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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
dent-Road) und von da durch den engen Pass zwischen dem Palmyra-
Riff (N) und dem durch das starke Fort Independance vertheidigten
Castle-Eilande, dann vorbei an der gleichfalls befestigten Governor-
Insel in den inneren Hafen von Boston. Die letztgenannte Insel ist
als Geburtsort des berühmten Staatsmannes Benjamin Franklin, der
hier 1706 das Licht der Welt erblickte, von historischem Interesse.

Eine zweite Zufahrt zur Präsident-Rhede, der Main-Ship-Canal,
ist nur für Schiffe bis 7 m Tauchung bei ruhiger See navigabel. Das
ungeheure Fort Warren auf der Georg-Insel dominirt diesen Canal.

Weit ausgedehnte lagunenartige Niederungen (Flats), über welche
nur einzelne Hügel von geringer Höhe emporragen, bilden den Ab-
schluss des Hafens gegen die Seeseite. In das Hafenbecken münden
in breiten Ausweitungen die drei Flüsse Charles, Mystic und Chelsea,
welche eine natürliche Scheidung der Stadttheile von Boston voll-
ziehen, gleichzeitig aber dem Hafen sehr bewegte Contouren von
grosser Quai-Entwicklung geben. Diese Eigenthümlichkeit gestattete
die Anlage ausgedehnter Landungsbassins (Wharfs) an den Quais von
Alt-Boston, Charlestown und East-Boston für Schiffe jeder Grösse.
So haben denn auch die nach Boston verkehrenden grossen Dampf-
schiffahrts-Unternehmungen dort eigene Warfs, und der lebhafte Local-
verkehr zu Wasser konnte die herrlichsten Anlegeplätze in allen
Theilen des Hafens gewinnen. Ebenso entstanden dort Waarenmaga-
zine in grossem Style, und die Schiffahrt erhielt in ausreichendstem
Masse alle Hilfsmittel zur schnellen Bewältigung der Lade- und Lösch-
Operationen. Auch für die Behebung von Havarien jeder Art ist
durch den Bestand zahlreicher technischer Etablissements vorgesorgt.

In Charlestown besitzt die Kriegsmarine der Vereinigten Staaten
ein ausgedehntes Seearsenal (X), das, 1800 gegründet, der ameri-
kanischen Flotte zahlreiche, auf seinen Werften erbaute Schiffe zu-
führte. Das Arsenal verfügt über ein Trockendock von 112 m Länge,
und die grosse Seilerei ist die bedeutendste in Amerika.

Charlestown ist durch den riesigen Bunkerhill-Obelisken, ein
Denkmal zur Erinnerung an das dort am 17. Juni 1843 vorgefallene
Gefecht scharf gekennzeichnet. Von der Höhe des Bauwerkes bietet
sich ein herrlicher Rundblick über den Hafen dar.

Wie sehr die Stadtgemeinde und Regierung bestrebt sind, dem
äusserst angewachsenen Verkehr die weitesten Erleichterungen zu
bieten, und wie sehr sie dadurch den Aufschwung der Stadt zu för-
dern wissen, zeigt ein Blick auf den Hafenplan. Die Zahl der stabilen
Brücken, welche die verschiedenen Stadttheile über die Flussläufe

Die atlantische Küste von Amerika.
dent-Road) und von da durch den engen Pass zwischen dem Palmyra-
Riff (N) und dem durch das starke Fort Independance vertheidigten
Castle-Eilande, dann vorbei an der gleichfalls befestigten Governor-
Insel in den inneren Hafen von Boston. Die letztgenannte Insel ist
als Geburtsort des berühmten Staatsmannes Benjamin Franklin, der
hier 1706 das Licht der Welt erblickte, von historischem Interesse.

Eine zweite Zufahrt zur Präsident-Rhede, der Main-Ship-Canal,
ist nur für Schiffe bis 7 m Tauchung bei ruhiger See navigabel. Das
ungeheure Fort Warren auf der Georg-Insel dominirt diesen Canal.

Weit ausgedehnte lagunenartige Niederungen (Flats), über welche
nur einzelne Hügel von geringer Höhe emporragen, bilden den Ab-
schluss des Hafens gegen die Seeseite. In das Hafenbecken münden
in breiten Ausweitungen die drei Flüsse Charles, Mystic und Chelsea,
welche eine natürliche Scheidung der Stadttheile von Boston voll-
ziehen, gleichzeitig aber dem Hafen sehr bewegte Contouren von
grosser Quai-Entwicklung geben. Diese Eigenthümlichkeit gestattete
die Anlage ausgedehnter Landungsbassins (Wharfs) an den Quais von
Alt-Boston, Charlestown und East-Boston für Schiffe jeder Grösse.
So haben denn auch die nach Boston verkehrenden grossen Dampf-
schiffahrts-Unternehmungen dort eigene Warfs, und der lebhafte Local-
verkehr zu Wasser konnte die herrlichsten Anlegeplätze in allen
Theilen des Hafens gewinnen. Ebenso entstanden dort Waarenmaga-
zine in grossem Style, und die Schiffahrt erhielt in ausreichendstem
Masse alle Hilfsmittel zur schnellen Bewältigung der Lade- und Lösch-
Operationen. Auch für die Behebung von Havarien jeder Art ist
durch den Bestand zahlreicher technischer Etablissements vorgesorgt.

