche, da er am 22 October 1589 Niclas Fickens Frau auf
oͤffentlicher Gaſſe die Muͤtze vom Kopfe herunter geſchlagen. Es iſt auch um ſeinetwillen Mat-
thias Treiden
am 12 Junii 1591 von dem Bedienten des doͤrptiſchen Caſtellans Lenieck erſchoſ-
ſen worden, als Treiden nach Hilchen zu ſchieſſen gedrohet hatte. Nach vielem Kummer und
Verdrus, den auch ſein Schwiegervater Herr Neuſtaͤdt mit empfinden muſte, weil ihm als
Buͤrgen das Seinige ſequeſtriret und der Rathsſtuhl verboten wor, ſchafte ihm der Tod 1609 im
49 Jahre ſeines Alters auf einmal Ruhe. Er ſchrieb und ſprach fertig Latein, in welcher
Sprache er auch, bey ſeiner Durchreiſe durch Roſtock, an die daſelbſt ſtudirende Lieflaͤnder eine
wolgeſetzte Rede auf des Chytraͤus Catheder gehalten, und ſie zum Fleis in ihren Studien ver-
manet und aufgemuntert. Seiner Geſchicklichkeit halber wurde ihm 1599 von der groſſen Com-
mißion das Landrecht zu verfaſſen aufgetragen. Vid. Diarium Commiſſionis Manuſcript p. 88,
it. Relation. p.
7.
*) Nicht nur unzulaͤnglich, ſondern es war auch theils ungerecht, theils und hauptſaͤchlich aber auf neue
Zeiten nicht anzuwenden. Unter die vielen Merkwuͤrdigkeiten deſſelben gehoͤret Lib. II tit. 17,
daß der Adel das Halsgericht habe, und tit. 44 der ſonderliche Wiederruf: Was ich geredet,
hab ich gelogen wie ein Hund.
**) Dieſer Engelbrecht iſt von dem Generalmajor, Landrath und Obriſten der lieflaͤndiſchen Ritterfahne,
Herrn Guſtav von Mengden, zu unterſcheiden. Letzterer muſte ſich 1679 wegen einer ungluͤcklichen
Begebenheit verborgen halten, in welcher Einſamkeit er uns die ſchoͤnen Sontagsgedanken eines
Chriſten, ſo ſich an
GOtt VerMiethet, und den verfolgten, erretteten und lobſingenden
David
in deutſche Verſe gebracht. Das erſtere ſind Lieder uͤber die Evangelia, das andere eine
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[24/0042] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, p) *) p) eine hochdeutſche doch ungedruckte Uberſetzung nachgelaſſen. Doch die kuͤrzere ſowol als die erweiterte Abſchrift, wie auch des Fabri gedrucktes Stiftiſche Recht war fuͤr ein lieflaͤndiſches Ritter- und | Landrecht unzulaͤnglich, *) weswegen Hilchen es| un- ter polniſcher Regierung auf beſſern Fuß ſetzte, der Herr Vicepraͤſident Engelbrecht von Mengden **) aber unter ſchwediſcher Regierung anſehnlich vermehrte. Al- lein *) Nicht nur unzulaͤnglich, ſondern es war auch theils ungerecht, theils und hauptſaͤchlich aber auf neue Zeiten nicht anzuwenden. Unter die vielen Merkwuͤrdigkeiten deſſelben gehoͤret Lib. II tit. 17, daß der Adel das Halsgericht habe, und tit. 44 der ſonderliche Wiederruf: Was ich geredet, hab ich gelogen wie ein Hund. **) Dieſer Engelbrecht iſt von dem Generalmajor, Landrath und Obriſten der lieflaͤndiſchen Ritterfahne, Herrn Guſtav von Mengden, zu unterſcheiden. Letzterer muſte ſich 1679 wegen einer ungluͤcklichen Begebenheit verborgen halten, in welcher Einſamkeit er uns die ſchoͤnen Sontagsgedanken eines Chriſten, ſo ſich an GOtt VerMiethet, und den verfolgten, erretteten und lobſingenden David in deutſche Verſe gebracht. Das erſtere ſind Lieder uͤber die Evangelia, das andere eine wohlge- *) im Jahr 1591 zum Druck befoͤrdert. Der erſte Buchdrucker zu Riga hies Nicolaus Mollin- und das erſte Werk, ſo er ums Jahr 1588 gedruckt, war die platdeutſche Kirchenordnung, oder eigentlich die Ordnung des Kirchendienſts in Singen und Beten, wie ſie D. Brisman aus Roͤ- nigsberg aufgeſetzet. Bey der Druckerey beſorgte Hilchen zugleich die Anlegung eines Buchla- dens. Auf ſein Zureden vermachte ein Lieflaͤndiſcher von Adel, Johann Overlack, am 23 December 1596 zu Ruſtjerwe, der kurz vorher zu Riga geſtifteten Stadtbibliothek 300 Mark rigiſch, mit der Bedingung, daß auf alle Buͤcher, die von dieſem Gelde wuͤrden gekauft wer- den, des Teſtatoris Overlacks Name zum ewigen Gedaͤchtnis gedrucket werde. Hier uͤber ward Hilchen zum Teſtamentarius verordnet. Der Koͤnig von Polen, der die Geſchicklichkeit dieſes Syndici erkante, gab ihm den Titel ſeines Secretarii, brauchte ihn in Geſandſchaften, und ernennete ihn zum Landſchreiber des wendenſchen Diſtrikts, wie er denn auch als