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Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

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was innerhalb den Grenzen eurer Fähigkeit
läge. Diesen Wermuth aus eurem sonst
fruchtbaren Hirn auszurotten, und zugleich
um mich zu gewinnen, wenn euch das letzte
angelegen seyn kann, sollt ihr zwölf Mona-
te Tag für Tag die sprachlosen Kranken des
Hospitals besuchen, da die ganze Energie eu-
res Witzes aufbieten, diese trostlosen Elende
lächeln zu machen.
Biron. Fröliches Gelächter in der Gur-
gel des Todes intoniren? Es ist unmöglich,
Lädy! Scherz kann keine agonisirende See-
le bewegen.
Rosaline. Desto besser, so ist dieß das
sicherste Mittel einen stechenden nesselartigen
Geist zu ersticken, der von der zu leichtsinni-
gen Gunst erzogen ward, womit seichte Zu-
hörer eure Schwänke aufgenommen. Das
Glück eines Scherzes liegt in dem Ohr das
ihn hört, nicht in der Zunge so ihn ausspricht.
Also wenn kranke Ohren betäubt, von dem
kläglichen Schall ihrer eigenen Seufzer und
ihres Geächzes euch willig anhören, so fahrt
fort darin, und ich will euch mit samt eurem
Fehler heyrathen, aber ist das nicht so fort
mit dem Geist, und ich werde vergnügt seyn,
euch einen Pfund leichter an Witz zu bekom-
men aber mit einem bessern Herzen.
Biron. Zwölf Monath? sey es! was
thut man nicht, so viel zu gewinnen, ich
will zwölf Monath im Hospital scherzen.
Prinzes.


was innerhalb den Grenzen eurer Faͤhigkeit
laͤge. Dieſen Wermuth aus eurem ſonſt
fruchtbaren Hirn auszurotten, und zugleich
um mich zu gewinnen, wenn euch das letzte
angelegen ſeyn kann, ſollt ihr zwoͤlf Mona-
te Tag fuͤr Tag die ſprachloſen Kranken des
Hoſpitals beſuchen, da die ganze Energie eu-
res Witzes aufbieten, dieſe troſtloſen Elende
laͤcheln zu machen.
Biron. Froͤliches Gelaͤchter in der Gur-
gel des Todes intoniren? Es iſt unmoͤglich,
Laͤdy! Scherz kann keine agoniſirende See-
le bewegen.
Roſaline. Deſto beſſer, ſo iſt dieß das
ſicherſte Mittel einen ſtechenden neſſelartigen
Geiſt zu erſticken, der von der zu leichtſinni-
gen Gunſt erzogen ward, womit ſeichte Zu-
hoͤrer eure Schwaͤnke aufgenommen. Das
Gluͤck eines Scherzes liegt in dem Ohr das
ihn hoͤrt, nicht in der Zunge ſo ihn ausſpricht.
Alſo wenn kranke Ohren betaͤubt, von dem
klaͤglichen Schall ihrer eigenen Seufzer und
ihres Geaͤchzes euch willig anhoͤren, ſo fahrt
fort darin, und ich will euch mit ſamt eurem
Fehler heyrathen, aber iſt das nicht ſo fort
mit dem Geiſt, und ich werde vergnuͤgt ſeyn,
euch einen Pfund leichter an Witz zu bekom-
men aber mit einem beſſern Herzen.
Biron. Zwoͤlf Monath? ſey es! was
thut man nicht, ſo viel zu gewinnen, ich
will zwoͤlf Monath im Hoſpital ſcherzen.
Prinzeſ.
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[159/0165] was innerhalb den Grenzen eurer Faͤhigkeit laͤge. Dieſen Wermuth aus eurem ſonſt fruchtbaren Hirn auszurotten, und zugleich um mich zu gewinnen, wenn euch das letzte angelegen ſeyn kann, ſollt ihr zwoͤlf Mona- te Tag fuͤr Tag die ſprachloſen Kranken des Hoſpitals beſuchen, da die ganze Energie eu- res Witzes aufbieten, dieſe troſtloſen Elende laͤcheln zu machen. Biron. Froͤliches Gelaͤchter in der Gur- gel des Todes intoniren? Es iſt unmoͤglich, Laͤdy! Scherz kann keine agoniſirende See- le bewegen. Roſaline. Deſto beſſer, ſo iſt dieß das ſicherſte Mittel einen ſtechenden neſſelartigen Geiſt zu erſticken, der von der zu leichtſinni- gen Gunſt erzogen ward, womit ſeichte Zu- hoͤrer eure Schwaͤnke aufgenommen. Das Gluͤck eines Scherzes liegt in dem Ohr das ihn hoͤrt, nicht in der Zunge ſo ihn ausſpricht. Alſo wenn kranke Ohren betaͤubt, von dem klaͤglichen Schall ihrer eigenen Seufzer und ihres Geaͤchzes euch willig anhoͤren, ſo fahrt fort darin, und ich will euch mit ſamt eurem Fehler heyrathen, aber iſt das nicht ſo fort mit dem Geiſt, und ich werde vergnuͤgt ſeyn, euch einen Pfund leichter an Witz zu bekom- men aber mit einem beſſern Herzen. Biron. Zwoͤlf Monath? ſey es! was thut man nicht, ſo viel zu gewinnen, ich will zwoͤlf Monath im Hoſpital ſcherzen. Prinzeſ.

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Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/165>, abgerufen am 18.04.2024.