Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite
oder das Soldatenglück.


Das Fräulein. Siehst du, Franciska? da hast
du eine sehr gute Anmerkung gemacht. --
Franciska. Gemacht? macht man das, was
einem so einfällt? --
Das Fräulein. Und weißt du, warum ich
eigentlich diese Anmerkung so gut finde? Sie hat
viel Beziehung auf meinen Tellheim.
Franciska. Was hätte bey Jhnen nicht auch
Beziehung auf ihn?
Das Fräulein. Freund und Feind sagen, daß
er der tapferste Mann von der Welt ist. Aber wer
hat ihn von Tapferkeit jemals reden hören? Er
hat das rechtschaffenste Herz, aber Rechtschaffenheit
und Edelmuth sind Worte, die er nie auf die
Zunge bringt.
Franciska. Von was für Tugenden spricht
er denn?
Das Fräulein. Er spricht von keiner; denn
ihm fehlt keine.
Franciska. Das wollte ich nur hören.
Das Fräulein. Warte, Franciska; ich besinne
mich. Er spricht sehr oft von Oekonomie. Jm
Ver-
C 5
oder das Soldatengluͤck.


Das Fraͤulein. Siehſt du, Franciska? da haſt
du eine ſehr gute Anmerkung gemacht. —
Franciska. Gemacht? macht man das, was
einem ſo einfaͤllt? —
Das Fraͤulein. Und weißt du, warum ich
eigentlich dieſe Anmerkung ſo gut finde? Sie hat
viel Beziehung auf meinen Tellheim.
Franciska. Was haͤtte bey Jhnen nicht auch
Beziehung auf ihn?
Das Fraͤulein. Freund und Feind ſagen, daß
er der tapferſte Mann von der Welt iſt. Aber wer
hat ihn von Tapferkeit jemals reden hoͤren? Er
hat das rechtſchaffenſte Herz, aber Rechtſchaffenheit
und Edelmuth ſind Worte, die er nie auf die
Zunge bringt.
Franciska. Von was fuͤr Tugenden ſpricht
er denn?
Das Fraͤulein. Er ſpricht von keiner; denn
ihm fehlt keine.
Franciska. Das wollte ich nur hoͤren.
Das Fraͤulein. Warte, Franciska; ich beſinne
mich. Er ſpricht ſehr oft von Oekonomie. Jm
Ver-
C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#FRA">
            <pb facs="#f0045" n="41"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">oder das Soldatenglu&#x0364;ck.</hi> </fw><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fra&#x0364;ulein.</hi> </speaker>
            <p>Sieh&#x017F;t du, Franciska? da ha&#x017F;t<lb/>
du eine &#x017F;ehr gute Anmerkung gemacht. &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Franciska.</hi> </speaker>
            <p>Gemacht? macht man das, was<lb/>
einem &#x017F;o einfa&#x0364;llt? &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fra&#x0364;ulein.</hi> </speaker>
            <p>Und weißt du, warum ich<lb/>
eigentlich die&#x017F;e Anmerkung &#x017F;o gut finde? Sie hat<lb/>
viel Beziehung auf meinen Tellheim.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Franciska.</hi> </speaker>
            <p>Was ha&#x0364;tte bey Jhnen nicht auch<lb/>
Beziehung auf ihn?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fra&#x0364;ulein.</hi> </speaker>
            <p>Freund und Feind &#x017F;agen, daß<lb/>
er der tapfer&#x017F;te Mann von der Welt i&#x017F;t. Aber wer<lb/>
hat ihn von Tapferkeit jemals reden ho&#x0364;ren? Er<lb/>
hat das recht&#x017F;chaffen&#x017F;te Herz, aber Recht&#x017F;chaffenheit<lb/>
und Edelmuth &#x017F;ind Worte, die er nie auf die<lb/>
Zunge bringt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Franciska.</hi> </speaker>
            <p>Von was fu&#x0364;r Tugenden &#x017F;pricht<lb/>
er denn?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fra&#x0364;ulein.</hi> </speaker>
            <p>Er &#x017F;pricht von keiner; denn<lb/>
ihm fehlt keine.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Franciska.</hi> </speaker>
            <p>Das wollte ich nur ho&#x0364;ren.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Das Fra&#x0364;ulein.</hi> </speaker>
            <p>Warte, Franciska; ich be&#x017F;inne<lb/>
mich. Er &#x017F;pricht &#x017F;ehr oft von Oekonomie. Jm<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0045] oder das Soldatengluͤck. Das Fraͤulein. Siehſt du, Franciska? da haſt du eine ſehr gute Anmerkung gemacht. — Franciska. Gemacht? macht man das, was einem ſo einfaͤllt? — Das Fraͤulein. Und weißt du, warum ich eigentlich dieſe Anmerkung ſo gut finde? Sie hat viel Beziehung auf meinen Tellheim. Franciska. Was haͤtte bey Jhnen nicht auch Beziehung auf ihn? Das Fraͤulein. Freund und Feind ſagen, daß er der tapferſte Mann von der Welt iſt. Aber wer hat ihn von Tapferkeit jemals reden hoͤren? Er hat das rechtſchaffenſte Herz, aber Rechtſchaffenheit und Edelmuth ſind Worte, die er nie auf die Zunge bringt. Franciska. Von was fuͤr Tugenden ſpricht er denn? Das Fraͤulein. Er ſpricht von keiner; denn ihm fehlt keine. Franciska. Das wollte ich nur hoͤren. Das Fraͤulein. Warte, Franciska; ich beſinne mich. Er ſpricht ſehr oft von Oekonomie. Jm Ver- C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767/45
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767/45>, abgerufen am 25.04.2024.