Mitcom- miſſarius und Sekretair der groſſen Commißion in Liefland 1599 zur Reviſion der Guter bei- wohnte. Er erhielt ſchon 1591 am 2 Jeuner fuͤr ſich, ſeine Eltern und Bruder das Adelsdiplo- ma, worinne ihm das Zamosciſche Wapen, nemlich drey goldene Lanzen oder Spieſſe im rothen Felde, verliehen wurden, worunter 2 kreuzweis liegen und die Spitzen in die Hoͤhe kehren, der dritte aber mit niedergeſenkter Spitze mitten hindurch gehet. Der Koͤnig ſchenkte ihm aus beſon- drer Gnade auf dieſen Schild noch einen gekroͤnten ofnen Ritterhelm, worauf ſich ein Pfauen- ſchwanz in ſeinen natuͤrlichen Farben ausbreitet. Solche Huld bey ſeinem Koͤnige muſte nothwendig bey einigen Verdacht und Misgunſt erwecken. Das handſchriftliche Tagebuch der vorer- wehnten groſſen Commißion fuͤhret unter dem 24 April eine artige Begebenheit an. Ein gewiſ- ſer Paul Spancke hatte Hilchen in einem Gedicht Sacro-Sanctum Regis Poloniæ legatum beti- telt. Hilchens Feinde gaben vor, der Dichter habe dieſen Titel auf ſeines Gonners Begehren ſo hinſchreiben muͤſſen. Spancke wurde vor die Commißion gefordert, da er jenen entſchuldigte, und ſich auf das Geſandtenrecht berief, nach welchem alle Geſandten ſacro-ſancti waͤren. Jn Riga war der Burgemeiſter Nicolaus Eeck das Haupt einer Gegenparthey, zu der ſich auch der Viceſyndicus, Jacob Godeman, ſchlug, ob er gleich ſeine Erhebung zu dieſem wichtigen Po- ſten Hilchens Empfelung zu danken hatte. Als Hilchen einsmals dieſem Godeman in der Vorburg zu Pferde begegnete, hieb er mit der Spitzgerte nach demſelben. Dieſe Hitze zerſtorete nicht allein Hilchens eigenes Gluͤck, ſondern auch ſeines Schwiegervaters, des Herrn Burgemeiſter Franz Neuſtaͤdts. Jn Riga brachte man 15 Klagpunkte zuſammen, nach welchen Hilchen die Ma- jeſtatem Senatus rigenſis (ſo war der eigentliche Ausdruck), die Privilegien der Stadt und das gemeine Weſen beleidiget hatte. Weil ſich Hilchen nach Polen gewandt, ſo wurde er aufm Rath- hauſe pro contumaci erklaͤret, ihm der Hals abgeſprochen, und er fuͤr vogelfrey erklaͤret. Auch der Scharfrichter muſte in Hilchens Namen dem Syndico Godeman Abbitte thun, und ſich aufs Maul ſchlagen. Die Speciem facti von der ganzen Sache lies Hilchen 1605 zu Cracau in 4, in einer flieſſenden und beſcheidenen lateiniſchen Schreibart der Welt im Druck vorlegen. Die Urſchrift hat die Aufſchrift: Clypeus innocentiae et veritatis; die deutſche Uberſetzung aber: Gegenwehr der Unſchuld und Warheit wider Jae. Godeman ꝛc. Da man ſich in Riga alle Muͤhe gab, dieſe Blaͤter zu unterdruͤcken, ſo iſt leicht zu erachten, daß ſie ungemein ſelten und beinahe unſichtbar geworden. Man ſuchte in Polen dieſen Haͤndeln abzuhelfen, allein mit ſchlechtem Fortgang. Simon Staravolski fuͤhret Hilchen mit unter den Elogiis et vitis centum illuſtrium Poloniae Scriptorum an, meldet aber deſſen Tod ein Jahr zu fruͤh. Chy- traͤus hat von ihm viel lieflaͤndiſche Nachrichten zur Verbeſſerung ſeiner neuern Ausgaben erhal- ten, ihm auch das 30 Buch ſeiner Hiſtorien zugeeignet. Sein feuriges Temperament erſiehet man uͤber dem aus einem alten Tagebuche, da er am 22 October 1589 Niclas Fickens Frau auf oͤffentlicher Gaſſe die Muͤtze vom Kopfe herunter geſchlagen. Es iſt auch um ſeinetwillen Mat- thias Treiden am 12 Junii 1591 von dem Bedienten des doͤrptiſchen Caſtellans Lenieck erſchoſ- ſen worden, als Treiden nach Hilchen zu ſchieſſen gedrohet hatte. Nach vielem Kummer und Verdrus, den auch ſein Schwiegervater Herr Neuſtaͤdt mit empfinden muſte, weil ihm als Buͤrgen das Seinige ſequeſtriret und der Rathsſtuhl verboten wor, ſchafte ihm der Tod 1609 im 49 Jahre ſeines Alters auf einmal Ruhe. Er ſchrieb und ſprach fertig Latein, in welcher Sprache er auch, bey ſeiner Durchreiſe durch Roſtock, an die daſelbſt ſtudirende Lieflaͤnder eine wolgeſetzte Rede auf des Chytraͤus Catheder gehalten, und ſie zum Fleis in ihren Studien ver- manet und aufgemuntert. Seiner Geſchicklichkeit halber wurde ihm 1599 von der groſſen Com- mißion das Landrecht zu verfaſſen aufgetragen. Vid. Diarium Commiſſionis Manuſcript p. 88, it. Relation. p. 7.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/42>, abgerufen am 20.04.2024.