In Charlestown besitzt die Kriegsmarine der Vereinigten Staaten
ein ausgedehntes Seearsenal (X), das, 1800 gegründet, der ameri-
kanischen Flotte zahlreiche, auf seinen Werften erbaute Schiffe zu-
führte. Das Arsenal verfügt über ein Trockendock von 112 m Länge,
und die grosse Seilerei ist die bedeutendste in Amerika.

Charlestown ist durch den riesigen Bunkerhill-Obelisken, ein
Denkmal zur Erinnerung an das dort am 17. Juni 1843 vorgefallene
Gefecht scharf gekennzeichnet. Von der Höhe des Bauwerkes bietet
sich ein herrlicher Rundblick über den Hafen dar.

Wie sehr die Stadtgemeinde und Regierung bestrebt sind, dem
äusserst angewachsenen Verkehr die weitesten Erleichterungen zu
bieten, und wie sehr sie dadurch den Aufschwung der Stadt zu för-
dern wissen, zeigt ein Blick auf den Hafenplan. Die Zahl der stabilen
Brücken, welche die verschiedenen Stadttheile über die Flussläufe

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[34/0050] Die atlantische Küste von Amerika. dent-Road) und von da durch den engen Pass zwischen dem Palmyra- Riff (N) und dem durch das starke Fort Independance vertheidigten Castle-Eilande, dann vorbei an der gleichfalls befestigten Governor- Insel in den inneren Hafen von Boston. Die letztgenannte Insel ist als Geburtsort des berühmten Staatsmannes Benjamin Franklin, der hier 1706 das Licht der Welt erblickte, von historischem Interesse. Eine zweite Zufahrt zur Präsident-Rhede, der Main-Ship-Canal, ist nur für Schiffe bis 7 m Tauchung bei ruhiger See navigabel. Das ungeheure Fort Warren auf der Georg-Insel dominirt diesen Canal. Weit ausgedehnte lagunenartige Niederungen (Flats), über welche nur einzelne Hügel von geringer Höhe emporragen, bilden den Ab- schluss des Hafens gegen die Seeseite. In das Hafenbecken münden in breiten Ausweitungen die drei Flüsse Charles, Mystic und Chelsea, welche eine natürliche Scheidung der Stadttheile von Boston voll- ziehen, gleichzeitig aber dem Hafen sehr bewegte Contouren von grosser Quai-Entwicklung geben. Diese Eigenthümlichkeit gestattete die Anlage ausgedehnter Landungsbassins (Wharfs) an den Quais von Alt-Boston, Charlestown und East-Boston für Schiffe jeder Grösse. So haben denn auch die nach Boston verkehrenden grossen Dampf- schiffahrts-Unternehmungen dort eigene Warfs, und der lebhafte Local- verkehr zu Wasser konnte die herrlichsten Anlegeplätze in allen Theilen des Hafens gewinnen. Ebenso entstanden dort Waarenmaga- zine in grossem Style, und die Schiffahrt erhielt in ausreichendstem Masse alle Hilfsmittel zur schnellen Bewältigung der Lade- und Lösch- Operationen. Auch für die Behebung von Havarien jeder Art ist durch den Bestand zahlreicher technischer Etablissements vorgesorgt. In Charlestown besitzt die Kriegsmarine der Vereinigten Staaten ein ausgedehntes Seearsenal (X), das, 1800 gegründet, der ameri- kanischen Flotte zahlreiche, auf seinen Werften erbaute Schiffe zu- führte. Das Arsenal verfügt über ein Trockendock von 112 m Länge, und die grosse Seilerei ist die bedeutendste in Amerika. Charlestown ist durch den riesigen Bunkerhill-Obelisken, ein Denkmal zur Erinnerung an das dort am 17. Juni 1843 vorgefallene Gefecht scharf gekennzeichnet. Von der Höhe des Bauwerkes bietet sich ein herrlicher Rundblick über den Hafen dar. Wie sehr die Stadtgemeinde und Regierung bestrebt sind, dem äusserst angewachsenen Verkehr die weitesten Erleichterungen zu bieten, und wie sehr sie dadurch den Aufschwung der Stadt zu för- dern wissen, zeigt ein Blick auf den Hafenplan. Die Zahl der stabilen Brücken, welche die verschiedenen Stadttheile über die Flussläufe

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/50>, abgerufen am 19.04.2024.