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Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

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""Laß ab zu klagen, Kind, laß ab!
""Komm, folge deinem Sterne!
""Die Eltern kühlt und heilt das Grab,
""Den Bräutigam die Ferne!""
""Bald sollst du als beglückte Frau
""Genesen aller Leiden;
""Komm, folge mir zur Liebesau
""Voll ewig grüner Freuden!""
"Ich wischte mit treuloser Hand
"Die Thränen von der Wange,
"Und ging -- und ging -- das Irrlicht schwand
"Am furchtbar steilen Hange!
"Nun ist mein Herz so grabesdumpf,
"Verlassen wie die Wüste,
"Seit in den bodenlosen Sumpf
"Gesunken ich der Lüste!" --
Marie blickt in die Nacht hinein
Aus ihrem stillen Zimmer;
Schon ist am Himmel Sternenschein
Und sanfter Mondenschimmer.
„„Laß ab zu klagen, Kind, laß ab!
„„Komm, folge deinem Sterne!
„„Die Eltern kuͤhlt und heilt das Grab,
„„Den Braͤutigam die Ferne!““
„„Bald ſollſt du als begluͤckte Frau
„„Geneſen aller Leiden;
„„Komm, folge mir zur Liebesau
„„Voll ewig gruͤner Freuden!““
„Ich wiſchte mit treuloſer Hand
„Die Thraͤnen von der Wange,
„Und ging — und ging — das Irrlicht ſchwand
„Am furchtbar ſteilen Hange!
„Nun iſt mein Herz ſo grabesdumpf,
„Verlaſſen wie die Wuͤſte,
„Seit in den bodenloſen Sumpf
„Geſunken ich der Luͤſte!“ —
Marie blickt in die Nacht hinein
Aus ihrem ſtillen Zimmer;
Schon iſt am Himmel Sternenſchein
Und ſanfter Mondenſchimmer.
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[31/0045] „„Laß ab zu klagen, Kind, laß ab! „„Komm, folge deinem Sterne! „„Die Eltern kuͤhlt und heilt das Grab, „„Den Braͤutigam die Ferne!““ „„Bald ſollſt du als begluͤckte Frau „„Geneſen aller Leiden; „„Komm, folge mir zur Liebesau „„Voll ewig gruͤner Freuden!““ „Ich wiſchte mit treuloſer Hand „Die Thraͤnen von der Wange, „Und ging — und ging — das Irrlicht ſchwand „Am furchtbar ſteilen Hange! „Nun iſt mein Herz ſo grabesdumpf, „Verlaſſen wie die Wuͤſte, „Seit in den bodenloſen Sumpf „Geſunken ich der Luͤſte!“ — Marie blickt in die Nacht hinein Aus ihrem ſtillen Zimmer; Schon iſt am Himmel Sternenſchein Und ſanfter Mondenſchimmer.

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Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/45>, abgerufen am 18.04.2024.