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Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.

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oder das Soldatenglück.


v. Tellheim. Weil ich dir nichts schuldig wer-
den will.
Just. Darum? nur darum? -- So gewiß
ich Jhnen schuldig bin, so gewiß Sie mir nichts
schuldig werden können, so gewiß sollen Sie mich
nun nicht verstoßen. -- Machen Sie, was Sie
wollen, Herr Major; ich bleibe bey Jhnen; ich
muß bey Jhnen bleiben. --
v. Tellheim. Und deine Hartnäckigkeit, dein
Trotz, dein wildes ungestümes Wesen gegen alle,
von denen du meynest, daß Sie dir nichts zu sagen
haben, deine tückische Schadenfreude, deine
Rachsucht -- --
Just. Machen Sie mich so schlimm, wie Sie
wollen; ich will darum doch nicht schlechter von
mir denken, als von meinem Hunde. Vorigen
Winter gieng ich in der Demmerung an dem
Kanale, und hörte etwas winseln. Jch stieg
herab, und griff nach der Stimme, und glaubte
ein Kind zu retten, und zog einen Budel aus dem
Wasser. Auch gut; dachte ich. Der Budel kam
mir nach; aber ich bin kein Liebhaber von Budeln.
Jch jagte ihn fort, umsonst; ich prügelte ihn von
mir,
oder das Soldatengluͤck.


v. Tellheim. Weil ich dir nichts ſchuldig wer-
den will.
Juſt. Darum? nur darum? — So gewiß
ich Jhnen ſchuldig bin, ſo gewiß Sie mir nichts
ſchuldig werden koͤnnen, ſo gewiß ſollen Sie mich
nun nicht verſtoßen. — Machen Sie, was Sie
wollen, Herr Major; ich bleibe bey Jhnen; ich
muß bey Jhnen bleiben. —
v. Tellheim. Und deine Hartnaͤckigkeit, dein
Trotz, dein wildes ungeſtuͤmes Weſen gegen alle,
von denen du meyneſt, daß Sie dir nichts zu ſagen
haben, deine tuͤckiſche Schadenfreude, deine
Rachſucht — —
Juſt. Machen Sie mich ſo ſchlimm, wie Sie
wollen; ich will darum doch nicht ſchlechter von
mir denken, als von meinem Hunde. Vorigen
Winter gieng ich in der Demmerung an dem
Kanale, und hoͤrte etwas winſeln. Jch ſtieg
herab, und griff nach der Stimme, und glaubte
ein Kind zu retten, und zog einen Budel aus dem
Waſſer. Auch gut; dachte ich. Der Budel kam
mir nach; aber ich bin kein Liebhaber von Budeln.
Jch jagte ihn fort, umſonſt; ich pruͤgelte ihn von
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[27/0031] oder das Soldatengluͤck. v. Tellheim. Weil ich dir nichts ſchuldig wer- den will. Juſt. Darum? nur darum? — So gewiß ich Jhnen ſchuldig bin, ſo gewiß Sie mir nichts ſchuldig werden koͤnnen, ſo gewiß ſollen Sie mich nun nicht verſtoßen. — Machen Sie, was Sie wollen, Herr Major; ich bleibe bey Jhnen; ich muß bey Jhnen bleiben. — v. Tellheim. Und deine Hartnaͤckigkeit, dein Trotz, dein wildes ungeſtuͤmes Weſen gegen alle, von denen du meyneſt, daß Sie dir nichts zu ſagen haben, deine tuͤckiſche Schadenfreude, deine Rachſucht — — Juſt. Machen Sie mich ſo ſchlimm, wie Sie wollen; ich will darum doch nicht ſchlechter von mir denken, als von meinem Hunde. Vorigen Winter gieng ich in der Demmerung an dem Kanale, und hoͤrte etwas winſeln. Jch ſtieg herab, und griff nach der Stimme, und glaubte ein Kind zu retten, und zog einen Budel aus dem Waſſer. Auch gut; dachte ich. Der Budel kam mir nach; aber ich bin kein Liebhaber von Budeln. Jch jagte ihn fort, umſonſt; ich pruͤgelte ihn von mir,

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767/31>, abgerufen am 25.04.2024.